Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
ruft jemand aus einem vorüberfahrenden Ford Mustang, gefolgt von einem Reuben Sandwich aus Erik’s Deli, das mir mit seiner Füllung aus Sauerkraut und Corned Beef um die Ohren fliegt. Als Zugabe werde ich von einer Schale Texas Jailhouse Chili im Schritt getroffen.
Beim nächsten Mal werde ich vorher nicht zu Mittag essen.
Angesichts der Auswahl an Nahrungsmitteln, die mich bedecken, frage ich mich, ob die Atmer, die hier vorbeikommen, sich einfach irgendwas Essbares schnappen, das sie zufällig im Wagen finden, oder ob sie rüber zu 7-Eleven, Burger King oder Safeway brausen, um sich mit Wurfgeschossen zu versorgen. Wenn man bedenkt, dass die meisten Lebensmittel, die man nach mir geworfen hat, nicht frisch waren, und dass nicht wenige Fahrzeuge mit neuen Vorräten zurückgekehrt sind, beschleicht mich das Gefühl, dass es sich nicht um eine spontane Aktion handelt.
In gewisser Weise ermutigt es mich, dass sie sich die Mühe machen, meinetwegen eine Extrarunde zu drehen, auch wenn ich befürchte, dass die Botschaft meines Protests
in ihrer Begeisterung für die »Bewirf den Zombie«-Aktion untergeht. Ich hoffe, dass ich zumindest eine gewisse Wirkung erziele. Wie einer dieser Werbespots, die einem, obwohl man sie nicht ausstehen kann, nicht mehr aus dem Kopf gehen.
»Zombies sind Scheiße!«, brüllt ein weiterer Autofahrer und schleudert einen Taco Bell Burrito nach mir, der gegen mein Schild klatscht und daran herunterrutscht.
Ich betrachte den angebissenen Burrito, der zum Teil noch in der Verpackung steckt, während Bohnen und Soße auf den Rasen tropfen. Als ob mich das beeindrucken würde. Vielleicht wenn er einen Gordita Supreme oder einen Enchirito geworfen hätte. Aber einen angebissenen 79-Cent-Burrito? Also wirklich.
Im Moment habe ich keine Angst, von einer Horde Teenager, Verbindungsstudenten oder Rednecks angegriffen zu werden. Tagsüber schrecken die Atmer in der Regel davor zurück, offen Gewalt gegen Zombies auszuüben. Meistens zeigt sich der Mob erst nach Sonnenuntergang, ermutigt durch den Alkohol und die Dunkelheit. So sind die Atmer eben. Sie haben keine Lust, den hässlichen Seiten ihrer Natur bei grellem Sonnenlicht ins Auge zu sehen. Sie frönen ihnen lieber nach Einbruch der Dunkelheit, wenn man sie schwerer erkennen und leichter ignorieren kann.
Nein, an einem Montagnachmittag muss ich mir keine großen Gedanken um meine körperliche Unversehrtheit machen. Man wird mich weder zerstückeln noch in Brand stecken. So ziemlich das Einzige, was ich zu befürchten habe, sind Lebensmittelgeschosse und beißende Kommentare. Natürlich wird irgendein Atmer mich schließlich anschwärzen und über Handy die Animal Control benachrichtigen.
Als ich die Sirenen höre, denke ich mir zunächst nichts dabei. Das Dominican Hospital liegt nicht mal anderthalb Kilometer von hier entfernt, daher fahren hier jeden Tag Krankenwagen und Rettungsfahrzeuge vorbei. Doch als die Sirenen lauter werden, und die Blaulichter um die Kurve biegen und die Krähen flatternd ihr Abendessen im Stich lassen, wird mir klar, dass ich der Notfall bin.
Ich versuche nicht mal abzuhauen. Wozu auch? Als ob ich irgendjemandem davonlaufen könnte. Das würde alles nur noch schlimmer machen. Also stelle ich mein Schild ab, zupfte einen Streifen Sauerkraut aus meinem Haar und wanke Richtung Sirene, um meine Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Wenn ich mich schon in einem Anti-Zombie-Geschirr abführen lasse, dann mit Würde.
Kurz bevor der Transporter der Animal Control mit quietschenden Reifen vor der Leichenhalle zum Stehen kommt, trifft mich ein Fruchtshake an der Brust, zerplatzt und tränkt mein Gesicht und meine Haare mit Saft.
KAPITEL 16
»Warum sind wir hier?«, fragt Helen.
Bevor Helen sich selbst in einen Zombie verwandelt hat, hat sie bereits welche in ihrer privaten Praxis behandelt. Ihre früheren Erfahrungen sind der Hauptgrund dafür, dass sie den Ortsverband der Anonymen Untoten leiten darf.
Obwohl den meisten Ortsverbänden ein Zombie vorsteht, sind wir nicht vollkommen unabhängig. Jedes neue Mitglied muss Helen dem Bezirksamt für Wiederauferstehung melden, und einmal im Monat schaut eine Kontaktperson der Atmer vorbei, um sich zu vergewissern, dass wir auch termingerecht verwesen und uns wie brave kleine Zombies benehmen. Er bleibt jedoch meist nicht lange.
Ich schätze, das liegt am Gestank.
Oder daran, dass Carl ständig an seinen Stichverletzungen herumfummelt.
Wir haben gerade die
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