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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die zusammen mit der Deutschen in der anderen Hütte lag, jetzt hatte sie niemanden, bei dem sie sich anlehnen konnte, jetzt war sie vollkommen allein, oder war sie das sowieso schon die ganze Zeit gewesen? Eine große Stütze war ich wohl kaum.
    In meinen Augen brannten Tränen, nicht nur wegen der Erde und des Sandes.
    Annikas Bild schwebte in der Dunkelheit vor mir, sie schien so nah zu sein, sie lächelte mich an, wie sie es tat, wenn sie mich wirklich wahrnahm, so nah und verletzlich, dieses zögernde ­Lächeln, als ob sie bezweifelte, ein Anrecht auf Freude zu haben, als ob sie kein Existenzrecht hätte. Es fällt schwer, es ihr zu ­glauben, aber sie ist sehr scheu, und ich bin so herzlos gewesen, ich bin so gemein gewesen, ich habe gesehen, wie sehr ich sie verletzt habe, und das hat mich wütend gemacht und auf­gebracht. Sie schafft es, dass ich mich ertappt fühle. Erwischt. Ich kann ihr gegenüberstehen, und sie schaut direkt in die Ewig­keit hinter mir. Sie hat das merkwürdige Talent, Menschen zu durchschauen, ihre Schwächen zu erkennen, und passt sich trotzdem an. Das kann anstrengend sein oder sogar peinlich. Ich sage nicht, dass ich deshalb zu anderen Frauen gegangen bin, damit würde ich die Schuld nur auf sie schieben, und das will ich nicht. Aber diese Frauen (viele sind es nicht, aber das ist keine Entschuldigung), was haben sie mir eigentlich gegeben? Bestä­tigung, in gewisser Weise. Zerstreuung. Adrenalin, Beuteglück und einen faden Nachgeschmack. Für einen kurzen Moment haben sie mich wahrgenommen, aber nicht wirklich.
    Was stimmt nicht mit mir?
    Warum verletze ich die, die ich am meisten liebe?
    *
    Polternd und mit Schnee an den Schuhen kamen Berit und die Kinder wieder.
    Annika hatte Kabeljaueintopf mit Krabben, Sahne, Dill und Weißwein gemacht, dazu Reis. Das war zwar nicht Kalles Lieblingsessen, aber er aß es, wenn er die Krabben aussortieren durfte.
    Halenius aß im Schlafzimmer (der Entführungszentrale), aber Berit saß mit ihnen am Küchentisch. Die Kinder erzählten vom Schnee und den Schlitten und wie merkwürdig es war, an einem ganz normalen Freitag nicht in der Schule zu sein. Gegen Ende der Mahlzeit, als sie alle auf Ellen warteten, verstummte Kalle und versank in sich selbst, wie er es gelegentlich tat.
    »Was ist los, kleiner Mann?«, fragte Annika.
    »Ich muss an Papa denken«, sagte Kalle.
    Sie nahm ihn auf den Schoß, den großen Jungen, und wiegte ihn, bis Ellen ihren Teller auf die Anrichte gestellt hatte. Dann machte Kalle sich los, um ins Kinderzimmer zu gehen und einen Film zu gucken – ein unbestreitbarer Luxus an einem Freitagnachmittag, ungeachtet der Umstände.
    »Hast du Zeit gehabt, mal einen Blick in die Zeitungen zu werfen?«, fragte Berit und spülte den Fischtopf unter heißem Wasser ab.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will«, sagte Annika.
    »Ich habe über die Frau an der Kita in Axelsberg geschrieben. Hab gestern Abend einen redseligen Ermittler zu fassen bekommen.«
    »Haben sie inzwischen den Vater festgenommen?«
    »Scheint so, als hätte er ein Alibi. Er arbeitet bei einem Fuhrunternehmen mit Stempeluhr. Er war den ganzen Vormittag in Upplands-Väsby unterwegs.«
    »Sagt er«, sagte Annika.
    »Seine Angaben werden durch sein Handy bestätigt.«
    Annika hob die Arme, vom Spüllappen spritzte Wasser aufs Küchenfenster.
    »Jetzt mal ehrlich! Es ist ja wohl nicht besonders schwierig, sein Handy in das Auto von irgendjemand anderem zu legen. Auch nicht, dafür zu sorgen, dass das Handy keine Signale an den Netzbetreiber funkt, während man seine Exfrau ersticht.«
    Berit füllte den Wasserkocher.
    »Das sind Verschwörungstheorien.«
    »Gar nicht«, sagte Annika. »Diebe und Mörder sind normalerweise ziemlich verrückt, aber wenn du losfährst, um jemanden umzubringen, würdest du dann in dieser Zeit nicht auch dein Handy ausschalten?«
    Berit verharrte bewegungslos, den Löffel voll Pulverkaffee in der Hand.
    »Da sagst du was«, sagte sie.
    Annika stellte den Kindern auf deren Fernseher »Findet Nemo« an (sie hatten ein fast neues, dickes Fernsehgerät, das Thomas abscheulich fand. Bei ihrer Rückkehr aus den USA hatte er einen Flachbildfernseher gekauft, und das dicke Monstrum war ins Kinderzimmer gewandert) und ging zurück in die Küche, hinter sich die hüpfende Schreibtischlampe von Pixar.
    »Schyman hat mir einen Vorschlag gemacht«, sagte sie, ließ sich am Küchentisch nieder und zog ihren Kaffeebecher zu sich heran. »Die

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