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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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silbernen und goldenen Haarnadeln. Schaut mal, wie die Nadeln herunterfallen. Herrin, Ihr werdet Euch noch daran verletzen. Und Eure Palla, eher etwas für den Abend, ist zu Boden gerutscht. Eure Kleidersäume schleifen im Schmutz.«
    Ohne seinen Redefluss zu unterbrechen, bückte er sich flink und hob die Palla auf, und indem er mit einer unge-lenken Bewegung seines Beines den Tisch umrundete, hielt er sie mir entgegen, um sie mir wieder um die Schultern zu legen.
    »Ihr redet mit atemberaubender Schnelligkeit und macht überaus spöttische Bemerkungen«, fuhr er fort,
    »doch Ihr tragt einen riesengroßen Dolch im Gürtel. Der sollte sich eigentlich, unter der Palla verborgen, an Eurem Unterarm befinden. Und Euer Geldbeutel! Ihr nehmt Gold daraus, um für die Mädchen zu zahlen. Der Beutel ist riesig und leichtsinnigerweise für jeden sichtbar. Und Eure Hände, Eure Hände sind wunderschön, so edel wie Euer Latein und Euer Griechisch, aber in ihren Linien ist Schmutz eingegraben, als hättet Ihr damit in der Erde gewühlt.«
    Ich lächelte. Meine Tränen waren versiegt.
    »Du beobachtest gut«, sagte ich heiter. Ich war entzückt. »Warum musste ich dich so tief verletzen, ehe ich deine Seele fand? Warum können wir uns nicht einfach einander offenbaren? Ich brauche einen durchsetzungs-fähigen Haushofmeister, einen Beschützer, der Waffen führen, mein Haus verwalten und es schützen kann, denn ich stehe allein. – Kann man wirklich durch diese Seide hindurchsehen?«
    Er nickte. »Also nun, da die Palla über Euren Schultern liegt und … den Dolch und den Gürtel verbirgt –« Er errö-
    tete. Als ich ihn anlächelte und versuchte, meine Ruhe wiederzugewinnen und die drohende Finsternis zu ver-scheuchen – die mich all meines Selbstvertrauens berauben würde, meiner Zuversicht, jeder Aufgabe gewachsen zu sein –, redete er weiter.
    »Herrin, wir lernen, unsere Seelen zu verhüllen, weil wir von anderen hintergangen werden. Doch Euch würde ich meine Seele anvertrauen! Ich weiß es, wenn Ihr nur noch einmal Euer Urteil überdenken würdet! Ich kann Euch schützen, ich kann Euer Haus verwalten. Ich werde auch die jungen Mädchen nicht belästigen. Aber trotz der Schlachten, die ich in Illyrien geschlagen habe, denkt daran, ich habe nur noch ein Bein. Nach drei Jahren ununterbrochener blutiger Kämpfe kam ich heim und verlor das Bein durch einen wilden Eber – und das nur, weil ein schlecht geschmiedeter Speer zerbrach, als ich ihn in den Eber rammte.«

    »Wie heißt du?«, fragte ich.
    »Flavius«, antwortete er. Das war ein römischer Name.
    »Flavius«, wiederholte ich.
    »Herrin, die Palla rutscht Euch schon wieder vom Kopf.
    Und diese Haarnadeln, sie sind spitz, sie sind überall, Ihr werdet Euch daran verletzen.«
    »Macht nichts«, sagte ich, erlaubte ihm aber, mich wieder anständig zu verhüllen, als wäre er Pygmalion und ich seine Galatea. Er fasste nur mit den Fingerspitzen zu, aber der Umhang war ohnehin schon befleckt.
    »Diese Mädchen«, sagte ich, »die du bei mir gesehen hast, sie sind mein Gesinde, zumindest seit einer halben Stunde. Du musst ihnen ein wohlwollender Vorgesetzter sein. Aber wenn du unter meinem Dach je im Bett einer Frau liegst, sollte das besser mein Bett sein. Ich bin aus Fleisch und Blut!«
    Er nickte, da es ihm die Sprache verschlagen hatte.
    Ich schnürte meinen Geldbeutel auf und entnahm ihm die Summe, die ich zu zahlen gedachte, ein vernünftiger Preis in Rom, fand ich, denn dort prahlten die Sklaven ständig damit, wie viel sie gekostet hätten. Ich zählte das Gold hin, ohne auf seine Prägung zu achten, ich schätzte den Wert nur.
    Der Sklave sah mir mit wachsender Faszination zu, dann musterte er den Händler scharf.
    Das kriecherische, erbarmungslose Scheusal von Sklavenhändler blähte sich auf wie eine Kröte und behauptete, sein unbezahlbarer griechischer Gelehrter stehe für eine hohe Summe zur Versteigerung an. Diverse reiche Bürger hätten schon ihr Interesse angemeldet. Eine ganze Schulklasse solle ihn innerhalb der nächsten Stunde auf die Probe stellen. Römische Offiziere hätten schon ihre Haushofmeister geschickt, um ihn unter die Lupe zu nehmen.

    »Dazu fehlt mir das Stehvermögen«, sagte ich und griff noch einmal in meinen Geldbeutel.
    Sogleich streckte mein neuer Sklave Flavius die Hand aus, um mir sanft Einhalt zu gebieten.
    Er funkelte den Händler an, und in seinem Blick waren Autorität und furchtlose Verachtung gepaart.
    »Für einen Mann

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