Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
monatliche Botox-Injektion.
»Also«, sagt er und schluckt. »Was kann ich für Sie tun, Andy?«
»Ich hatte gehofft, wir könnten uns mal unterhalten«, sage ich.
Er gibt ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus Husten und nervösem Lachen klingt.
»Sicher«, sagt er, langt über den Tisch und greift nach einer Visitenkarte. »Rufen Sie morgen an, um mit Irene einen …«
»Ich hatte gehofft, wir könnten uns jetzt unterhalten.«
Ted hockt mit ausgestreckter Hand da; die Visitenkarte, die er mir hinhält, zittert zwischen seinen Fingern. Er grinst so heftig, dass ich beinahe seine Kronen knacken hören kann.
»Das ist … meine Praxis hat geschlossen«, sagt er. »Vielleicht können Sie nochmal …«
»Es dauert nur ein paar Minuten.«
Ted wirft einen Blick auf die Uhr; vielleicht hofft er, dass, wenn er sie nur lange genug anstarrt, die paar Minuten um sind und ich einfach gehe.
Zweiundzwanzig … dreiundzwanzig … vierundzwanzig …
Er schluckt hörbar.
»Gibt’s ein Problem?«, frage ich.
Ted dreht sich wieder um und sieht mich an, dann wandert sein Blick an mir vorbei, zur offenen Tür, die ins Vorzimmer führt. Ich kann keine Gedanken lesen, aber ich schätze, er fragt sich gerade, ob er es von seinem Schreibtisch zur Tür schafft, bevor ich ihn erwische.
»Nein«, sagt er und steht auf. »Kein Problem.«
»Schön«, sage ich, gehe hinüber und schließe die Tür.
Ted, der sich zur Hälfte aus seinem Stuhl erhoben hat, erstarrt mitten in der Bewegung. »Was machen Sie da?«
»Ich sorge nur dafür, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gewahrt bleibt«, sage ich. »Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist Ihnen doch wichtig, oder?«
Ted sagt keinen Ton. Sondern verharrt in seiner Position. Um seine Lippen zuckt es.
Ich habe darauf geachtet, dass die Paparazzi mir auf dem Weg zu Ted nicht gefolgt sind. Und soweit ich es mitbekommen habe, hat niemand gesehen, wie ich das Gebäude betreten habe.
Sicher, es ist riskant, sich einen Atmer mit Bürojob zu schnappen, anstatt einen saftigen Obdachlosen aufzugabeln, aber man kann nie ganz sicher sein, was man auf der Straße so in die Hände kriegt - Leberzirrhose, Drogensucht, Geschwüre, Atemwegserkrankungen. Bei Ted weiß ich wenigstens, dass ich jemanden erwische, der auf sich geachtet hat, auch wenn sein Körper ein wenig künstlich konserviert ist.
Außerdem spüre ich diese Begierde in mir, dieses animalische Verlangen und Bedürfnis nach Rache, das ich einfach nicht mehr ignorieren kann.
Während ich auf ihn zutrete, starrt Ted mich mit diesem irren Blitzen in den Augen an, das nur ein Raubtier zu schätzen weiß. Hektisch wandert sein Blick von mir zum Telefon, von dort zur Tür und weiter zum Fenster, in dem Wissen, dass er kaum eine Chance hat zu entkommen. Trotzdem muss er es versuchen.
Kurz bevor ich die andere Seite seines Tisches erreiche, rennt Ted los.
All diese Geschichten und Filme über Zombies, in denen die Untoten als sich langsam dahinschleppende Jäger dargestellt werden?
Also wirklich.
Wir sind schnell. Und hartnäckig.
Bevor sich Ted mehr als zwei Schritte von seinem Stuhl entfernt hat, bin ich über den Tisch gesprungen und werfe ihn zu Boden - die Knie gegen seine Arme gepresst und die Hände um seinen Hals. Er öffnet den Mund, um zu schreien, doch ich habe ihm bereits die Luftröhre zerquetscht.
Dank des frischen Menschenfleischs auf meinem Speiseplan verfüge ich über fast übernatürliche Kräfte. Ich bin zwar nicht fähig, einen Lebenden buchstäblich in Stücke zu reißen, aber ich habe das Gefühl, dass nicht viel dazu fehlt.
Ich schätze, so fühlt man sich, wenn man Steroide genommen und mit etwas Angel Dust runtergespült hat.
Als ich meine Eltern getötet habe, habe ich das im Alkoholrausch getan, so dass ich mich praktisch an nichts erinnern kann. Ich schätze, dafür bin ich ziemlich dankbar. Die Vorstellung, dass es mir genauso viel Spaß gemacht hat, sie zu töten wie Ted, gefällt mir nicht. Na ja, bei meinem Vater hätte es mir vielleicht nicht allzu viel ausgemacht.
Vergeblich schlägt Ted mit Armen und Beinen um sich. Am liebsten würde ich nach ihm schnappen, sein Fleisch in meinem Mund spüren - dieses Aroma, betörend und verschwenderisch, die Speise der Götter. Die Versuchung ist so stark, dass ich buchstäblich spüren kann, wie ein Gefühl der Unbesiegbarkeit durch meine Adern strömt und meinen Rachen hinunterrinnt, doch ich möchte hier
Weitere Kostenlose Bücher