Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
Minuten erübrigen kann - selbst wenn es nach den üblichen Sprechzeiten sein sollte. Schließlich hat er mir eine Ladung geschickt, der zufolge ich bis Montag der kommenden Woche bei Ihnen sein soll.“
„Oooh ja, ich erinnere mich und es tut mir nun wirklich leid“, - diese Frau machte mich wahnsinnig - „aber wir verstehen uns wohl miß, Mr. Meyers. Richter Rutherford hat heute keine Termine. Er ist heute gar nicht bei Gericht, sondern macht einen Angelausflug. Aber es ist ja heute auch soo ein schöner Tag, soo herrliches Wetter. Wie ist das Wetter bei Ihnen?“
Es war nicht zufassen. Wenn ich noch ein „oooh“ oder „soo“ hören würde, würde ich explodieren.
„Dann verbinden Sie mich mit seinem Vertreter im Amt.“
„Oooh, das ist wirklich ein Unglück. Richter Stanton ist leider auch nicht zu sprechen“,
„Kann wenigstens er mich zurückrufen?“
„Ich fürchte, das wird nicht möglich sein. Er ist mit Richter Rutherford rausgefahren. Beide sind passionierte Angler.“
In welchem Tollhaus war ich da gelandet? Dieses Provinznest konnte kaum mehr als zwei Richter haben und beide machten sich gleichzeitig einen schönen Tag. Allem Anschein nach nahmen sie ihre Pflichten nicht allzu ernst. Ich würde die Ladung schon aus der Welt schaffen können.
„In Ordnung Ms. Sunley. Wir machen Folgendes: Sie suchen jetzt bitte meine Akte heraus und sagen mir zumindest, worum es überhaupt geht. Mr. Rutherford wird schriftlich von mir hören.“
„Das will ich gern tun. Einen Moment bitte. Ihr Name ist Meyers. Mit M.“
Nein, mit ‚D‘ wie ‚dämlich‘, Du taube Nuss.
„Ja mit M wie Martha.“
Sie legte den Hörer beiseite, setzte sich den Geräuschen zufolge langsam in Richtung eines Schranks in Bewegung und öffnete diesen. Hatten sie dort keine elektronischen Akten? Oder zumindest Hinweise im PC? Vielleicht hatten sie nicht einmal einen PC.
„Mr. Meyers, ich fürchte ich habe schlechte Nachrichten.“
„Lassen sie mich raten, die Akte ist mit zum Angeln gefahren.“
„Ach, Sie machen einen Spaß mit mir. Zum Angeln rausgefahren … Köstlich. Nein, es ist vielmehr so, dass Seine Ehren hier einen Vermerk hinterlassen hat, dass er diese Akte persönlich bearbeitet. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, worum es sich bei dem Vorgang handelt.“
„Dann geben Sie mir bitte Ihre Faxnummer. Sie erhalten umgehend meine Beschwerde und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.“
„Auch diesen Fall hat Seine Ehren bereits bedacht, wie es scheint … ganz erstaunlich. Als ob er geahnt hat, dass Sie so etwas tun könnten. Er ist wirklich gut in seinem Beruf. Es findet sich hier eine Verfügung, evtl. Anträge auf vorläufigen Rechtschutz abzulehnen. So wie es aussieht, möchte er Sie unbedingt hier haben. Er hat sogar ausdrücklich die polizeiliche Vorführung angeordnet – für den Fall, dass Sie bis Montag nicht erscheinen.“
Ich musste schlucken. Der Mann meinte es offenbar sehr ernst. Er war vermutlich geisteskrank, aber er meinte es ernst. Ich hatte keinen Zweifel, dass diese Ms. Sunley mir die Wahrheit sagte und am Dienstag die Bostoner Cops einschalten würde, wenn ich nicht vor diesem Wahnsinnigen erschiene.
Was also war zu tun? Ich würde dieses Verfahren überprüfen lassen, so viel stand fest. Und wenn ich bis zum Jüngsten Tag damit beschäftigt wäre. Dieses Vorgehen konnte nicht rechtmäßig sein. Vielleicht würde ich die Versetzung dieses Mannes bewirken können. Am besten in eine Stadt wie Boston, wo man ein genaues Auge darauf haben würde, was er so trieb. Leute wie dieser Rutherford brachten den Rechtsstaat in Verruf. Sie mussten die Konsequenzen tragen. Aber zunächst würde mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als vor ihm zu erscheinen. Nach Jacks Aussetzer vor DeVere wäre ein Anwalt von Westbury Hawthorne & Clarke, der von der Polizei abgeführt wurde, ein gefundenes Fressen für Dillinger, St.Clair oder die Presse. Es brauchte sich nur ein guter Kollege finden, der mir meinen Erfolg missgönnte, und der Journaille einen Tipp gab. Und so jemand würde sich hier schnell finden, da war ich sicher.
„Also gut, Ms. Sunley“, sagte ich resigniert, „ist Mr. Rutherford morgen bei Gericht?”
Am Freitag wäre meine Abwesenheit hier eher zu verkraften als am Montag. Der war schon vollgestopft mit Terminen.
„Aber sicher, Mr. Meyers. Unsere Sprechzeiten dauern allerdings nur bis Mittags.“
„Dann machen Sie einen Termin um 11.00 Uhr.“
„Oooh, das geht
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