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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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vermutete, dass im Büro weitere interessante Einzelheiten über Korfmachers Schweinereien zu finden wären. Doch er hielt sich schon zu lange in dieser Wohnung auf und wollte sein Glück nicht zu sehr herausfordern. Er vergewisserte sich, dass er alles hinterließ, wie er es vorgefunden hatte, und trat in den Flur. Er hatte bereits die Hand auf der Klinke, als er im Treppenhaus Schritte und Stimmen hörte. Thann hielt die Luft an und sah durch den Spion.
    Draußen standen zwei Personen. Er erkannte Korfmacher. Der Fotograf wühlte in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Sein Gesicht wirkte riesig und verzerrt, als es sich der Tür näherte. Thann sah die Zahnlücke und hörte ein Kratzen im Schloss. Korfmacher hatte den Schlüssel gefunden.
    Mit drei Schritten verschwand Thann im Badezimmer. Er ließ die Tür angelehnt. Es war dunkel und muffig. In seinen Kniekehlen spürte er das Klo.
    Er hörte, wie die beiden den Flur betraten und unmittelbar vor der Badezimmertür stehen blieben. Noch nie war sich Thann seiner Atmung so bewusst gewesen wie in diesem Moment. Er zwang sich, flach und gleichmäßig Luft zu holen, aber es schien ihm, als keuchte er fürchterlich laut. In seinen Ohren dröhnte der Pulsschlag. Er zitterte am ganzen Leib.
    »Saß ein bisschen zu locker, dein neuer Zahn, was?« Die Stimme des Zweiten – Schneider!
    »Willst du mich verarschen, Bodo? Das Schwein weiß Bescheid. Das sag' ich dir.« Korfmacher.
    Thann vernahm mit Erleichterung, dass die beiden weitergingen. Im Wohnzimmer knarrte ein Sessel, in der Küche hörte er die Kühlschranktür und das Öffnen zweier Bierflaschen.
    »Woher soll der Idiot etwas wissen? Der hat nur geblufft. Das ist alles, was der kann. Dem fließt der Ehrgeiz aus beiden Ohren, aber drauf hat er nichts. Du hattest doch gut aufgeräumt?«
    »Natürlich. Ich bin doch nicht blöd.«
    »Na siehst du. Kein Mensch ahnt, woher die Viechereien stammen. Ich weiß das. Unser Mann im Sittendezernat passt auf.«
    »Aber er ahnt etwas. Das Schwein hat mich aufs Korn genommen. Ich schwör's dir.«
    »Der Chef wird ihn zur Brust nehmen. Ich habe mit ihm geredet. Notfalls wird er kaltgemacht.« Schneider rülpste laut. »Komm, mach kein solches Gesicht, du trübe Linse. Prost!«
    Die Flaschen klirrten gegeneinander.
    »Eins muss ich dir sagen, Udo. Zahnlücke mag ja ganz extravagant sein, aber ohne gefällst du mir besser, hahaha!«
    »Du Arsch!«
    »Das Bier treibt. Ich bin gleich wieder da.«
    Thann hörte Schneiders Schlurfen näher kommen. Unwillkürlich wich er zurück, taumelte und bekam den Toilettendeckel zu fassen. Sein Herz raste. Thann sah sich nach einem Versteck um. Nur schemenhaft konnte er das Innere des Badezimmers erkennen.
    »Und wenn dieses Schnüfflerschwein nicht locker lässt?«
    »Jetzt mach dir mal nicht in die Hosen.« Schneiders Stimme, bereits im Flur. »Wir haben alles im Griff, Udo. Und jetzt lass mich bitte pissen gehen.«
    Thann tastete sich aus seiner Ecke heraus. Das Einzige, was ihn verbergen konnte, war der Duschvorhang. Beim Einstieg in die Dusche schlug er sich das Schienbein an. Fast hätte er mit dem Ellbogen ein Regal mit Shampoos und Duschgels abgeräumt. Er roch den schimmeligen Plastikstoff des Vorhangs. Die Anspannung schnürte ihm den Brustkorb ein. Sein Bein schmerzte.
    Das Licht ging an. Grelles Weiß blendete Thann. Sein dringendster Wunsch war in Erfüllung gegangen: Der Duschvorhang war nicht transparent. Thann hörte Schneiders Reißverschluss und ein Plätschern. Er hielt die Luft an. Schneider hörte nicht auf zu pinkeln. Thanns Brustkorb drohte zu platzen. Es plätscherte schier endlos. Thann wusste nicht, wie er Luft holen sollte, ohne dass Schneider es hören würde. Endlich erlöste ihn das laute Rauschen der Klospülung.
    Thann atmete tief durch, während Schneider den Raum verließ. Es wurde wieder dunkel in Thanns Versteck. Dunkel und muffig und eng zwischen Plastikstoff und Shampooregal.
    Die beiden setzten ihre Unterhaltung fort.
    »Wie konntet ihr nur so dämlich sein und Eich in den Müll stecken?«
    »Wie konntest du nur so dämlich sein und all die Jahre dieses Album aufbewahren? Wo mag es nur sein? Bei Eich war es jedenfalls nicht. Ich glaube nicht, dass wir es übersehen haben. Dein dämliches Album macht dem Chef viel mehr Sorgen als unsere Viechereien.«
    »Vielleicht hat Thann das Album?«
    »Jetzt mach mal halblang. Nur weil er dich einmal verprügelt hat, brauchst du nicht zu glauben, er sei

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