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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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starrköpfig.
    »Und du hattest kein Recht, dich in eine derartige Wut hineinzusteigern und Mrs Lynde zu beschimpfen, Anne. Ich habe mich für dich geschämt - richtig geschämt! Ich wollte, dass du dich gut gegenüber Mrs Lynde benimmst und stattdessen hast du mir nur Schande gemacht. Außerdem verstehe ich nicht, wie du eine solche Wut kriegen kannst, wenn Mrs Lynde sagt, du hättest rote Haare und wärst hässlich - du sagst das doch selbst oft genug.«
    »Ja, aber es ist ein riesengroßer Unterschied, ob man so etwas selber sagt oder es von anderen hören muss«, schluchzte Anne. »Man weiß, dass es so ist, aber man hofft trotzdem immer, dass andere Leute es nicht so finden. Und als sie alle diese Dinge zu mir gesagt hat, da hat mich ein solcher Zorn gepackt, dass ich mich nicht mehr beherrschen konnte. Ich musste einfach auf sie losgehen.«
    »Nun, du hast uns eine schöne Vorstellung gegeben, das muss ich sagen. Mrs Lynde wird ihr Vergnügen daran haben, es überall herumzuerzählen - und dass sie es herumerzählt, darauf kannst du Gift nehmen! Es ist schlimm, dass du so die Beherrschung verloren hast, Anne.«
    Eine alte Erinnerung stieg in Marilla auf: Als kleines Kind hatte sie einmal gehört, wie eine ihrer Tanten mit ihrer Mutter über sie sprach und sagte: »Ein Jammer, dass sie so mickrig und unscheinbar ist.« Selbst in ihrem fortgeschrittenen Alter hatte Marilla den Stich, den ihr diese Worte versetzt hatten, noch nicht ganz überwunden.
    »Ich sage ja nicht, dass Mrs Lynde unbedingt Recht damit hatte, diese Dinge zu sagen, Anne«, gab sie mit etwas weicherer Stimme zu. »Rachel nimmt aber nun mal kein Blatt vor den Mund. Und das ist keine Entschuldigung für dein Benehmen. Sie ist eine Erwachsene, ein Gast und überdies unsere Nachbarin - drei sehr gute Gründe dafür, ihr höchsten Respekt zu zollen. Stattdessen warst du grob und frech zu ihr, und« - Marilla hatte plötzlich die rettende Idee für eine passende Strafe — »du wirst zu ihr gehen und sie für dein schlechtes Benehmen um Verzeihung bitten.«
    »Niemals!«, erwiderte Anne bestimmt. »Du kannst mich bestrafen, wie du willst, Marilla. Steck mich in ein dunkles, feuchtes Verlies, wo es von Schlangen und Kröten nur so wimmelt, lass mich bei Wasser und Brot schmachten - ich werde mich nicht beklagen. Aber Mrs Lynde um Verzeihung bitten, das bringe ich nicht über mich!«
    »Es ist bei uns nicht Sitte, Menschen in dunkle, feuchte Verliese zu sperren«, sagte Marilla trocken, »und Schlagen und Kröten sind in Avonlea auch recht selten. An der Entschuldigung bei Mrs Lynde führt für dich kein Weg vorbei. Du bleibst solange hier in deinem Zimmer, bis du mir sagst, dass du dazu bereit bist.«
    »Dann muss ich bis in alle Ewigkeit hier bleiben«, sagte Anne traurig. »Ich kann Mrs Lynde nicht sagen, dass es mir Leid tut, was ich gesagt habe. Wie könnte ich das? Es tut mir nicht Leid. Ich will dir keinen Kummer machen, Marilla, aber ich kann mir noch nicht einmal vorstellen, dass es mir Leid tut.«
    »Vielleicht arbeitet deine Vorstellungskraft morgen früh wieder besser«, sagte Marilla und stand auf. »Du hast die ganze Nacht Zeit, um über dein Verhalten nachzudenken und deine Meinung zu ändern. Du hast versprochen, ein artiges, braves Mädchen zu sein, wenn wir dich auf Green Gables behalten. Ich muss sagen: Heute Abend hat es ganz und gar nicht danach ausgesehen.«
    Mit diesen Worten verließ Marilla das Zimmer und ging besorgt in die Küche hinunter. Dabei war sie über sich selbst mindestens ebenso empört wie über Anne, denn jedes Mal, wenn sie sich an Mrs Rachels sprachloses Entsetzen erinnerte, stahl sich unwillkürlich ein amüsiertes Lächeln auf ihre Lippen und sie spürte das starke Verlangen, in lautes Gelächter auszubrechen.

09 - Eine gründliche Entschuldigung
    An jenem Abend erzählte Manila ihrem Bruder nichts von den dramatischen Ereignissen, doch als sich Anne am nächsten Morgen immer noch nicht einsichtig zeigte, musste sie ihm eine Erklärung für Annes Abwesenheit am Frühstückstisch geben. Also erzählte sie Matthew die ganze Geschichte, aber obwohl sie sich große Mühe gab, gelang es ihr nicht, ihm die Ungeheuerlichkeit von Annes Benehmen klarzumachen.
    »Es ist gar nicht schlecht, dass Rachel Lynde mal einen Dämpfer bekommen hat. Sie ist eine unverbesserliche alte Klatschbase«, meinte er nur dazu.
    »Matthew Cuthbert, ich kann nur staunen! Du weißt ganz genau, dass Anne sich gründlich danebenbenommen hat,

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