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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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erwartet, das zu lieben, was wir haben. Es
könnte uns sonst genommen werden. Deine Dich liebende Schwester.«
    Annabelle
ließ den Brief sinken und starrte vor sich hin.
    Minerva
wußte es. Es stand in diesem letzten Absatz. Sie wußte, daß ihre jüngere
Schwester für Lord Sylvester entflammt war. Annabelle kannte Minerva zu gut. Mit
dem, was sie hatte, war eindeutig Lord Brabington gemeint. Nur kam es ihr so
vor, als habe sie ihn überhaupt nicht!
    Sir Guy
Wayne verbrachte
nach seinem Bad im Goldfischteich eine ruhelose
Nacht.
    Er
überlegte, ob Annabelle ihn gestoßen oder jemand anderer ihn aus dem
Gleichgewicht gebracht hatte. Er war durch das Gartentor geflohen und hatte in
seinen nassen Kleidern zu Fuß nach Hause gehen müssen, weil er es nicht über
sich brachte, sich vor seiner eigenen Dienerschaft lächerlich zu machen, indem
er tropfnaß und mit Schilfresten am Anzug auf seinen Wagen wartete.
    Seine Gier
nach Rache war so glühend, daß er kaum noch logisch denken konnte. Gegen acht
Uhr morgens fiel er schließlich für eine Stunde in schweren Schlaf. Als er
erwachte, war sein Kopf wieder klar und zuversichtlich.
    Er aß ein
herzhaftes Frühstück und rekapitulierte sorgfältig alles, was er über den
Marquis von Brabington wußte. Dabei fiel ihm ein faszinierender kleiner Skandal
aus jüngster Zeit ein. Der Marquis, so flüsterte man, habe eine Liaison mit
einer gewissen extravaganten Person, Harriet Evans. Böse Zungen tuschelten,
der Marquis habe am Tag nach seiner Hochzeit mit Harriet eine Ausfahrt in den
Park gemacht, und seine Frau mit ihrer kleinen Schwester sei in einer anderen
Kutsche auch dort gewesen.
    Ein
triumphierendes Glitzern trat in seine blassen Augen. Er würde nicht überstürzt
ein Komplott anzetteln, sondern äußerst sorgfältig darüber nachdenken, wie er
sich diese neue Waffe zunutze machen konnte.
    Harriet Evans
hatte den Fehler begangen, sich in ihren neuesten Galan zu verlieben, einen
jüngeren Sohn mit zu hohen Spielschulden und zu geringem Besitz, um sie
bezahlen zu können. Harriet war extravagant. Trotzdem war sie diesem jungen
Verschwender bemerkenswert treu geblieben. Folglich mußte sie sich in bitteren
Geldnöten befinden.
    Es war ein
feuchter, grauer Morgen, als Sir Guy schließlich seine Wohnung in der St. James
Street verließ. Dennoch war ihm, als scheine die Sonne, als er fröhlich seinen
reparierten Phaeton in Richtung auf das Dorf Islington lenkte.
    Harriet
Evans lebte in einer hübschen kleinen Villa, die aussah, als sei sie eines
Morgens plötzlich von anderen Gebäuden umringt aufgewacht. Sie wirkte, als
müsse sie allein in einem reizenden Park stehen, statt
eingekeilt zwischen zwei hohen Häusern in der Frog Lane. Sir Guy läutete die
Glocke und wartete. Das Haus schien still, obwohl aus einem der Kamine ein
dünner Rauchfaden stieg.
    Er
versuchte es noch einmal, aber es war eine von den Glocken, bei denen man nie
sicher ist, daß der Draht, an dem man zieht, auch mit einem Läutwerk verbunden
ist.
    Nach
einiger Überlegung klopfte er mit seinem Stock an die Tür und rief: »Hallo, ist
jemand da?«
    Endlich
wurde oben ein Flügelfenster aufgestoßen, und ein staubig aussehendes Mädchen
mit einer riesigen, bedruckten Morgenhaube fragte ihn, was er wünsche.
    »Sir Guy
Wayne«, antwortete er ungeduldig, »ich komme, um Ihre Herrin zu sehen.«
    Sie sah ihn
zweifelnd an, zog dann den Kopf wieder zurück und schlug das Fenster zu.
    Sir Guy
zwang sich zur Geduld. Dirnen gingen spät schlafen oder arbeiteten die ganze
Nacht; deshalb waren sie zu dieser Stunde mit größerer Wahrscheinlichkeit noch
im Bett als anständige Frauen.
    Endlich
ertönte das Geräusch von Riegeln, die zurückgeschoben werden. Dasselbe Mädchen
erschien in der Tür und knickste. »Die Herrin wird Sie jetzt empfangen«, sagte
sie.
    Sie führte
ihn in einen kleinen, vollgestellten Salon und ließ ihn allein. Neugierig sah
er sich um. Alles war sehr ordentlich und sauber. Auf kleinen Tischen standen
Schnupftabaksdosen, Miniaturen und anderer Zierat. Die Wände waren von oben bis
unten mit Ölgemälden behängt, die verschiedene ländliche Szenen darstellten.
Ein großes Fernglas hing über dem überladenen Kaminsims.
    Er hörte
einen leichten Schritt hinter sich.
    Harriet
Evans war noch im Negligé. Auf ihren glänzenden pomadisierten Locken thronte
eine Spitzenhaube. Ein frivoler Morgenmantel verbarg nur notdürftig ihr Mieder
und ihre Unterröcke.
    »Sir Guy«,
lächelte sie und streckte

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