Anruf aus Nizza
rief sie. »Ich verstehe immer nur was Ausländisches und irgendwer hat was von der gnä’ Frau gesagt...«
Robert war leichenblaß geworden. Man hatte sie also gefunden.
Er ging hinaus zum Telefon.
*
Thomaso Maza bewohnte das einzelstehende Haus südlich von Muravera, wo ein kleiner Fluß, der vom Monte di Serpeddi herabkam, zwischen den Felsen ins Meer stürzte. Das Haus, eigentlich nur eine Hütte aus getünchten Steinquadern, hatte sich in seiner Abgeschiedenheit von jeglichem Verkehr schon oft bewährt. Hier lagerte der ehemalige Fischer unbekümmert die heiße Ware, die er im südlichen Teil Sardiniens verteilte.
Giulio, Thomaso und der Reporter saßen auf der Steinbank vor der Hütte und tranken mit Monika den Kaffee, den Thomaso gekocht hatte.
»Es wird alles großartig funktionieren«, erklärte Giulio. »Tino hat auch schon Presse verständigt. Kommen heute nachmittag mit Flugzeug von Neapel. Madame nur nicht reden, alles Tino reden lassen, dann kann nix passieren.«
Monika konnte vor innerer Unruhe kaum stillsitzen. Sie hatte nur den einen Wunsch: irgendwo zu sein, wo es ein Telefon gab. Robert anrufen...
Als sie, knapp zwei Stunden später, vor dem Hotel in Cagliari hielten, brach der Sturm über Monika herein.
Sechs Reporter, alle mit Fotoapparaten und teilweise auch mit Tonbandgeräten, wollten gleichzeitig mit Monika sprechen.
»Wann ist die Katastrophe passiert?«
»Wo befanden Sie sich, als die Mine explodierte?«
»Wie lange haben Sie im Wasser getrieben?«
»Wie erklären Sie es sich, daß man Sie von keinem der Hubschrauber aus gesehen hat?«
Tino bewies in diesen gefährlichen Augenblicken sein diplomatisches Talent.
»Meine Herren!« rief er. »Signora Berckheim ist erschöpft, sie ist halb tot vor Aufregung und von den ungeheuerlichen Strapazen. Außerdem-«, er zog triumphierend ein Blatt Papier aus der Tasche und schwenkte es wie eine Fahne über den Köpfen der Reporter, »außerdem habe ich von Signora Berckheim die alleinigen Rechte! Wollen Sie uns bitte Zeit lassen, die Signora möchte sich in ihrem Zimmer hinlegen. In wenigen Minuten stehe ich Ihnen zur Verfügung, die Signora hat mir alles bis ins kleinste Detail berichtet. Ich kann nachher alle Ihre Fragen beantworten.«
Die Verschlüsse der Kameras klickten, Filmkurbeln wurden gedreht, Kassetten gewechselt, alles geschah in fieberhafter Hast. Dann war die Signora Berckheim in ihrem Zimmer verschwunden.
Monika atmete erleichtert auf. Ein dankbarer Blick traf Giulio.
»Ich werde nie vergessen, was Sie für mich getan haben«, sagte sie. »Hier gibt es doch sicherlich Telefon? Können Sie mir eine Verbindung mit meinem Mann verschaffen?«
»Gewiß«, nickte Giulio. »Aber ist besser, noch zu warten. Geben Sie mir bitte Nummer, ich werde erst selbst sprechen, ich werde vorbereiten, sozusagen. Werde ich Herrn Gemahl sagen, Madame ist in zwei Stunden soweit, daß können selber mit Herrn Gemahl telefonieren.«
»Nein, bitte nicht! Lassen Sie mich gleich mit ihm sprechen. Er soll keine Minute länger im Zweifel sein.«
»Wie Madame wünschen«, sagte Giulio und erhob sich.
Monika setzte sich auf ihr Bett und vergrub das Gesicht in den Händen. Mein Gott, dachte sie, mein Gott, wenn nur schon alles vorbei wäre. Wenn mich Robert in die Arme nimmt, ist alles ausgestanden. Dann steht nichts mehr zwischen uns und dann werde ich darüber wachen, daß es so bleibt.
Ihre Tür flog auf. Ein breit gebauter Mann mit rotem Gesicht stand vor ihr.
»Verzeihung, Frau Berckheim, dieser Kerl muß verrückt sein. Faselt dauernd von alleinigen Rechten. Gibt’s bei so was gar nicht. Kann ich«, er zückte einen Kugelschreiber, den Block hielt er schon in der Hand, »kann ich ein paar Fragen an Sie stellen?«
»Wenn... wenn es sein muß«, Monika hoffte sehnlichst, Giulio möge kommen und ihr helfen. Aber Guilio kam nicht.
Der breite Reporter fing an: »Wissen Sie irgend etwas über den Verbleib der anderen Passagiere?«
»Nein«, flüsterte Monika. »Es... es kam alles so plötzlich.«
Der Mann setzte sich und legte seine Beine über die Lehne des Sessels, er schrieb auf den Knien. »Wo war die Explosion? Am Vorschiff? Mittschiffs? Oder Achtern?«
»Ich... ich weiß nicht.« Was hatte ihr Giulio erklärt? »Es muß... es war ein furchtbarer Knall, dann schwankte das ganze Schiff, irgendwo schrie jemand, und dann... dann weiß ich nichts mehr.« Mein Gott, dachte sie wieder, nie mehr in meinem Leben möchte ich so lügen
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