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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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nachts in meinem Kinderzimmer ihre Runden, biiiiisssszzz biiiisssszzz biiiisssszzz machten sie, aber das war nicht schlimm, denn wenn es irgendwann still wurde, dann machte man Licht und ging auf Mückenjagd. Und ich war ein guter Mückenjäger, ich erschlug die Mücken mit ­ihren blutgefüllten Bäuchen, die auf der Rosentapete zentimeter­große Flecken hinterließen. Mama schimpfte immer mit mir und sagte, dass ich die Wände kaputtmachte, und natürlich hatte sie recht, mit der Zeit färbte sich die Tapete rund um mein Bett mehr und mehr rostrot. Hier in der Wellblechhütte waren deutlich mehr Mü­cken als in der anderen, sie waren viel kleiner als die auf Gällnö und vollkommen lautlos. Wie Staubkörner wirbelten sie durch die Dunkelheit und waren nur zu hören, wenn sie sich in den Gehörgang verirrten, was ein paar Mal vorkam. Ich spürte nicht, wenn sie mich stachen. Spürte es erst später, wenn die Stellen anschwollen und halb so groß wie Tennisbälle wurden. Es juckte unglaublich. Ich versuchte, mich an der Erde zu scheuern, so gut es ging, und das half auch ein wenig.
    Mir war unwahrscheinlich warm, und ich schwitzte stark. Es war eine Hitze, die von innen kam und aus den Poren dampfte.
    »Gibt es hier Malaria?«, fragte der Rumäne. »Ist das hier Malariagebiet?«
    Ich wusste noch immer nicht, wie er hieß, aber ich konnte ihn jetzt auch nicht fragen, dann hätte ich ja eingestanden, dass ich seinen Namen nicht mitbekommen oder, noch schlimmer, ver­gessen hatte.
    »Ja«, sagte der Spanier, »aber die hier drinnen sind keine Malariamücken. Anopheles sind nicht tagaktiv, nur in der Morgen- und Abenddämmerung und im Dunkeln. Aber es gibt hier Malaria. Nicht so häufig vielleicht, es ist ein bisschen zu trocken, aber die Wärme reicht aus. Es gibt hier Malaria …«
    Unsere Stimmung hatte sich gebessert. Wir hatten wieder etwas gegessen, Ugali, und auch Wasser bekommen und salziges gekochtes Gemüse, das entfernt an Spinat erinnerte. Es schmeckte richtig gut, auch wenn das Wasser nicht sauber war. Nur der Däne wollte nichts essen. Er trank ein bisschen Wasser und lag dann sehr still da. Seine Atmung war leicht und flach und rasselte zu unserer Erleichterung nicht mehr so schlimm.
    Einem nach dem anderen von uns hatten sie aufgeholfen, damit wir Darm und Blase in einen Eimer in der Ecke entleeren konnten, es brannte beim Pinkeln und roch scharf. Wie in einer stillen Übereinkunft schaute keiner der anderen zum Eimer hin, solange jemand dort war.
    »Das ist doch ein Parasit?«, fragte der Rumäne. »Ist Malaria ein Parasit im Blut?«
    »Plasmodium«, bestätigte der Spanier. »Die Krankheit ist ein ausgeklügeltes Wechselspiel zwischen der Mücke und dem Menschen. Sie wird über die Spucke der Mücke übertragen und kommt hauptsächlich südlich der Sahara in ganz Afrika vor.«
    »Wie lange dauert es, bis man krank wird?«, fragte ich und dachte an den heißen Dampf, den ich in mir hatte.
    »Eine halbe Stunde nach dem Stich hat sich der Parasit in der Leber eingenistet. Aber es dauert mindestens sechs Tage, bis sich Symptome zeigen, und manchmal auch deutlich länger, es kann bis zu Jahren dauern …«
    »Hakuna majadiliano« , rief einer der Bewacher vor der Tür, ich vermute, dass es der Lange war.
    Wir sahen uns an. Keiner wusste, was das bedeutete, und Cathe­rine war nicht zum Übersetzen da. Es hörte sich fast an wie hakuna matata , war das nicht irgendein Disney-Lied? Die Kinder hatten diesen Film auf DVD , war es vielleicht »König der Löwen«? Ha­kuna matata, diesen Spruch sag ich gern, hakuna matata, gilt stets als modern . In der Hütte war es absolut ruhig, sogar der Atem des Dänen war geräuschlos. Alle lagen still in der Dunkelheit.
    Dann hämmerte und kratzte es hinter der Tür, das Lichtvier­eck verschob sich, und das Blech wurde fortgenommen. Wie ein quadratmetergroßer Laserstrahl fiel die Sonne herein, ich war vollständig geblendet, aber ich hörte, wie mehrere Aufpasser in die Hütte kamen. »Hiyo ni moja« , sagten sie, » kunykua naye kwamiguu .« Und am Luftzug spürte ich, wie sie den Rumänen ergriffen, ihn an Beinen und Armen packten und zum Ausgang schleppten. Er wimmerte leise, vielleicht vor Schmerzen, viel­leicht auch vor Angst.
    Wir hatten nicht über den Franzosen gesprochen. Überhaupt nicht. Mit keinem Wort. Als wäre es nie passiert.
    Und jetzt war auch der Rumäne weg, und ich wusste noch immer nicht, wie er hieß.
    Sie setzten die Blechtür wieder an

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