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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Tommaso hatte alles kaputt gemacht. Tommaso oder Bönte oder Bernhard. Er hätte sie am liebsten alle verprügelt. Und diesen Geschäftsführer dazu.
    Der Kleine in Anzug und Fliege stand da, als sei er Publikum einer Komödie, sichtlich seiner Unantastbarkeit bewusst. Nie hatte es im Belle eine Razzia gegeben, und auch diesen Besuch konnte man nicht dazuzählen.
     
     
    63.
     
    Erst in Evas Bett schwand Thanns schlechte Laune allmählich. Sie unterhielten sich lange über ihre Theorien. Alle Möglichkeiten, alle Beteiligten. Eva verstand ihn. Sie hielt zu ihm. Als Einzige.
    Später schliefen sie miteinander. Die Erinnerung an das Video brachte ihn in Fahrt. Alle Varianten, alle Mitwirkenden. Diese Fantasien behielt er allerdings für sich.
    Danach fiel Thann in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Als irgendwann in der Nacht das Telefon klingelte, und Eva ins Nebenzimmer ging, wurde er nur langsam wach. Erst ein Schrei Evas weckte ihn.
    »Diese Ratte!«
    Eva legte auf, kam jedoch nicht zurück. Thann hörte das Rascheln der Kleidung, die sie im Nebenraum ausgezogen hatten.
    »Eva, was gibt es?«
    »Mein Adoptivvater ist gestorben!«
    Thann sah Eva im Licht der Tür. Sie war angezogen. »In einer halben Stunde bin ich wieder da. Ich muss nur etwas erledigen.«
    Dann hörte er die Wohnungstür ins Schloss fallen.
     
     
    64.
     
    Der Nebel lag noch immer in den Straßen der Stadt. Für einen Moment war Thann verunsichert. Tatsächlich: Sein Auto war nicht mehr da. Eva musste es genommen haben, vielleicht, damit er ihr nicht folgen könnte. Er lief zur Hauptstraße.
    Die Luft war so feucht, dass er allmählich nass wurde. Müdigkeit und Witterung machten es ihm schwer, die Autos zu unterscheiden. Vorsichtshalber winkte er nach jedem Auto, das vorüberfuhr. Er hatte Glück. Nach nicht einmal einer Minute hielt ein Taxi.
    »Guten Morgen, Sie kenn' ich doch. Herr Inspektor! Immer noch dem Mörder von dem Gehackten hinterher? Nee, heute ist Nachtleben angesagt, was, Herr Inspektor?«
    »Dresdner Straße 70, bitte.«
    Das Taxi fuhr los.
    »Also doch dienstlich! Dresdner 70, Ecke Danziger. Für mein Gedächtnis bin ich berühmt. Direkt oder Stadtrundfahrt wie der Gehackte kurz vor seinem Ableben?«
    »Direkt, bitte. So schnell wie möglich. Mit mir an Bord dürfen Sie die Höchstgeschwindigkeit überschreiten. Dafür zahle ich das Doppelte.«
    »Wissense, für Sie fahr' ich gratis. Ist mir doch ein Vergnügen. Wie sagt man, der Polizei ein Freund und Helfer, das soll man immer sein. Nicht wahr, Herr Inspektor?«
    »Wenn schon, dann Kriminaloberkommissar.«
    »Hat er noch mal zugeschlagen oder habense ihn nu gekriegt, den Irren, der wo die Leute zerhacken tut? In der Zeitung hab' ich gelesen, dass die Polizei nicht so viel tut, wie die Bürger gerne wollen. Aber machense sich nichts da draus. Diese linken Schreiberlinge wollen nur Gesetz und Ordnung durch den Kakao ziehen. Der Dings, der Strauß, hat schon recht gehabt. Alles Ratten und Schmeißfliegen, nicht wahr?«
    Diese Ratte. Udo. Evas Adoptivvater war gestorben, und sie schien Udo dafür verantwortlich zu machen. Doch was wollte sie mitten in der Nacht? Thann verfluchte die Reste von Alkohol und Müdigkeit, die sein Hirn benebelten wie die feuchte Luft die Straße vor ihm.
    Rote Ampel. Thann trommelte auf den Vordersitz.
    »Man sollte gar keine Zeitungen mehr lesen, nicht wahr? Da drüben an dem Kiosk hab' ich übrigens meine Lieblingshalte, denn da wohn' ich. Wenn ich da steh' und Hunger hab', dann hup' ich einfach und meine Alte bringt mir was runter. Haben Sie Hunger? Ich brauch' nur zweimal zu hupen.«
    Grün. Weiter.
    »Aber ich seh' schon: Sie haben keine Zeit. Tag und Nacht im Dienst. Jetzt kommt gleich die Dresdner. Schaunse, wie ich Gas geben tu'. So was von abdüsen. Fehlt nur noch das Blaulicht. Und alles gratis für Sie, Herr Oberkrimikommissar.«
     
    Thann stürmte die Treppe hoch. Durch die Ritzen der Tür und durchs Schlüsselloch fiel Licht. Er hörte lauten Streit. Er legte das Ohr ans Holz der Tür und vernahm deutlich die Stimmen Evas und Udos, ganz nah, als stünden sie im Flur, nur durch die Wohnungstür von Thann getrennt. In diesem Moment erlosch die Beleuchtung des Treppenhauses. Thann tastete nach Lichtschalter und Klingelknopf.
    Plötzlich krachte ein Schuss. Holz splitterte direkt neben Thanns Kopf. Er sprang zur Seite. Ein zweiter Schuss. Thann erwischte den Lichtschalter. Noch ein Schuss. Thann drückte den Klingelknopf und ließ ihn nicht

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