Annika Bengtzon 09: Weißer Tod
zusammen?«
Sein Gesicht lag im Schatten, sie konnte seine Augen nicht sehen.
»Sie ist ihre Wohnung noch nicht losgeworden.«
Er strahlte Wärme aus wie ein Kamin. Annika blieb stehen, obwohl sie sich verbrannte.
»Liebst du sie?«
Er machte einen Schritt zur Seite, um an ihr vorbeizukommen, aber auch sie machte einen Schritt und legte dann eine Hand auf seine Brust.
»Geh nicht«, sagte sie.
Seine Brust hob und senkte sich unter ihrer Handfläche.
»Ich möchte, dass du bleibst.«
Sie legte die andere Hand an seine Wange, fühlte seine rauen Bartstoppeln, trat näher und küsste ihn.
Er stand vollkommen still, aber sie spürte seinen schnellen Herzschlag. Sie ging ganz dicht an ihn heran, schmiegte die Wange an seinen Hals und schlang ihm die Arme um die Schultern.
Wenn er sie jetzt wegschob, würde sie sterben.
Aber seine Hände fanden ihren Po, mit der einen Hand drückte er sie an sich, und die andere glitt unter ihr Haar und berührte sie im Nacken. Ihre Nägel gruben sich in seine Schultern, und sie rang nach Luft. Sein Arm lag stark und fest um ihren Rücken, sie fuhr ihm mit den Fingern durchs Haar und küsste ihn noch einmal, und jetzt kam er ihr entgegen, er schmeckte nach Salz und Harz und hatte scharfe Zähne. Sie holte Luft und begegnete seinem schweren und dunklen Blick hinter den Schatten. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht, seine Finger waren trocken und warm, dann knöpfte sie sein Hemd auf und streifte ihm die Jacke ab. Sie landete auf der Videokamera.
»Das sollten wir nicht tun«, sagte er leise.
»Doch«, erwiderte sie.
Wenn sie etwas sicher wusste, dann dies.
Sie zog ihren Pullover aus, öffnete den BH und ließ beides auf den Wohnzimmerboden gleiten. Die eine Hand legte sie wieder an seine Wange, die andere liebkoste seinen Hintern. Seine Haut war trocken und heiß.
Sie spürte, wie er ihre Brust umfasste und ihre Brustwarze knetete und ihr wurde schwarz vor Augen. Jimmy, Jimmy Halenius aus dem Himmelstalundsvägen in Norrköping, der Cousin von Roland, der immer ein Foto von ihr im Portemonnaie hatte. Er zog ihr die Jeans aus und legte Annika aufs Sofa, liebkoste ihre Schenkel und ihren Schoß mit festen warmen Händen, und als er in sie eindrang, zwang sie sich, entspannt zu sein, und sie atmete durch den Mund, um nicht zu zerspringen, sie ließ sich von seinem Rhythmus schaukeln, bis sie nicht mehr schweben konnte, und sie kam, sie kam und kam, bis es in ihrem Kopf sang und die Dunkelheit sich auflöste und verschwand.
TAG 8
Mittwoch, 30. November
Der Mann wurde um 6.32 Uhr in seiner Wohnung im Byälvsvägen in Bagarmossen gefasst. Er hatte sich gerade einen Teller Haferbrei mit Preiselbeermarmelade und fettarmer Milch zubereitet und zwei Scheiben Brot mit Mettwurst und eine Tasse Kaffee mit drei Stück Zucker gemacht, als die Polizei an der Tür klingelte. Die Festnahme verlief völlig undramatisch. Der einzige Einwand des Mannes war, dass sein Frühstück kalt sein würde, bis er zurückkam. Es wird wohl nicht nur kalt, dachte Anders Schyman und legte den ausgedruckten Artikel zur Seite. Diese Sache hatte das Abendblatt gründlich und systematisch behandelt: Erst hatten sie einen Serientäter geschaffen und dann über seine Ergreifung berichtet. Der Chefredakteur hatte bereits eine Sonderausgabe für die Innenstadt und die angrenzenden Gemeinden in Auftrag gegeben, der Rest des Landes musste sich die Details über Butterbrote und Zuckerstücke per Internet zu Gemüte führen.
Er griff nach dem Ausdruck des Fotos, das auf die Titelseite kam: Gustaf Holmerud, achtundvierzig, wurde von sechs schwerbewaffneten Polizisten abgeführt. Der Gesichtsausdruck des Serienmörders konnte als fast verwundert beschrieben werden. Die grimmigen Gesichter der Polizisten waren wohl eher dem Fotografen des Abendblatts zuzuschreiben als der Gefährlichkeit des Verbrechers.
Schyman hatte nicht gezögert. Sie würden Name, Alter und Wohnort des Verdächtigen angeben und sämtliche Details seines unbedeutenden Lebens und Wirkens (Gymnasium abgebrochen, Rückenprobleme, arbeitsunfähig). Natürlich würde es einen Aufruhr geben, weil sie jemanden namentlich auslieferten, der noch nicht verurteilt war, aber die Gegenargumente konnte er im Schlaf.
Dürften Verbrecher erst nach einem rechtskräftigen Urteil namentlich genannt werden, wüssten wir bis heute nicht den Namen des Mannes, der vom Amtsgericht wegen Mordes an Ministerpräsident Olof Palme verurteilt
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