Anonym - Briefe der Lust
manchmal eng aneinandergeschmiegt in dem Bett gelegen, in dem wir auch gemeinsam schliefen. Im Dunkeln. Das waren die Zeiten, zu denen wir am meisten redeten, nachdem wir das mit dem Ficken erledigt hatten.
Jetzt wollte ich nicht mit Austin reden. Nachdem mein Körper befriedigt war, wollte mein Kopf die Gefühle unterdrücken, die er immer in mir auslöste. Ich stieß ihn gegen die Brust, und er ließ mich los.
Bevor er noch etwas sagen konnte, ging ich ins Bad. Ich drehte die Dusche auf und stellte mich darunter, ohne darauf zu warten, dass das Wasser warm wurde. Austin kam nicht ins Bad, bevor die Dampfschwaden es vernebelt hatten. Ich hörte ihn die Toilette benutzen, dann lief das Wasser am Waschbecken. Anschließend füllte er mein Zahnputzglas und setzte es einen Moment später wieder ab. Ich wartete darauf, dass er den Vorhang öffnete und zu mir hereinkam, aber obwohl ich darauf vorbereitet war, ihn wegzuschicken, verließ Austin das Bad wieder.
Als ich in ein Handtuch gehüllt wieder herauskam, war er angezogen und saß an dem kleinen Schreibtisch in der Ecke. Er war zu groß für meinen Stuhl und für meinen Schreibtisch, ein weiteres altes Möbelstück, das ich von meiner Großmutter geerbt hatte. Er war zu groß für mich.
Er hob den Kopf und ich sah, dass er nicht einfach nur dort saß. Er hielt mein Handy aufgeklappt in der Hand. Ich hatte es nicht klingeln hören.
„Was machst du da?“
Langsam klappte Austin mein Telefon wieder zu und legte es auf den Schreibtisch. Er stand auf. Auch für mein Zimmer war er zu groß.
Ich wünschte mir, ich hätte mir die Zeit genommen, meinen Bademantel anzuziehen. Ein Handtuch schien mir nicht der richtige Schutz vor seinen Blicken zu sein. Ich griff nach meinem Nachthemd, aber es hatte sich verheddert, als ich es auf den Fußboden geworfen hatte, und ich konnte es mir nicht einfach rasch über den Kopf ziehen.
„Du hast eine Nachricht bekommen“, berichtete Austin. „Während du unter der Dusche warst.“
„Wann habe ich dir erlaubt, meine Nachrichten abzuhören?“ Ich zerrte an dem Baumwollstoff herum und warf ihn mir schließlich über den Kopf. Während mein Gesicht darunter verborgen war, schloss ich die Augen und wünschte mir inständig, wenn ich sie wieder öffnete, würde ich entdecken, dass das alles hier ein unangenehmer Traum war.
„Eine SMS“, erklärte er.
Ich zog das Nachthemd auf meine Schultern hinunter und starrte ihn wütend an. „Wann habe ich dir erlaubt, meine SMS zu lesen?“
Aufgebracht marschierte ich zum Schreibtisch und griff nach meinem Handy, sah aber nicht nach, wer mir eine Nachricht geschickt hatte. Ich presste das Telefon gegen meine Brust und spürte durch die Baumwolle die Kühle des Metalls. Austin rührte sich nicht.
„Nun?“, forderte ich ihn auf, zu antworten. „Verdammt noch mal, Austin! Wer, zum Teufel, glaubst du, dass du bist?“
„Offensichtlich ein Niemand“, erwiderte er.
Ich hatte Wut erwartet oder Beschuldigungen. Eine SMS von Kira oder meiner Mutter hätte ihn nicht gestört. Sie musste von Eric sein, obwohl ich ihm nicht befohlen hatte, mir irgendetwas mitzuteilen.
„Ich muss dich fragen, was ich tun und was ich lassen darf, Paige. Ist es das, was du willst?“ Er deutete auf das Handy, aber da ich nicht wusste, was in der SMS stand, konnte ich ihm keine Antwort geben.
Ich weigerte mich, ihn anzusehen. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“
Austin schüttelte den Kopf. „Erst will ich eine Antwort. Ich denke, ich verdiene eine Antwort.“
„Ich schulde dir … nichts.“ Beim letzten Wort brach meine Stimme, und ich schloss meinen Mund, weil ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt einen weiteren Ton herausbringen könnte.
„Ist es das, was du willst?“, fragte er wieder, dieses Mal leiser.
Zu meinem Entsetzen sah ich, dass er nicht wütend war. Austin war den Tränen nahe. Ich hatte ihn niemals weinen sehen, nicht einmal als der Hund, den er schon als kleines Kind gehabt hatte, gestorben war. Ich hatte zugesehen, wie er diesen Hund begrub, ohne eine Träne zu vergießen. Doch nun … nun weinte er fast.
Das hatte ich ihm angetan.
Ich musste ihm nicht den Hintern mit einem Gürtel versohlen, um ihm wehzutun.
Ich kam mir vor wie das biestigste aller Biester.
„Ist es das, was dir gefällt? Was du brauchst?“ Er schaute hilflos zum Kopfteil meines Bettes hinüber, wo seine Hände keine Spuren hinterlassen hatten. Ich sah ebenfalls dorthin. Wir brauchten keine Kratzer
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