Anne Frasier
klarkommen.«
»Sie sind bisher nicht damit klargekommen.«
»Ich hatte den Fall ja auch nicht.«
Jemand schnitt ihn. Er stemmte sich auf die Hupe, dann übersah er eine Ampel. »Scheiße«, sagte er und schlug mit der Hand auf das Steuerrad. Offensichtlich war er nicht ganz so zerstreut, wie sie gedacht hatte.
Auf dem Rücksitz, direkt hinter ihm, entschied Jinx, dass es Zeit war, sich zu beschweren, indem er ein langes, eigenartiges, drogenschwangeres Miauen ausstieß.
»Wollen Sie wissen, was mich nervt?«, fragte Irving, und seine Stimme und Haltung zeigten zunehmende Gereiztheit. »Die Katze. Die verdammte Katze. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der seine verdammte Katze mitschleppen muss, auch nur einen Dreck über Serienmörder weiß. Ich glaube nicht, dass jemand, der dauernd zusammenzuckt« - er schnipste mit den Fingern vor ihrem Gesicht, und sie zuckte zusammen und wollte sich in ihren Sitz verkriechen - »wenn auch nur jemand hupt, mit einem solchen Fall umgehen kann. Ich glaube nicht, zehn Jahre die Nase in Bücher zu stecken ist die richtige Vorbereitung für einen solchen Job. Ich habe mir den Arsch abgearbeitet, um hierher zu kommen. Ich war auf der George Mason University. Ich wurde in
Quantico ausgebildet. Wissen Sie, wie schwer es ist, nach Quantico zu kommen?«
Okay, das konnte sie verstehen, sie konnte begreifen, warum sie ihn ärgerte. Sie wünschte, sie könnte ihm die Wahrheit sagen, könnte ihm erklären, warum sie mindestens genauso qualifiziert war wie er, aber das ging nicht. Außerdem war es egal. Es ging nicht darum, was Max Irving von ihr hielt oder wie schlecht sie ihr Profil darbot. Es ging darum, den Mörder zu fassen.
Ivy war willens, das erste Apartment zu nehmen, das sie sich ansahen, nur um es hinter sich zu haben, nur um aus Irvings Wagen herauszukommen, aus dem Lärm, um Jinx einzugewöhnen, ein paar Aspirin zu nehmen und allein zu sein. Sie musste jetzt allein sein, damit all das sich setzen konnte. In Chicago sein, am Ort des unaussprechlichen Schreckens. Hier. Jetzt. Um sie herum.
Erinnerungen. Sie drängte sie zurück, hielt sie zurück ... Aber sie sammelten sich. Sie wusste nicht, wie viel länger sie das noch durchstehen konnte, wie lange es noch dauerte, bis das alles sie überrollte.
»Das ist nichts«, sagte Irving, während sie das mögliche Apartment besichtigten.
Ivy öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber Irving nahm sie am Arm und zog sie hinter sich her durch den dämmerigen Korridor; der nach Marihuana, Schweiß und Kohl roch, und nach dem verrotteten Muff, den Gebäude so an sich haben, wenn die Termiten mit ihnen fertig sind.
Sie stemmte sich auf den Boden und entzog ihm ihren Arm, ärgerte sich zum ersten Mal an diesem Tag, zum ersten Mal seit... Jahren. »Was zum Teufel machen Sie da?«, fragte sie. »Ich hindere Sie an einem blöden Fehler.« Sie wollte ihm eine reinhauen. Stattdessen schubste sie ihn mit beiden Händen, während der Manager aus der Tür des
Apartments, das sie gerade verlassen hatten, zusah. »Sagen Sie mir nicht, was ich zu tun habe«, sagte sie. »Sind Sie immer so ein Arschloch?«
»Nur wenn ich muss.«
»Wie beruhigend.«
Er rasselte Gründe herunter warum sie das Apartment nicht nehmen sollte. »Schlechtes Schloss. Schlechte Fenster. Kakerlaken. Und ... im Flur wohnt ein Crackhead.«
Sie folgte seinem Blick in eine dunkle Ecke, in der sie gerade eben den Körper eines Menschen ausmachen konnte, der sich auf den Fliesen zusammengerollt hatte.
Es gab Zeiten, in denen man sich stark machen musste, und Zeiten, in denen man nachgeben sollte. Ihretwegen konnte Irving diesen Streit für sich reklamieren.
Sein Handy klingelte, und er ging schnell ran.
»Wann hast du Schluss?«, fragte Irving den Anrufer. Dann: »Ich hole dich ab. Verstanden? Du fährst nicht mit jemanden mit, du gehst auch nicht zu Ryan.« Eine Pause. »Keine Ausreden. Ich bin um neun da.«
Wenn Kinder klein waren, setzte man sie beim Babysitter ab und machte sich den Rest des Tages keine Sorgen. Wenn sie älter wurden, Teenager, war es ganz anders.
»Ein Teenager?«, fragte sie, nachdem Max aufgelegt hatte.
»Ja.« Großes Gewicht in dem kurzen Wort.
»Aha.« Sie nickte.
»Ein Sohn«, setzte er hinzu, als könnte er ihr damit sagen, wie viel schwieriger es wäre, einen Sohn als eine Tochter zu haben. Was ihr verriet, dass er keine Tochter hatte.
»Aha.«
»Haben Sie Kinder?«
Sie war das so oft im Leben gefragt worden, dass sie
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