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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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daher, daß du dich so erschreckt hast – du hattest einen Schock. Jetzt würdest du nicht mehr hysterisch werden. Ich glaube ohnehin nicht, daß wir Anlaß zur Sorge haben werden. Ich habe Mr. Robinsons Anweisungen genau verstanden und bin ganz ruhig; und um ehrlich zu sein, Mary, ich wundere mich nicht über deinen Mann. Männer gehören nicht in die Krankenstube, das ist nichts für sie. Ein krankes Kind muß von seiner Mutter gepflegt werden; ihre Gefühle lassen zumeist gar nichts anderes zu.«
    »Ich liebe mein Kind nicht weniger als jede andere Mutter, hoffe ich doch – aber ich wüßte nicht, wie ich in der Krankenstube von größerem Nutzen sein sollte als Charles, schließlich kann ich so ein armes krankes Kind nicht in einem fort schimpfen und schelten; und du hast ja gesehen, wie ich ihn heute früh bloß zum Ruhigliegen ermahnen mußte, und schon zappelte er noch viel ärger herum. Ich habe einfach nicht die Nerven für so etwas.«
    »Aber könntest du den Abend denn überhaupt genießen, wenn du die ganze Zeit von dem armen Jungen fort wärst?«
    »Gewiß; da sein Papa es ja offenbar kann, warum sollte ich es nicht können? – Jemima ist so umsichtig! Und sie könnte uns alle Stunde Bescheid geben, wie es ihm geht. Ich finde wirklich, Charles hätte seinem Vater gleich für uns alle zusagen können. Ich mache mir jetzt genauso wenig Sorgen um unseren kleinen Charles wie er. Gestern habe ich mich fast zu Tode gesorgt, aber heute sieht die Sache anders aus.«
    »Gut – wenn du nicht meinst, daß es zu spät ist, dich noch anzukündigen, dann gehst du eben mit deinem Mann mit. Überlaßt den Kleinen derweil mir. Wenn ich bei ihm bleibe, können Mr. und Mrs. Musgrove ja eigentlich nichts Verkehrtes daran finden.«
    »Ist das dein Ernst?« rief Mary, und ihre Augen begannen zu leuchten. »Du meine Güte! das ist eine sehr gute Idee, eine ganz ausgezeichnete Idee. Denn ich kann ja geradesogut hinübergehen wie hierbleiben, hier nütze ich schließlich keinem etwas – oder? und mich quält es nur. Du kennst keine Muttergefühle, dadurch bist du tausendmal besser geeignet als ich. Du kannst Klein-Charles zu allem bringen, dir gehorcht er ja immer aufs Wort. Oh! das ist viel, viel besser, als ihn mit Jemima allein zu lassen. Doch, ich gehe auf jeden Fall; ich glaube, ich sollte alles tun, um es möglich zu machen, nicht weniger als Charles, denn ihnen liegt extrem viel daran, daß Captain Wentworth mich kennenlernt, und ich weiß ja, daß es dir nichts ausmacht allein zu bleiben. Wirklich eine hervorragende Idee von dir, Anne! Ich sage gleich Charles Bescheid, und dann mache ich mich sofort fertig. Du kannst jederzeit nach uns schicken, falls irgend etwas ist, das weißt du ja; aber ich bin mir sicher, es wird nichts passieren, was dich beunruhigen könnte. Ich würde nicht gehen, das kannst du mir glauben, wenn ich die geringsten Zweifel daran hätte, daß es meinem lieben Jungen bestens geht.«
    Im nächsten Moment klopfte sie schon an die Tür zum Ankleidezimmer ihres Mannes, und Anne, die ihr die Treppe hinauffolgte, durfte das ganze Gespräch mit anhören, das damit begann, daß Mary in jubelndem Ton sagte:
    »Ich komme mit dir mit, Charles, denn ich bin zu Hause ebenso unnütz wie du. Selbst wenn ich mich bis in alle Ewigkeit mit dem Jungen einsperren ließe, würde ich ihn doch nie dazu bringen, irgend etwas zu tun, worauf er keine Lust hat. Anne bleibt bei ihm; Anne hat angeboten, dazubleiben und nach ihm zu schauen. Es war Annes eigener Vorschlag, und deshalb komme ich jetzt mit dir mit, was sowieso viel besser ist, denn ich habe seit Dienstag nicht mehr drüben gegessen.«
    »Das ist sehr freundlich von Anne«, war die Antwort ihres Mannes, »und ich freue mich natürlich, wenn du mitkommst;aber es erscheint mir etwas hart, daß sie allein zu Hause bleiben soll, um unser krankes Kind zu pflegen.«
    Nun war Anne zur Stelle, um ihre Sache selbst zu vertreten, und ihre Aufrichtigkeit dabei überzeugte ihn derart (zumal das Überzeugtwerden ihm sehr zupaß kam), daß er keine weiteren Bedenken mehr hatte, sie zu ihrem einsamen Mahl zurückzulassen, auch wenn er noch weiter in sie drang, doch später am Abend, wenn das Kind zur Ruhe gebracht wäre, noch zu ihnen zu stoßen; er wollte unbedingt, daß sie sich von ihm abholen ließe, aber sie zeigte sich taub für alles Bitten, und so hatte sie binnen kurzem die Genugtuung, die beiden in bester Laune aufbrechen zu sehen – zu einem vergnüglichen Abend,

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