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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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ihren Platz. Die Dunkelheit war zurück, größer und schwerer als zuvor.
    Ein Fieberschauer jagte durch meinen Körper.
    *
    Anders Schyman kratzte sich am Schnurrbart.
    Sie durften jetzt nicht nachlassen. Sie hatten zwei gute Storys, und es galt, an beiden dranzubleiben. Zum einen natürlich an der Entführungssache, aber auch an der Geschichte über den potentiellen Serientäter in den Stockholmer Randbezirken. Patrik hatte selbst ein paar alte Kontakte wiederbelebt und einen Polizisten ausfindig gemacht, der meinte, »es gebe Parallelen« zwischen den drei erstochenen Frauen: Es waren Frauen, sie wur­den draußen erstochen, und sie stammten aus dem Großraum Stockholm. Das Gespräch mit dem Polizisten war aufgezeichnet und auf dem großen Sicherheitsserver der Zeitung gespeichert worden. Schyman hatte es sich angehört und konnte nicht beurteilen, ob der Polizist sarkastisch oder so beschränkt war, dass er es tatsächlich ernst meinte. In jedem Fall aber war diese Aussage eine Absicherung, in der morgigen Ausgabe eindeutiger von ­einem Serienmörder zu sprechen. Und wenn sich in dem Entführungsfall nichts Spektakuläres ereignete, war der hypothetische Serienmörder eine denkbare Alternative für die Titelstory.
    Der Chefredakteur schlürfte ein Schlückchen Kaffee. Bis vier Uhr nachmittags trank er normalen Kaffee, dann musste er es entweder sein lassen oder zu entkoffeiniertem übergehen, sonst konnte er nachts nicht schlafen.
    Die Fortsetzung der Entführungsstory stellte ein Problem dar. Es ließ sich nicht leugnen, dass sie mit der aktuellen Ausgabe ihr bestes Pulver verschossen hatten. Eigentlich blieb ihnen nichts anderes übrig, als dieselben Sachen noch einmal durchzukauen, nur in anderer Form. Das war an sich nicht ungewöhnlich oder besonders kompliziert, aber man brauchte einen Aufhänger, der die Sache aufpeppte, irgendeine Neuigkeit.
    Selbstverständlich konnte er sich nicht auf sein ausführliches Gespräch mit Halenius berufen, das war absolut tabu. Sehr oft wussten Journalisten viel, viel mehr als das, was in den Zeitungen stand oder über den Äther ging: Politikerfrauen, die wegen Betrugs verurteilt waren, Promis, die Drogen nahmen, endlose Poli­zeiermittlungen …
    Bei einem seiner ersten Aufträge, als er in der Redaktion des Norrlands Sozialdemokrat in Älvsbyn eine Sommervertretung angenommen hatte, hatte er über die Jagd auf eine Bande von Bankschließfach-Räubern geschrieben, die dort oben am Wald­rand ihr Unwesen trieben. Kurz nachdem sie die ersten Schließ­fächer in die Luft gesprengt hatten, waren in den Läden und Restaurants in Norrbotten Geldscheine aufgetaucht, die merk­würdig verfärbt waren und unangenehm rochen. Das war aller­dings nicht auf eine Farbpatrone in den Schließfächern zurück­zuführen, sondern auf etwas ganz anderes. Die Polizei stand vor einem Rätsel, und dabei war das erst der Anfang. In den darauf­folgenden Monaten wurden überall in Europa große Mengen brauner und stinkender schwedischer Banknoten entdeckt, un­ter anderem in Griechenland. Es dauerte beinahe ein Jahr, bis die Polizei in diesem Fall ihre Ermittlungen abschließen konnte. Aber am Ende hatte man es geschafft, die Ereignisse nachzuvoll­ziehen: Die Schließfachsprenger, eine Gruppe, die der Polizei bereits bekannt war, hatten das Geld in Tierkadavern aufbe­wahrt, bevor sie es unter die Leute brachten. Die Farbe und der Gestank stammten von Blut und Körpersäften. Gegen das Ver­sprechen, erst zu einem angemessenen Zeitpunkt über die Sache zu berichten, wurde der junge Reporter Anders Schyman wäh­rend der Ermittlungen laufend informiert. Doch dieser Zeit­punkt kam nie. Die Geschichte kam nie an die Öffentlichkeit, weder durch ihn noch durch jemand anderen. Warum er so loyal gewesen war? Und warum wollte die Polizei nicht, dass er dar­über berichtete? Wollten sie vertuschen, dass sie im Dunkeln getappt waren? Waren sie das? Falls ja, wieso? Weil sie die Räu­ber nie dingfest gemacht hatten?
    Er schüttelte den Kopf. Warum in drei Teufels Namen kam ihm diese Geschichte ausgerechnet jetzt in den Sinn?
    Er widmete sich wieder der Themenliste (oder dem Wunschzettel) der Redaktion für die morgige Ausgabe. Da waren natürlich die Geschichten über die weiteren Geiseln, die übrigen Teilnehmer der EU -Delegation, aber entführte Ausländer waren für die Leser des Abendblatts ungefähr so interessant wie aufgewärmter Haferbrei. Lediglich wenn einer der Ausländer starb, war

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