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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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(falls sich nicht gerade etwas Außergewöhnliches ereignete, wie die Entführung eines schwedischen Familienvaters oder eine Mordserie in den Vorstädten Stockholms). Wenn eine Diätgeschichte fällig war, bastelte man zunächst die Schlagzeile:
    ABNEHMEN
MIT DER
NEUSTEN
ERFOLGS-
METHODE
    Und dann erst begann die Suche nach der neusten Erfolgsmethode, es gab immer ein Meer von Möglichkeiten, man brauchte bloß auszuwählen. Anschließend wurde ein Professor bemüht, der das Wundersame an der Methode bestätigen konnte, und am Schluss musste man lediglich noch einen richtig guten Fall mit Vorher-Nachher-Foto ausfindig machen, gerne eine ansprechende junge Frau, die innerhalb von ein paar Monaten von Kleidergröße 48 auf 36 geschrumpft war.
    »Noch was?«, fragte Schyman.
    »Morgen ist der Todestag von Karl XII ., die Jungnazis ziehen bestimmt los und wedeln ein bisschen mit dem Hakenkreuz. Darum kümmert sich jemand. Außerdem ist es fünfundzwanzig Jahre her, dass Tschernobyl vom Netz genommen wurde, Wins­ton Churchill und Billy Idol haben Geburtstag, und Sie haben Namenstag.«
    Der Chefredakteur unterdrückte ein Gähnen.
    »Können wir weitermachen?«
    »Jemand von mediatime.se hat angerufen und gefragt, ob Sie Ihren Hirnschaden kommentieren wollten«, sagte Patrik.
    Vorsichtig lehnte sich Anders Schyman gegen die Rückenlehne des Konferenzstuhls und spürte am ganzen Leib, dass es an der Zeit war, etwas anderes zu tun.
    *
    »Wir waren im Skansen«, sagte Ellen. »Und weißt du was, Mama? Wir haben einen Elch gesehen. Der war ganz braun. Und hatte ein riesiges Kawei auf dem Kopf, und er hatte auch noch ein kleines Kälbchen, das war supercute !«
    Annika verkniff sich einen Seufzer. Vielleicht war es doch nicht so gut, dass die Kinder auf die amerikanische Schule gingen.
    »War das Kalb wirklich bei dem Elch mit dem Geweih?«, fragte sie lehrerhaft ins Telefon (sie hatte irgendwo gelesen, dass man Kinder nicht auf ihre Fehler hinweisen, sondern die Worte nur richtig wiederholen sollte), normalerweise haben die Elchbullen ein Geweih und die Kälbchen sind bei der Elchkuh …«
    »Und weißt du was noch, Mama? Sophia hat uns Limo gekauft. Kalle hat eine Cola gekriegt und ich eine Fanta-Lemon.«
    »Wie schön, dass ihr so viel Spaß habt …«
    »Und heute Abend gucken wir einen Film. ›Ice Age 2 – Jetzt taut’s‹, hast du den gesehen, Mama?«
    »Nein, ich glaube nicht …«
    »Hier ist Kalle.«
    Ellen überließ den Hörer ihrem Bruder.
    »Hallo, du kleiner Racker«, sagte sie. »Geht es dir gut?«
    »Ich vermisse dich, Mama.«
    Sie lächelte in den Hörer und spürte, wie ihre Augen feucht wur­den. Der Junge war so unglaublich loyal. Sicher hatte er den ganzen Tag nicht an sie gedacht, aber in seiner Solidarität versicherte er ihr automatisch, dass sie die Wichtigste war.
    »Ich vermisse dich auch«, sagte sie, »aber ich bin sehr froh, dass ihr ein paar Tage bei Sophia sein könnt, während wir versuchen, Papa nach Hause zu holen.«
    »Habt ihr mit den Entführern gesprochen?«
    Wo hatte er diese Begriffe gelernt?
    »Jimmy hat mit ihnen gesprochen. Wir hoffen, sie lassen Papa bald frei.«
    »Diese Frau haben sie aber umgebracht«, sagte er.
    Sie schloss die Augen.
    »Ja«, sagte sie, »das stimmt. Wir wissen nicht, warum. Aber einen der Männer haben sie gestern freigelassen, einen Spanier, der Alvaro heißt. Und als der Papa das letzte Mal gesehen hat, ging es ihm gut.«
    Sie brachte es nicht über sich, »da lebte er noch« zu sagen.
    Kalle schniefte.
    »Ich vermisse Papa auch«, flüsterte er.
    »Ich auch«, sagte Annika. »Ich hoffe, dass er bald nach Hause kommt.«
    »Und wenn nicht? Stell dir vor, sie bringen ihn auch um.«
    Annika schluckte. Schon im Kinderkrankenhaus hatten sie gesagt, man solle Kindern nie sagen, dass etwas nicht weh täte, wenn das Gegenteil der Fall sein konnte.
    »Weißt du, mein Schatz, manchmal werden Menschen entführt, aber meistens kehren sie wieder zu ihren Familien zurück. Wir hoffen, dass es diesmal auch so ist.«
    »Aber wenn nicht ?«
    »Dann haben wir uns«, flüsterte sie. »Dich und mich und ­Ellen und auch Sophia.«
    »Ich mag Sophia«, sagte Kalle.
    »Ich auch«, sagte Annika, und vielleicht stimmte es sogar.
    Mit dem Mobiltelefon in der Hand blieb sie noch einen Augenblick auf dem Sofa sitzen und ließ sich langsam fallen. Sie hatte ein Abendessen gekocht, von dem sie nichts essen konnte. Sie hatte an ihrem Artikel gesessen und zu beschreiben versucht,

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