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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Musikzimmers hinaus und die Treppe hinunter in
den Vorraum, der eigens als Zimmer für die Damen eingerichtet worden war. Sie
konnten dort ihre Frisuren und ihre Aufmachung herrichten und ihre Umhänge
ablegen.
    Ein
ältliches Mädchen wartete dort auf. Annabelle setzte sich vor den Spiegel und
öffnete ihr Ridikül. Wenn sie sich ein paar Minuten lang mit ihrem Haar
beschäftigte und so tat, als frisiere sie es neu, konnte der Saum ihres Kleides
inzwischen trocknen.
    Der Raum
war durch mehrere Wandschirme unterteilt. Hinter jedem Schirm stand ein
Toilettentisch mit Spiegel, damit die Damen sich ungestört pudern und schminken
konnten.
    Annabelle
nahm einige Haarnadeln und eine Bürste aus ihrem Ridikül und begann, ein paar
lose Lockensträhnen festzustecken.
    »Nun, was
halten Sie von den Brabingtons?« sagte eine weibliche Stimme hinter einem
anderen Schirm. Annabelle erstarrte, die Bürste halb erhoben.
    »Sehr
seltsam«, lachte eine andere weibliche Stimme. »Gerade erst verheiratet und nie
zusammen.«
    »Ja«, sagte
die erste Stimme, »eine Liebesheirat ist für diese Pfarrersfamilie ja
auch genug. Wer hätte gedacht, daß der gute Sylvester sich so verlieben würde?
Ah, aber Brabington! Was für ein Mann! Was für Schultern! Und er hat die
schönsten Beine Londons!«
    »Beine!«
kicherte die zweite Stimme. »Priscilla, du bist zu kühn. Wenn Lord Brabington
dich bloß hören könnte!«
    »Es könnte
sein, daß ich es ihm selbst sage, und zwar sehr bald«, erwiderte die Priscilla
genannte mit einem leisen Lachen.
    Annabelle
saß ganz still. Lady Priscilla Coombes. Sie
hatte ihre Stimme erkannt.
    Sie war
verwirrt und entsetzt. Er war ihr Mann, ihr Eigentum. Wie konnte
er es wagen, in anderen Frauen solche Ambitionen zu wecken!
    Und wie
konntest du es wagen, solche Ambitionen in Sir Guy zu wecken? höhnte die
Stimme ihres Gewissens.
    »Oh, sei
still!« sagte Annabelle laut zu ihrem Gewissen, und eine junge Dame, die gerade
an dem Wandschirm vorbeiging, fuhr erschrocken zurück.
    So weit ist
es also gekommen, dachte Annabelle und empfand dabei eine Art düsterer
Befriedigung. Ich hänge an Bäumen, ich klatsche, ich verliebe mich in meinen
Schwager, und jetzt rede ich mit mir selbst. »Sylvester«, flüsterte sie leise.
Doch sie spürte keine Wärme oder Sehnsucht. In ihrem Gedächtnis war Lord
Sylvester eine charmante Pappfigur, ein Spielzeug aus ihren Schulmädchentagen,
etwas, das sie einmal in kindlicher Glut verehrt und begehrt hatte, was sie
jetzt kaum noch verstand. Annabelle überlegte, ob sie ihn geliebt und verloren
hatte – oder ob sie ihn überhaupt nie geliebt hatte.
    Langsam
ging sie in den Ballsaal zurück, zupfte nervös und unsicher an dem Schal, den
sie um die Schultern trug, und blickte in die Welt, als sähe sie sie zum ersten
Mal.
    Keine Spur
von Sir Guy Wayne. Auch keine Spur von ihrem Mann. Eine ängstliche Lady
Godolphin eilte auf sie zu. Der Marquis habe sie überall gesucht, sagte sie,
und da er sie nicht gefunden habe, sei er nach Hause gegangen.
    »Er sagte,
er würde zu Fuß gehen«, sagte Lady Godolphin, »damit du die Kutsche nehmen
kannst.«
    Annabelle
sah Lady Godolphin zum ersten Mal richtig an, sah die Angst und Sorge unter den
Schminkschichten.
    »Ich danke
Ihnen«, sagte sie freundlich. »Lady Godolphin, ich schulde Ihnen meine
untertänigste Bitte um Verzeihung. Ich hörte über Colonel Brian und mußte
Stillschweigen schwören. Ich hatte nicht das Recht, dieses Vertrauen zu
brechen. Nicht um alles in der Welt wollte ich Ihnen Schmerz zufügen.«
    »Ach,
Kind«, sagte Lady Godolphin und drückte Annabelle kraftvoll an eine Brust
voller Juwelen, »wenn du nicht das süßeste Ding wärst, das es je gegeben hat ...
Hättest du nichts von alldem gesagt, würde ich nicht heiraten. So ist doch
alles gut ausgegangen. Gott geht mutwillige Wege, wie dein lieber Vater sagen
würde.«
    »Ja, das
tut er wirklich«, sagte die Marquise von Brabington.

Achtes Kapitel
    Irgendwie war Annabelle nicht überrascht, als
sie erfuhr, daß ihr Mann nach Hause gekommen und sofort wieder ausgegangen sei.
Sie fühlte sich sehr merkwürdig, dünner, älter, als sei die andere Annabelle,
die sorglose, gedankenlose, fortgegangen und habe eine blasse, formlose Person
zurückgelassen.
    Sie war
sehr still, als Betty sie auskleidete, bis sie sich selbst aus ihren Gedanken
riß und sagte: »Du kannst mein rosa Kleid haben und mit nach Hopeworth nehmen.
Es hat dir doch immer gefallen.«
    »Sie
meinen, ich soll

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