Anruf aus Nizza
später kam Irene wieder in die Bibliothek.
»Leider können Sie heute nicht mehr fliegen, Herr Doktor« , sagte sie. »Aber morgen früh um neun Uhr fünfzig mit einer Caravelle nach Rom, und von dort mit einer DC 7 weiter nach Neapel, wo Sie um sechzehn Uhr fünfunddreißig eintreffen.«
»Morgen erst?« fragte Robert enttäuscht. Es schien ihm unmöglich, untätig hierzubleiben. Vielleicht brauchte Monika ärztliche Hilfe.
Er sah in die blauen Augen.
»Vielen Dank«, murmelte er. »Recht herzlichen Dank, Sie wären eine großartige Sekretärin.«
»Herr Doktor«, sagte Irene und gab sich Mühe, bescheiden und sachlich zu wirken. »Herr Doktor, nun ändert sich ja wohl alles. Ich bin wirklich froh, daß Ihre Frau lebt, und ich hoffe nichts so sehr, als daß sie gesund sein möge. Aber... ich denke, daß damit mein Aufenthalt hier überflüssig sein wird. Würden Sie mich bitte morgen, wenn Sie zum Flugplatz fahren, wieder mit in die Stadt nehmen?«
Es fiel Robert schwer, sich auf das zu konzentrieren, was sie gesagt hatte. Aber dann überlegte er ihre Worte.
Nicht nur Frauen besitzen Instinkt, und nicht nur Frauen handeln manchmal aus dem Unterbewußtsein heraus.
Robert fühlte, er konnte Monika nichts von diesem Mädchen sagen, es mußte auf sie wie ein Schock wirken: also so rasch hast du dich mit meinem Tode abgefunden! So leicht ist es dir gefallen, einen Ersatz für mich zu finden...
»Ja, ja, natürlich«, sagte er verwirrt. »Es ändert sich alles. Ich werde... wir werden eine andere Möglichkeit für Sie finden.« Zu dumm, aber er fühlte sich doch auch für dieses Mädchen verantwortlich.
Irene fühlte ihre Hände kalt werden. Dieser Dummkopf, dachte sie, er geht tatsächlich auf meinen Vorschlag ein, er ist imstande, mich wieder vor die Tür zu setzen.
Da aber geschah das Unerwartete.
Frau Berckheim sagte: »Aber Robert, du weißt doch noch gar nicht, in welchem Zustand sich Monika befindet. Wir wollen ja das Beste hoffen, aber wie dem auch sei, Ruhe wird sie brauchen. Ich wäre sehr dafür, daß Irene hier bleibt. Wir haben Platz genug, und ich kann mir vorstellen, daß auch Monika recht froh sein wird, wenn ihr vorerst jemand die Kinder abnimmt.«
Fast hätte ihr Irene ein triumphierendes Lächeln gezeigt. Sie begnügte sich damit, hilflos mit den Schultern zu zucken.
Und Robert war seiner Mutter dankbar. Es war ihm, als hätte sie damit die Verantwortung übernommen und sicherlich würde Monika tatsächlich um die Hilfe froh sein.
»Ja«, sagte er erleichtert. »Ja, natürlich hast du recht, Mama. Wie kurzsichtig von mir. Selbstverständlich bleiben Sie da, das ist die einzige vernünftige Idee. Ich bin... ich bin nur so durchgedreht. Wann sagten Sie, kann ich fliegen?«
»Morgen vormittag um neun Uhr fünfzig.«
»Gut, dann werde ich jetzt die Klinik anrufen und alles für meine Abwesenheit vorbereiten. Ich weiß ja nicht, wann wir zurückkommen.«
Er war nun wieder klar und sachlich, er hatte wieder eine Aufgabe, brauchte nicht tatenlos zu warten.
Irene beschloß, die nächsten Tage gründlich zu nützen. Sie mußte sich bei den Kindern beliebt machen, bei diesem alten Hausdrachen Therese auch, und erst recht bei ihrer Fürsprecherin, der alten Frau Berckheim. Und dann mußte sie soviel wie möglich über die Ehe Berckheims erfahren.
Sie verabschiedete sich von Robert und seiner Mutter.
»Ich werde mich jetzt mal um die Kinder kümmern, dazu bin ich ja schließlich da. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Herr Doktor?«
»Nein, vielen Dank, im Augenblick nicht.«
Als sie gegangen war, sagte Frau Berckheim zu ihrem Sohn:
»Dieses Mädchen ist ein Segen im Haus. Ich glaube, daß es für Monika und für dich recht gut ist, wenn ihr künftig etwas mehr Zeit für einander haben werdet.«
*
Robert hatte die ganze Zeit über mit der Klinik telefoniert, seine Anweisungen zu jedem schwierigen Fall gegeben, und zwischendurch immer wieder eingehängt und gewartet, ob womöglich das ersehnte Ferngespräch kommen würde. Endlich war es dann soweit, es meldete sich wieder dieser Herr Torrini, aber gleich darauf hörte Robert Monika sprechen.
Sie war ruhiger und sie konnte ihn davon überzeugen, daß ihr nichts fehlte, daß sie sich den Umständen entsprechend wohl fühle. Auch sie hatte sich, mit Giulios Hilfe, nach den besten Flugverbindungen erkundigt, und sie konnten es beide kaum fassen, daß sie sich schon morgen nachmittag in Neapel treffen würden. Monika sollte vormittags
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