Annie und der sinnliche Italiener
er abfällig ein, „aber ich habe mein Büro in Rom veranlasst, Fotos des Jungen in englischen Zeitungsarchiven aufzuspüren und mir zu faxen.“ Wenn er daran zurückdachte, wie heftig ihn der Schock über die Ähnlichkeit zwischen ihm und dem kleinen Kerl mit den dunklen Locken getroffen hatte, schlug sein Herz immer noch wie verrückt. Abgesehen von Annies blauen Augen glich der Knirps seinen eigenen Kinderbildern nahezu bis aufs Haar.
Sein Sohn! Ein Sohn, von dessen Existenz er bis zum heutigen Tag nichts geahnt hatte.
„Warum hast du das getan?“, fragte Annie tonlos.
„Hauptsächlich aus Neugierde. Dabei habe ich allerdings nicht erwartet, dass mein Interesse an deinem Sohn gleichzeitig deine unglaubliche Perfidität aufdecken würde. Da es keinen Zwillingsbruder von mir gibt, mit dem du geschlafen haben könntest, blieb nur ein Schluss: Oliver ist ebenso mein Kind wie deines.“
„Aber …“
„Ich warne dich, Anna Balfour, versuche nie wieder, mich anzulügen!“
Stolz hob sie den Kopf. „Ich bin keine von Ihren Angestellten, Mr de Salvatore , deshalb muss ich mir einen derartigen Ton nicht bieten lassen!“
„Ich werde noch ganz andere Saiten aufziehen, wenn du nicht endlich zugibst, dass Oliver auch mein Sohn ist!“, drohte er aufgebracht und umfasste ihr Handgelenk.
„Lass mich augenblicklich los!“, rief Annie und fiel fast hintenüber, als er ihrer Forderung umgehend nachkam. „Was willst du von mir, Luc?“
„Die Wahrheit natürlich!“
„Warum?“
„Damit ich endlich rechtmäßig Anspruch auf meinen Sohn erheben kann, was sonst?“
Augenblicklich wich alle Farbe aus Annies Gesicht. „Du willst mir Oliver wegnehmen?“
„Er ist ein de Salvatore und …“
„Er ist ein Balfour !“ Annies Stimme überschlug sich fast.
Luc schnaubte verächtlich. „Und die ganze Welt weiß ja, was für ein glanzvoller, hochgeschätzter Name das ist!“
„Ungefähr so wie dein Ruf, wenn man an die wilden Jahre zurückdenkt, die …“
„Was weißt du über meine so genannten wilden Jahre?“, fuhr er dazwischen.
„Meine Erfahrungen stammen aus erster Hand, schon vergessen?“, erinnerte sie ihn zynisch. „ Ich war die Frau, die du quasi von der Piste weg in dein Bett gelockt und am nächsten Tag kalt abserviert hast.“
Auf Lucs dunkler Wange zuckte ein Muskel. „Sieht so aus, als wenn das einzig Positive, das aus dieser Geschichte entstanden ist, unser Sohn ist.“
„Oliver ist mein Sohn!“
„Und meiner .“ Der gefährliche Unterton in Lucs Stimme war nicht zu überhören. „Eine Tatsache, die ein simpler Bluttest bestätigen kann. Womit der Kleine …“
„Er hat einen Namen!“, fauchte Annie gereizt.
Luc nickte. „Oliver de Salvatore.“
„Nein! Niemals!“
„Oh doch, Anna Balfour, und je eher du das begreifst, desto besser für dich.“
Annie schluckte heftig und wischte unauffällig die feuchten Hände an der Rückseite ihrer Jeans ab. „Ich hatte ohnehin beschlossen, dir von Oliver zu erzählen“, wechselte sie die Taktik.
„Wann?“
„Während unseres Dinners … heute Abend.“
„Und warum fällt es mir schwer, dir zu glauben?“
„Vielleicht, weil du lieber grundsätzlich das Schlechteste von mir denkst?“
Warum lief alles nur so plötzlich aus dem Ruder? Annie wurde immer nervöser. Dabei hatte sie sich doch bereits damit abgefunden, Luc von seiner Vaterschaft zu erzählen und sogar erwogen, ihm hin und wieder Zugang zu ihrem Sohn zu gewähren. Doch so, wie er sich jetzt gebärdete, musste sie befürchten, dass er beabsichtigte, ihr Oliver wegzunehmen!
Und das würde sie nicht zulassen. Unter keinen Umständen!
Nicht eine Sekunde zweifelte Annie daran, dass ihre Familie – Mutter, Vater und ihre sämtlichen Schwestern – sie bei einem eventuellen Sorgerechtsprozess vor Gericht mit aller Kraft unterstützen würden. Sie mochten zwischendurch ihre Meinungsverschiedenheiten haben, aber wenn es hart auf hart kam, stand jeder für den anderen ein.
Doch in diesem Fall hätten sie in Luca de Salvatore einen mächtigen Gegner, wenn er tatsächlich beabsichtigte, seine Rechte als Olivers Vater einzuklagen.
„Was willst du eigentlich genau von mir?“, fragte sie rau. „Geht es dir um ein Besuchsrecht? Oder redest du von geteiltem Sorgerecht?“
Auch wenn sie es nicht in Worten sagte, gab Annie damit endlich zu, dass Oliver sein Sohn war. Mit wackeligen Knien sank Luc auf das nächstbeste Sitzmöbel und versuchte, die überwältigende Wahrheit
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