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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Uhr.
    Noch fünfzehn Stunden. Nur noch fünfzehn Stunden...
    Sie schloß die Augen und stellte sich den Augenblick vor, wo Robert aus dem Flugzeug stieg und sie in seine Arme nahm.

    *

    Gegen elf Uhr war die Besprechung im Konferenzraum der Motorenwerke beendet. Der Weg des Werbefeldzugs für das neue Automodell war besprochen, die fünf Herren erhoben sich aus ihren Ledersesseln.
    Wolfgang Rothe packte seine Entwürfe ein.
    »Kommen Sie noch auf einen Schluck in mein Büro, Herr Rothe«, sagte der technische Direktor. Wolfgang folgte ihm durch die langen Korridore des Verwaltungsgebäudes, in dem es ruhig war wie in einer Klinik.
    Als sie in dem holzgetäfelten Büro Platz genommen hatten, kam die Sekretärin herein und legte dem Direktor eine Zeitung auf den Schreibtisch.
    »Tolle Sache, Herr Direktor«, sagte sie. »Nun scheint doch jemand von der YPSILON gerettet worden zu sein.
    Der Direktor fuhr auf.
    »Kollrath?«
    Die Sekretärin schüttelte vorsichtig ihren wohlfrisierten Kopf. »Nein, leider nicht. Eine Dame. Da ist ein Bild von ihr.«
    Wolfgang gab sich Mühe, unbeteiligt zu erscheinen. Er sah, wie der Direktor den Artikel las, sich mittendrin an ihn wandte und »Entschuldigen Sie, aber das interessiert mich brennend« sagte, und weiterlas.
    Es interessierte auch Wolfgang brennend, sicherlich noch brennender, als den Direktor.
    Der legte schließlich die Zeitung aus der Hand, direkt vor Wolfgang auf den Tisch.
    »Haben Sie das verfolgt, Herr Rothe? Die Sache mit der Jacht? Unglaublich, was? Kollrath — Sie wissen doch, der die Kolbenringe für uns herstellt — , der war dabei. Mit dreiundzwanzig Menschen. Und jetzt — lesen Sie mal, da steht es — jetzt taucht da plötzlich eine Frau auf. Die hat’s überlebt. Einfach toll, tagelang im Wasser getrieben, ein Fischer hat sie rausgezogen.«
    Der Direktor zündete sich eine Zigarre an, ging paffend auf und ab, während Wolfgang las.
    »Man müßte diese Frau mal fragen, ob sie was von Kollrath... aber was soll’s? Tot ist tot, nicht? Was wird sie schon von ihm wissen?«
    Wolfgang faltete die Zeitung zusammen. Es hatte also wirklich geklappt. Nun glaubte alle Welt, Monika sei auf der YPSILON gewesen, hier stand es schwarz auf weiß. Und ihr Mann würde es auch glauben. Und sie würden sich versöhnen, und er, Wolfgang Rothe, hatte sie für immer verloren.
    Er hatte es plötzlich eilig.
    »Na, trinken Sie doch noch einen, Rothe. Ihre Entwürfe, also ich muß schon sagen, einfach Zucker.«
    »Danke«, sagte Wolfgang und stand auf. »Ich habe noch einen dringenden Termin vor dem Essen. Auf Wiedersehen.«
    Er fuhr nach Hause und wußte eigentlich nicht recht, was er nun tun sollte. Bisher hatte er immer noch, sich selbst kaum eingestanden, den heimlichen Wunsch gehabt, Monikas Plan möge fehlschlagen, und das Mißlingen solle sie dazu zwingen, zu ihm zurückzukehren, seine Frau zu werden.
    Er verließ seine Wohnung und fuhr zur Klinik.
    Ich muß mich noch mal um dieses Mädchen kümmern, dachte er. Sie darf jetzt keinen Strich mehr durch Monikas Rechnung machen.
    Er sprach mit der Oberschwester, erklärte ihr, daß er Irene eigentlich nur sehr flüchtig kenne, daß er ihr aber zufällig in jener Unfallnacht begegnet sei und dann sofort geschäftlich verreisen mußte. Wie es ihr denn jetzt gehe?
    Die Oberschwester nickte.
    »Sehr gut sogar«, sagte sie betont. »Unser Chef hat ihr über den Berg geholfen. Sozusagen ideell und materiell.«
    »Fein«, sagte Wolfgang. »Es freut mich, das zu hören. Dann ist sie wohl wieder zu Hause?«
    »Aber nein! Der Chef hat sie mit hinaus auf seinen Landsitz genommen.«
    Wolfgang glaubte nicht recht zu hören.
    »Sie ist also... draußen in Ried?«
    »Sie kennen den Landsitz von Dr. Berckheim?«
    »N-nein, oder doch, man fährt manchmal dran vorbei, wenn man den Ammersee besucht.«
    »Ach so, ja, da draußen ist nun Fräulein Keltens, und sie wird es gut haben, sie und ihr Kindchen.«
    So, dachte Wolfgang, ein Kindchen auch noch. Ich muß Monika sofort verständigen. Sie würde zu Tode erschrecken, wenn sie diesem Mädchen ohne Vorbereitung plötzlich gegenüberstünde. Himmel, was gab es doch für alberne Zufälle.
    Er fuhr nach Hause, meldete ein Blitzgespräch mit dem Hotel an, in dem laut Zeitungsartikel Monika wohnen sollte.
    Es kam nach drei Minuten, und er hörte, daß Signora Berckheim vor einer halben Stunde mit einem Privatflugzeug die Insel verlassen habe. Wohin? Vermutlich nach Neapel.
    Er telefonierte hierauf

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