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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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ein. Thann blätterte weiter.
    Ein zweiter Zeitsprung. Rückblende: Fotos aus Udos Kindheit, als er im Heim lebte. Udo mit der heutigen Heimleiterin beim Zeichnen, Udo und andere Heimkinder mit übergroßen Schultüten.
    Ein Bild zeigte den vielleicht siebenjährigen Korfmacher zwischen seinen Pflegeeltern. Beider Gesichter waren mit grünem Buntstift übermalt. Ein greller, tief ins Foto geprägter Fleck. Mit seinen Pflegeeltern kam er wenig zurecht.
    Spätere Fotos hatten Unterzeilen in ungelenker Kinderschrift. »Osterfest im Kinderheim«, »Plätzchenbacken mit Schwester Resi« und mehr in dieser Art.
    Beim nächsten Umblättern sah Thann Bollmann.
    Udo Huckepack auf Bollmanns Schultern, Udo und Bollmann irgendwo in den Bergen. Darunter Kinderschrift. »Ferien mit Papi«, und: »Eine schöne Zeit«. Harald Bollmann, jung, schlank und mit Vollbart. Ich zähle auf dich, Vater. Danke, Vater.
    Thanns Puls ging schneller. Er blätterte zurück. Tatsächlich: Auch auf einem der ersten Bilder war Bollmann zu sehen. Ein Foto aus der Distanz, viel Landschaft, die Personen leicht unscharf. Bollmann hob Klein-Udo hoch, der ein Pony an den Haaren zog. Nur ein Polizist könne so perfekt einem anderen die Schuld in die Schuhe schieben.
    Ganz zurück. Das allererste Bild. Die blond behaarten Männerhände, die den Säugling hielten, der in die Kamera grinste. Thann erkannte den klobigen Siegelring am rechten Ringfinger. Bollmanns Ring. Thann rechnete. Die Aufnahme musste etwa zwei Jahre vor Annas Scheidung von Kurz entstanden sein. Doch auf keinem der Fotos war Kurz zu sehen.
    Thann blätterte den Rest durch. Einmal war Bollmann noch zu sehen. Udo war vielleicht fünfzehn. Stolz posierte er neben seinem Vater. Dabei machte er eine eher lächerliche Figur. Dürr, spindelig und immer noch einen Kopf kleiner als Bollmann. Dieser schien ihm zu dieser Zeit eine Kamera geschenkt zu haben, denn von da an überwogen Fotos, auf denen Udo nicht abgebildet war. Mit achtzehn schien ihm die Lust am Album verloren gegangen zu sein. Das letzte Bild zeigte eine Horde betrunkener Bundeswehrrekruten. Irgendwo von links hinten grinste Korfmacher ins Objektiv.
    Thann klappte das Album zu.
    »Zeigen Ihnen die Fotos etwas, was Ihnen weiterhilft?«, fragte Beckmann.
     
     
    52.
     
    Durch die Glasscheibe konnte Thann Miller sehen. Er hing an zahlreichen Schläuchen. Einer davon führte in seinen Mund. Im Hintergrund standen Maschinen und Monitore. Es rauschte, zischte und piepte. Miller war noch immer ohne Bewusstsein. Thann sah, dass sich das Monokel um sein rotes Auge inzwischen blau verfärbt hatte.
    Der Arzt kam in Begleitung einer großen Rothaarigen, die ihre Lockenpracht mit einem Pferdeschwanz bändigte – Millers Frau. Thann hatte nicht einmal gewusst, dass Miller verheiratet war. Er hatte überhaupt nichts über seinen Partner gewusst. Er hatte nur einen Gehilfen gebraucht und ihn in Gefahr gebracht.
    Der Arzt versuchte, Millers Frau zu beruhigen. »Machen Sie sich keine Sorgen. Er ist jung und von guter Konstitution. Wir mussten Ihrem Mann die Milz entfernen. Aber damit kann er gut leben. Den Blutverlust konnten wir mit Blutkonserven ausgleichen. Er schläft jetzt.«
    Holzshampoo. Schuld an Razzia.
    »Was sind das für Maschinen?« Die Rothaarige war blass und den Tränen nahe.
    »Er wird noch einige Stunden wegen einer Lungenverletzung beatmet. Die Herzkreislaufsituation ist inzwischen stabil. Ihr Mann wird keine bleibenden Schäden zurückbehalten. Er ist über den Berg.«
    »Was ist mit seinem Auge?«
    »Ein Hämatom. Er hat eine Gehirnerschütterung. Aber auch der Neurologe konnte keine ernsthaften Verletzungen feststellen.«
    »Wann kann ich mit ihm sprechen?«
    »Spätestens morgen. Und in zwei Tagen werden wir ihn voraussichtlich auf die normale Station verlegen können.«
    Gute Nachrichten. Dennoch heulte die Rothaarige los. Thann ließ sie mit dem Arzt allein und verließ die Intensivstation. Sie hatten Miller für mehrere Wochen außer Gefecht gesetzt. Dabei hatte Miller den Kopf nur für ihn hingehalten.
     
    Im Präsidium war Tommaso wegen Miller ganz aus dem Häuschen. Er bat Thann um einen Beitrag für Blumen und Pralinen, die er im Namen der Kollegen für den Verletzten kaufen wollte. Er hatte mit dem Krankenhaus telefoniert und danach die Fahndung nach den beiden Schlägern eingeleitet.
    Dalla und Schneider waren seit dem Morgen verschwunden. Seiner Frau hatte Schneider erzählt, er wolle mit Dalla einen mehrtägigen

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