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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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modischen Mustern säumten ihre Umhänge; einige trugen schlichte Kleider.
    Aber ich hatte den Eindruck, dass alle Griechisch sprachen.
    Ich konnte mich nicht dazu durchringen, den Tempel zu betreten. Ich hob den Blick und sah im Geiste unsere Priester, die in Rom gekreuzigt worden waren.
    »Der Gottheit sei Dank, dass man deine Identität nicht herausgefunden hat«, sagte eine der Frauen.
    »Viele sind nach Alexandria geflohen«, sagte eine andere.
    »Ich habe keinen Protest erhoben«, sagte ich bedrückt.
    Darauf ertönte ein ganzer Chor voller Mitgefühl: »Wie solltest du denn, unter Tiberius? Glaube mir, jeder, der konnte, ist geflohen.«
    »Belaste dich nicht mit Schuldgefühlen«, bat mich eine junge blauäugige Griechin, die sehr korrekt gekleidet war.
    »Ich habe den Kult aufgegeben«, gestand ich.
    Wieder trösteten mich sanfte Stimmen aus der Runde.
    »Geh nun hinein«, sagte eine der Frauen, »und bitte darum, im innersten Heiligtum Unserer Mutter beten zu dürfen. Du bist eine Eingeweihte. Die meisten von uns sind es nicht.«
    Ich nickte.
    Dann stieg ich die Stufen zum Tempel hinauf und trat in das Innere. Ich blieb einen Augenblick stehen, um alles Weltliche von mir abzuschütteln, all die Bagatellen, über die ich gesprochen hatte. Mein Geist war auf die Göttin gerichtet und sehnte sich verzweifelt, an sie glauben zu können. Ich verabscheute meine Scheinheiligkeit, dass ich diesen Tempel und den Kult benutzte, doch dann schien mir das plötzlich nicht mehr von Bedeutung zu sein. Meine Verzweiflung in den drei Nächten war zu tief gegangen.
    Welch ein Schock erwartete mich dort drinnen!
    Der Tempel war viel älter als unser Tempel in Rom, und ägyptische Malereien bedeckten seine Wände. Ein Schauer durchfuhr mich. Die Säulen waren in ägypti-schem Stil gebaut, nicht kanneliert, sondern glatt und rund und leuchtend orangefarben ragten sie empor, um an den Kapitellen in riesigen Lotusblüten zu enden. Der Geruch des Weihrauchs war überwältigend, und aus dem Allerheiligsten drang Musik. Ich erkannte die dünnen Tö-
    ne der Lyra und der gezupften Saiten des Sistrums, und ich hörte den monotonen Gesang einer Litanei.
    Aber das war ja eine durch und durch ägyptische Stät-te, die mich ebenso fest einhüllte wie meine Blutträume.
    Ich wurde fast ohnmächtig.
    Die Träume kamen wieder – das starke, lähmende Ge-fühl, in einem geheimen Heiligtum in Ägypten zu sein, wo meine Seele von einem anderen Körper aufgesaugt wurde!
    Die Priesterin näherte sich mir. Auch das war ein Schock.
    In Rom wäre ihr Gewand rein römisch gewesen, sie hätte bestenfalls einen kleinen exotischen Kopfputz getragen, vielleicht eine Art Haube, die bis auf die Schultern herabfiel.
    Aber diese Frau hier trug ägyptische Gewänder aus ge-fälteltem Leinen im alten Stil, dazu einen herrlichen ägyptischen Kopfschmuck und eine Perücke, bestehend aus einer dichten Masse langer schwarzer Zöpfe, die ihr steif auf die Schultern fielen. Sie sah so fantastisch aus, wie vielleicht Kleopatra ausgesehen hat, was weiß ich.
    Ich hatte immer nur Geschichten über Julius Caesars große Liebe zu Kleopatra gehört, dann über ihre Affäre mit Mark Anton und schließlich über Kleopatras Tod. Das war alles vor meiner Geburt.
    Aber ich wusste, dass Kleopatras sagenhafter Einzug in Rom den römischen Sinn für Moral und Schicklichkeit sehr verletzt hatte. Mir war schon immer klar gewesen, dass die alten römischen Familien die Magie der Ägypter fürchteten. Bei dem kürzlich zur Bestrafung veranstalte-ten Gemetzel in Rom, das ich beschrieben habe, wurde ein großes Geschrei erhoben wegen der Zügellosigkeit und triebhaften Lust; doch unterschwellig war es dabei um die unausgesprochene Furcht vor dem Geheimnis und der Macht gegangen, die sich hinter den Tempelpfor-ten verbargen.
    Und nun, als ich diese Priesterin anblickte, ihre schwarz umrandeten Augen, fühlte ich diese Furcht auch in meiner Seele. Ich kannte sie. Natürlich schien die Frau direkt meinem Traum entsprungen zu sein; doch das war es nicht, was mich so alarmierte, denn was sind schließlich schon Träume? Es lag daran, dass dies eine Ägypterin war – ganz und gar fremdartig und für mich sehr un-durchschaubar.
    Meine Isis war griechisch-römisch gewesen. Selbst ihre Statue im römischen Heiligtum hatte ein wunderschön gerafftes griechisches Gewand getragen, und ihr Haar, im alten griechischen Stil frisiert, lag in weichen Wellen um ihr Gesicht. Sie hielt ihr Sistrum und

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