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Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S G Browne
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strengen Körpergeruch. Und in letzter Zeit verbreite ich nicht gerade einen natürlichen Duft. Doch das scheint Rita nicht zu stören. Stattdessen drückt sie mich so fest an sich, dass ich verlegen werde und rasch versuche, an etwas anderes zu denken, indem ich Haikus dichte. Aber keins davon geht auf. Jedes Mal komme ich auf die falsche Silbenzahl.
Schließlich fällt mir doch noch eins ein, das ich »Rezept für Untote« nenne:
    Fleisch neu beleben
Herz in Verwesung köcheln
Formaldehyd rein
    Als wir fertig sind, überreicht Helen jedem von uns zu Halloween eine Tüte mit Süßigkeiten, erinnert uns daran, zum Treffen nächsten Monat einen Überlebenden mitzubringen, und belegt uns gemäß ihrer Rolle als gute Fee mit einem Zauberspruch. Dann wird sie von ihrer Schwester heimgefahren, während der Rest der Gruppe im Regen nach Hause trottet.
    Als ich noch lebte, habe ich Regen nie besonders gemocht. Ich bin bei diesem Wetter nicht gerne Auto gefahren, und ich habe es gehasst, nass zu werden. So ähnlich wie eine Katze. Oder die böse Hexe des Westens. Doch jetzt bietet der Regen einen Schutz, für den nicht mal ein gewaltiges Polizeiaufgebot sorgen könnte. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Atmer nur selten körperliche Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen, um den Untoten Schmerzen zuzufügen. Und an einem verregneten Halloween halten sie sich wahrscheinlich eher auf einer Party oder in einer Bar auf, statt Jagd auf ein Playboy Bunny, den Teufel und Frankensteins Monster zu machen.
    Zumindest will man das glauben.
    »Hey«, sagt Jerry, nachdem wir uns von Naomi und Tom verabschiedet haben und durch Seitenstraßen nach Hause schlurfen, um dem Verkehr aus dem Weg zu gehen. »Hat einer von euch beiden jemanden, den er nächsten Monat zum Treffen mitbringt?«

    »Nein«, sagt Rita und rückt ihre Bunny-Ohren zurecht.
    Ich schüttle den Kopf und grunze.
    »Sollen wir versuchen, heute Nacht jemanden aufzutreiben?«, fragt er.
    »Klar«, sagt Rita, während sie sich die Lippen nachzieht. »Warum nicht?«
    Jerry legt einen Arm um mich. »Und was ist mit dir, Andy, alter Kumpel?«
    Nach dem Überfall auf Walter sollte ich lieber auf Nummer sicher gehen und nach Hause trotten. Doch wenn ich das tue, gebe ich klein bei. Außerdem könnte ich mich gar nicht allein auf die Suche machen, und abgesehen von Halloween, Halloween II und Halloween III kommt heute sowieso kaum was im Fernsehen, also signalisiere ich Jerry, dass ich einverstanden bin. In meinem Fall einfach mit einem emporgereckten Daumen.
    Es herrscht kaum Verkehr, und hat man Soquel Village erst mal hinter sich gelassen, sieht man keine Geschäfte mehr; doch trotz des Regens und unserer Kostüme müssen wir weiterhin vorsichtig sein, also halten wir uns im Schatten und gehen in Deckung, sobald ein Auto vorbeifährt.
    Offensichtlich hat Jerry seinen Spaß daran, im Schatten abzutauchen, um sich vor den Atmern zu verstecken. Er macht eine Art Spiel daraus. Selbst wenn gar kein Wagen in der Nähe ist, kauert er sich hinter Mülleimer, Bäume oder Telefonmasten und huscht von einem zum nächsten, bevor er sich gegen eine Mauer oder einen Zaun presst, um hinter eine Hecke zu hechten. Er wirkt wie ein Dämon mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.
    Am ehesten trifft man Zombies nachts auf dem Friedhof an, und der nächste Treffpunkt dieser Art ist der Soquel
Cemetery, etwa anderthalb Kilometer die Old San Jose Road rauf. Dort liegt Rachel begraben. Früher habe ich ihr Grab mehrmals in der Woche besucht, doch nun bin ich schon eine ganze Weile nicht mehr dort gewesen. Seit fast zwei Wochen. Eigentlich sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, doch aus irgendeinem Grund habe ich das nicht. Vielleicht ist das der normale Verlauf des Trauerprozesses. Vielleicht lerne ich langsam mit meinem Zustand als Untoter zurechtzukommen und vorwärts zu schauen. Oder aber ich bin durch einen gewissen dreiundzwanzigjährigen Zombie abgelenkt.
    »Hey, Andy«, sagt Rita und drosselt das Tempo, damit ich Schritt halten kann, während Jerry vor uns im Regen von einer Straßenseite zu anderen rennt. »Hast du dir mal Gedanken über Gott gemacht?«
    Es ist das erste Mal in den drei Wochen, die wir uns kennen, dass Rita mir eine direkte Frage stellt. Selbst wenn ich reden könnte, würde ich mich bei dem Versuch zu antworten wahrscheinlich verhaspeln.
    Stattdessen schüttle ich einfach den Kopf. Bevor ich von den Toten zurückgekehrt bin, war ich ein gemäßigter Atheist, also kann ich Gott

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