Annies Entscheidung
weil du sie nie sehen wolltest. Es war einfacher, deinem alten Herrn die Schuld zu geben. Mach damit weiter. Glaub, was du willst. Du hast diese Insel gehasst. Du hast mich gehasst. Du wolltest keinen Cent von mir annehmen. Nicht einmal als du aufs College gingst.“
„Als hättest du welche für mich übrig gehabt.“ Logan lachte bitter. Aber Hugo hatte Recht. Logan hatte kein Geld von ihm gewollt. Stattdessen hatte er eine Abmachung mit einem Mann getroffen, den manche als Heiligen, manche als Teufel bezeichneten.
Selbst Logan war nicht sicher, was besser auf seinen Chef passte.
„Es ist mir egal, ob du noch mit Caroline liiert bist oder wann du sie zuletzt gesehen hast. Ich will nur wissen, wo sie ist.“
„Und ich sage dir, dass ich es nicht weiß.“ Hugo stand auf. „Meinst du nicht, dass ich mich das auch gefragt habe? Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie keine Familie mehr. Sie war eine junge Frau, die Turnabout nur selten verlassen hatte.“
„Also hast du sie ausgenutzt.“
„Ich habe ihr einen Job gegeben“, erwiderte Logans Vater ruhig.
„Und ihretwegen meine Mutter aus dem Haus getrieben.“
„Deine Mutter hat mich verlassen, nicht umgekehrt, Logan. Lange bevor ich Caroline eingestellt habe. Als sie ging, wusste ich nicht einmal, dass sie mit dir schwanger war. Ich musste einen Privatdetektiv engagieren, um sie zu finden. Es hat fast ein Jahr gedauert. Inzwischen warst du schon sechs Monate alt.“
Das war Logan nicht neu. „Und dann hast du uns beide nach Turnabout zurückgeholt, wo du deine Affäre mit Caroline vor der Nase meiner Mutter fortgesetzt hast. Für wie dumm hast du sie eigentlich gehalten? Hast du geglaubt, sie würde nicht mitbekommen, was du und deine Sekretärin im Untersuchungszimmer getrieben habt?“
Hugos Miene war ausdruckslos. „Warum bist du hergekommen?“
„Weil ich meine Fehler wieder gutmachen will“, antwortete Logan nach einem Moment.
Dann ging er davon.
Drei Tage ohne Strom.
Annie sah zu den Kartons hinüber, die neben der Hintertür der Werkstatt standen. Es waren Bestellungen, die verschickt werden mussten.
Aber im Moment war das unmöglich.
„Das Zeug riecht grauenhaft.“
Sie warf Riley einen Blick zu und unterdrückte ein Seufzen. Das Mädchen hatte bereits klargemacht, dass es lieber im Maisy’s wäre, als Annie im Laden zu helfen. Natürlich wusste sie, dass das weniger mit Maisy als mit Kenny Hobbes aus Denver zu tun hatte. Sie hatte die beiden schon ein Mal beim Küssen erwischt, und um eine Wiederholung zu verhindern, sorgte sie dafür, dass ihre Nichte beschäftigt war. „Zum Glück sind die Leute, die unsere Kräutertees kaufen, einer anderen Meinung.“
Riley zog eine Grimasse, machte jedoch mit ihrer Arbeit weiter und schob die kleinen Beutel mit getrockneten Kräutern in die grünen Umschläge mit der silbernen Aufschrift. Sie hatte bereits einen großen Korb mit Umschlägen gefüllt.
„Das hier riecht wie Lakritze. Ich hasse Lakritze.“
Annie verklebte den letzten Karton. „Dann weiß ich, was es heute nicht zu essen geben wird.“
Riley schwieg.
Zehn Minuten lang herrschte bei Island Botanica Frieden – bis Kenny aus Denver den Kopf zur Hintertür hereinsteckte. „He, wow, endlich habe ich dich gefunden.“
Neugierig sah er sich um. „Was ist das für ein Zeug an der Decke? Was Verbotenes darunter?“
Annie sah ihn an. „Nein, aber es wäre für mich kein Problem, jemanden damit zu vergiften.“
Sein Blick wurde unsicher, dann grinste er. Offenbar hielt er es für einen Scherz.
„Cool. Wie sieht’s aus, Riley? Dauert deine Zwangsarbeit den ganzen Tag, oder bekommst du Freigang?“
Hoffnungsvoll sah Riley ihre Tante an. „Darf ich?“
Dass sie überhaupt fragte, ließ Annie schwach werden. „Kein Sonnenuntergang“, warnte sie.
Riley wusste genau, was sie meinte. Sie wurde rot und nickte.
„Und zum Abendessen bist du im Bürgerhaus“, rief Annie ihr nach, als die beiden Teenager nach draußen eilten. Riley winkte ihr zu, ohne sich umzudrehen. Dann waren sie und Kenny verschwunden.
„Klingt wie die mahnende Stimme einer Mutter.“ Logan betrat die Werkstatt.
Annie zuckte zusammen und ließ den Bast fallen, mit dem sie gerade einen Geschenkkorb verziert hätte.
„Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Er hob die Rolle auf. „Hier.“ Er legte sie auf die Arbeitsplatte, an der Annie saß.
„Danke.“ Sie würde ihn nicht fragen, wie er den ganzen Tag verbracht hatte. Am Morgen war er schon fort
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