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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Schlafzimmer. Er war hingerissen von ihrem schlanken, gut geformten Körper, von ihrem paradiesischen Kostüm. Auf dem Bett machten sie weiter. Zwei Leiber, die sich verschlangen. Gierig stillten sie den Hunger.
     
    Als Eva fröstelte, gab er ihr einen seiner Pyjamas. Er streifte seinen schwarzen Morgenmantel über, legte Miles Davis auf und holte den Rest des Weins. Sie saßen im Bett, nippten an ihren Gläsern und lauschten der Musik, die aus dem Wohnzimmer herüberdrang. Thann fühlte sich wohl.
    »Ich glaube, ich bin verliebt.«
    Eva sah ihn an. Er konnte sich kein schöneres Gesicht vorstellen.
    »Und du?«, fragte Thann.
    »Ich glaube, ich auch.«
    »Jetzt erzähle mir bitte nicht, du seist bereits verheiratet oder verlobt.«
    »Na gut, dann erzähle ich dir das nicht.«
    »Was?«
    Eva lachte. »Ich bin's auch nicht. Mein letzter Freund hat mich vor einem halben Jahr verlassen. Deshalb lese ich jetzt diese Ratgeberbücher.«
    »Dich verlassen? Du bist zu schön, als dass man dich verlassen könnte.«
    »Schmeichler.«
    Sie küssten sich wieder. Draußen hatte der Sturm zu toben begonnen. Er zerrte an Dächern und Fenstern, doch Thann und Eva achteten nicht darauf. Eine Bö nach der anderen fegte über die Stadt, der Regen peitschte gegen die Häuser. Ganze Bäche flossen durch die Straßen. Der Himmel tobte, als probte er den Weltuntergang, doch Thann hörte nur das leichte Schmatzen ihrer Lippen und das leise Duett von Trompete und Saxophon aus den Lautsprechern seiner Anlage.
    Leise flüsterten sie liebe Worte einander ins Ohr.
     
    Schließlich musste Thann sie danach fragen. Hot Shots. Geil und ohne Hemmungen. Liebe am Nachmittag.
    »Wie bist du dazu gekommen, in diesen Pornofilmen mitzuspielen?«
    Eva war entsetzt. Sie rückte ab von ihm, soweit das Bett es zuließ. »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß, dass dein Bruder die Filme drehte und dass er dich erpresst. Ich habe in seinem Safe seine Buchführung gefunden und die Fotos, mit denen er eine Menge Leute erpresst.«
    Eva zündete sich eine Zigarette an und begann, das Schlafzimmer zu verqualmen.
    »Ich weiß, es ist fünf Jahre her und du hast damit nichts mehr zu tun, Eva.« Thann hoffte es zumindest. »Es macht mir nichts aus, Eva. Erzähl mir, wie du dazu kamst. Ich werde dich vor diesem Erpresser schützen.«
    »Meine letzte Beziehung war die Hölle von dem Augenblick an, als mein Freund erfuhr, dass ich in Pornos mitgemacht habe. Es macht jedem Mann etwas aus. Auch dir. Alles andere ist eine verdammte Lüge. Früher oder später hasst mich jeder.«
    Eva warf die Zigarette in ihr Glas und brach in Tränen aus. Thann versuchte sie zu trösten, doch sie blieb auf Distanz.
    Dann erzählte sie die Geschichte.
    Es war ihr sechzehnter Geburtstag, als ihre Eltern ihr gestanden, dass sie nicht ihre Eltern waren. Sie sagten, sie sei alt genug, um es zu erfahren, und sie hofften, an ihrem Verhältnis würde sich nichts ändern.
    Es änderte sich alles.
    »Sie dachten, es sei das richtige Alter, um die Wahrheit zu erfahren. Irgendwann hätte ich es sowieso erfahren. Aber wahrscheinlich gibt es dafür kein richtiges Alter. Es war für mich eine tiefe innere Verletzung. Keine richtigen Eltern zu haben, empfand ich plötzlich als Mangel, der an mir haftete, als sei ich kein normaler Mensch. Ich fing an, meine Mitschüler um ihre Eltern zu beneiden. Dabei gaben sich Marlies und Hans-Werner alle Mühe, mir zu zeigen, dass sie für mich wie richtige Eltern waren. Es half nichts. Ich hatte mein Urvertrauen verloren.«
    Misstrauisch begann sie, nach Zeichen fehlender Zuneigung zu suchen. Immer öfter gab es Streit. Ein Jahr später zog Eva aus. Ihre Adoptiveltern bezahlten ihr eine Wohnung und etwas Taschengeld. Eine Zeit lang waren sie für Eva nur noch Namen auf dem Kontoauszug.
    In einer Diskothek lernte sie einen Fotografen kennen, der sie zu Aufnahmen in seinem Studio überredete. So kam sie zu gelegentlichen Aufträgen als Model für Werbefotos. Der Name des Fotografen war Udo Korfmacher. Sie erkannte, dass sie Geschwister waren. Zu ihrer Überraschung schien er es gewusst zu haben. Dennoch wollte Udo sie bereits damals zu freizügigeren Fotos überreden, doch sie lehnte ab. Seitdem hasste sie ihn.
    Sie schaffte das Abitur und schrieb sich an der Universität zum Jurastudium ein. Doch Diskotheken und Freunde waren ihr wichtiger als Seminare und Vorlesungen. Als sie zwanzig war, verliebte sie sich in einen Musiker. Seine Art, den Augenblick über die Zukunft

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