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Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S G Browne
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Andrew?«
    Ich halte meine Tafel in die Höhe, auf der steht:
    Wie geht es Ihnen heute, Andrew?
    Er ist so berechenbar.
    Ted lacht teilnahmslos. Vielleicht will er mir auch nur seine neuen Zahnkronen zeigen.
    … zwölf … dreizehn … vierzehn …
    »Ich habe gehört, dass Sie neulich ein kleines Abenteuer erlebt haben.«
    Nicht wirklich, schreibe ich.
    »Da haben mir Ihre Eltern aber was anderes erzählt«, sagt er.
    Meine Eltern.
    Nach der fehlgeschlagenen Busfahrt haben mich meine Eltern zwei Tage bei der SPCA gelassen. Aber das hat mir nichts ausgemacht. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter und Angestellten dort behandeln mich besser als die meisten Atmer, und so komme ich wenigstens mal aus meinem Weinkeller raus. Außerdem gibt es dort ein paar feine Hundeleckerlis.

    Ich weiß, dass mein Vater mir eine Lektion erteilen wollte, aber das Einzige, was ich dabei gelernt habe, ist, dass er kein Mitgefühl hat. Ich bin eine Beleidigung für seine Sinne und eine Demütigung für seine Gefühle. Ich bin eine gesellschaftliche und finanzielle Last. Es wäre ihm lieber, wenn ich von Maden zerfressen werde, als dass ich glücklich bin.
    Wenigstens meine Mutter versucht, mich zu verstehen, nachzuempfinden, was ich durchmache, auch wenn sie mich jedes Mal mit Lufterfrischer vollsprüht und dicke Latexhandschuhe trägt, bevor sie mich berührt.
    Jetzt gerade hockt sie draußen im Empfangsbereich; vermutlich liest sie das Sunset -Magazin und summt vor sich hin, während mein Vater zu Hause wahrscheinlich mit einem Benzinkanister und einem Schweißbrenner auf mich wartet.
    »Als Sie den Bus bestiegen haben«, sagt Ted, »hatten Sie da ein bestimmtes Ziel?«
    Ich habe meinen Eltern nicht erzählt, dass ich auf dem Weg zu Annie war, denn das hätte bloß noch mehr Probleme heraufbeschworen. Hätte Annies Onkel und ihre Tante womöglich darin bestärkt, sie aus dem Staat zu schaffen. Darum werde ich Ted nicht davon erzählen. Natürlich gibt es die Schweigepflicht, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht für Zombies gilt. Für Ted macht es vermutlich keinen Unterschied, ob er meinen Eltern erzählt, wo ich hinfahren wollte, oder ob er sich ein Peeling verpassen lässt.
    Ich wollte mich einfach nur normal fühlen, schreibe ich.
    »Normal«, sagt Ted und fährt sich mit der Zunge über die Zähne. Ich schaue zur Digitaluhr hoch, auf die roten
Ziffern, die Sekunde um Sekunde voranschreiten, und mir wird klar, dass ich jetzt lieber zu Hause wäre, um mir im Country Music Television Trick My Truck anzuschauen.
    Ich wische die Tafel ab und schreibe:
    Was ist los?
    »Was meinen Sie damit, Andrew?«, sagt er und setzt ein gezwungenes Lächeln auf, strahlt mich mit seinen gebleichten Zähnen an.
    Ich glaube, er weiß, was ich meine.
    Warum sind wir hier?
    »Meinen Sie das in einem emotionalen, spirituellen oder existenziellen Sinn?«
    Was soll das heißen?
    Nichts. Nur Schweigen. Ich glaube nicht, dass er weiß, wovon er redet.
    Was tun Sie hier?
    »Ich versuche Ihnen zu helfen, Andrew.«
    Wie soll mir das helfen?
    »Das weiß ich nicht«, sagt Ted. »Diese Frage können nur Sie selbst beantworten.«
    Es hilft mir nicht.
    Keine Reaktion. Nur das Zischen des Lufterfrischers.
    Irgendwann kommt im Dasein eines Zombies der Punkt, an dem er merkt, dass er sich auf die alten Verhaltensweisen nicht mehr verlassen kann.
    Die alten Gewohnheiten.
    Die alten Freunde.
    Die alten Erwartungen.
    Statt dir Trost und Nähe zu spenden, erzeugen sie Probleme und Abhängigkeiten, die dich daran hindern, dich weiterzuentwickeln und dich selbst zu erkunden. Sie bremsen
dich. Halten dich davon ab, deine Möglichkeiten auszuschöpfen. Und früher oder später musst du dich von ihnen verabschieden.
    … siebenundfünfzig … achtundfünfzig … neunundfünfzig …
    Ich glaube, wir sind fertig.

KAPITEL 28
    Angesichts der »beherzten Rebellion «, die ich neulich an den Tag gelegt habe, wie sie es ausdrückt, und des exponentiell wachsenden Unmuts meines Vaters kam meine Mutter auf die Idee, unsere Probleme und Differenzen beizulegen, indem wir, die ganze Familie, Thanksgiving feiern.
    »Ganz wie in alten Zeiten«, hat sie gesagt.
    Wir hocken also zu dritt am Esszimmertisch, und es herrscht eine erdrückende, unangenehme Stille. Mein Vater schaufelt Cranberry-Soße und Truthahn in sich hinein und weigert sich, etwas zu sagen oder einem von uns beiden in die Augen zu sehen. Nachdem er Mom aufgefordert hat, den Mund zu halten, hat sie es aufgegeben, eine

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