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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Mrs Scott damals bei Dora Bests Hochzeit. Was war das für ein schlimmes Omen! Ich frage mich, wo du diesen Haufen Leute heute Nacht unterbringen willst. Wahrscheinlich müssen ein paar von uns auf der Wäscheleine schlafen.« Sie kicherte albern. »Wir finden für jeden einen Platz, Tante Grace«, erwiderte Sally geduldig.
    »Na, ich hoffe bloß, dass du nicht im letzten Moment noch deine Meinung änderst, Sally. Dein Vater ist ganz aus dem Häuschen. Es liegt mir natürlich fern, Unglück heraufzubeschwören, aber ich kann nur hoffen, er kriegt keinen Schlaganfall.«
    »Vater geht es gut, Tante Grace.« Sally wahrte nur mühsam ihre Fassung. »Er ist nur ein bisschen aufgeregt.«
    »Nun, du bist noch viel zu jung, um zu wissen, was so alles passieren kann. Deine Mutter sagte mir, die Hochzeit sei morgen Mittag. Die Zeiten ändern sich nicht gerade zum Guten, muss ich sagen. Ich habe damals abends geheiratet und mein Vater schenkte siebzig Liter Alkohol für die Hochzeitsgäste aus! Hoffentlich macht der Bräutigam nicht so ein gehetztes Gesicht und hoffentlich vergisst er den Ring nicht. Ich werde jetzt noch mal einen Blick auf die Hochzeitsgeschenke werfen, wir haben ein paar ganz nette dabei, Sally. Und hoffentlich sehen die Löffelstiele nach dem Essen nicht so abgegriffen aus.« Mit diesem frommen Wunsch rauschte Tante Mouser aus dem Zimmer und Anne und Sally konnten endlich in ihr lange unterdrücktes Gelächter ausbrechen.
    Das Abendessen fand auf der überdachten Veranda statt. Überall hingen Lampions, die ein weiches Licht auf die fröhliche Gesellschaft warfen. Die beiden Katzen saßen auf den breiten Armlehnen von Dr. Nelsons Sessel, der ihnen abwechselnd Leckerbissen zusteckte.
    »Fast so schlimm wie Parker Pringle«, bemerkte Tante Mouser spitz. »Der lässt sogar seinen Hund mit am Tisch sitzen. Irgendwann wird er das schon noch bereuen.«
    Es war eine große, ausgelassene Gesellschaft und Tante Mousers Sprüche nahm keiner so richtig ernst. Die jungen Leute hatten eher ihren Spaß mit ihr. Als sie dem Bräutigam vorgestellt wurde, sagte sie zur allgemeinen Belustigung: »Also, Sie habe ich mir aber ganz anders vorgestellt. Ich dachte immer, Sally sucht sich einen großen, stattlichen Mann aus.« Zu Dot Fraser meinte sie: »Sie haben aber auch jedes Mal ein neues Kleid an. Hoffentlich hält der Geldbeutel Ihres Vaters das auf die Dauer aus.« Dot hätte sie natürlich am liebsten aufgespießt, aber die anderen Mädchen mussten doch lachen. Als es um das Hochzeitsessen ging, bemerkte Tante Mouser: »Hoffentlich steckt nicht wieder einer die Teelöffel ein. Auf Gertie Pauls Hochzeit sind fünf Stück verschwunden und nie wieder aufgetaucht.«
    »Alle müssen ihre Taschen umdrehen, bevor sie gehen«, lachte Dr. Nelson in die Runde.
    »Lach du nur, Samuel«, antwortete die Tante pikiert. »Ich finde es überhaupt nicht lustig, wenn so was innerhalb der Familie passiert. Irgendeiner muss die Teelöffel ja haben, und immer, wenn ich irgendwo zu Besuch bin, halte ich deshalb die Augen offen. Ich würde sie sofort wieder erkennen, obwohl es achtundzwanzig Jahre her ist. Die arme Nora war damals noch ein Baby. Nora, du machst dich! In diesem Licht siehst du gleich nicht mehr so alt aus.« im Gegensatz zu allen anderen konnte Nora nichts Lustiges daran finden. Sie sah eher aus, als würde sie jeden Moment explodieren. Trotz ihres leuchtend gelben Kleides und der Perlen im Haar fand Anne, dass sie wie eine schwarze Motte wirkte. Sally war ein hellblonder, kühler Typ, im Gegensatz zu ihrer Schwester mit ihrem schwarzen Haar, den dunklen Augen und roten Wangen. Nora hatte wegen ihrer Hakennase noch nie als hübsch gegolten, aber Anne fühlte sich irgendwie zu ihr hingezogen, obwohl sie immer ein gekränktes Gesicht machte. Eigentlich wäre sie sogar lieber mit Nora befreundet gewesen als mit Sally, die sowieso immer und überall im Mittelpunkt stand.
    Nach dem Essen wurde getanzt und aus den Fenstern des alten Hauses strömten Musik und Gelächter. Gegen zehn Uhr war Nora plötzlich verschwunden. Anne war des Lärms ein wenig überdrüssig und schlüpfte durch eine Hintertür nach draußen. Über ein paar Felsenstufen gelangte sie zum Strand hinunter. Wie wohltuend war die frische Meeresbrise nach der schwülen Luft im Haus! Da stieß sie auf Nora.
    Sie saß zusammengekauert im dunklen Schatten eines Felsens und blickte düsterer drein denn je.
    »Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?«, fragte Anne.

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