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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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schüttelte das Glas.
    Sie stellte das Glas vor Irene auf die Marmorplatte. Vielleicht, dachte sie, riecht man das Gift, oder man schmeckt es schon beim ersten kleinen Schluck, vielleicht geht noch einmal alles gut... sie wird aufspringen, meinen Plan erkennen, sie wird schreien und toben, die Polizei anrufen, man wird das Glas mit dem Gift...
    Irene griff danach, hob es hoch gegen das Licht.
    »Eine hübsche Farbe«, sagte sie. »Rot wie Blut. Übrigens bin ich froh, daß Sie so vernünftig geworden sind. Ich werde dafür sorgen, daß Robert Ihnen immer genug Geld überweist. Ehrlich gesagt, ich hatte heute noch eine fürchterlich rührselige Szene erwartet.«
    Monika stand wie versteinert, starrte auf das Glas und die Hand, die es hielt.
    »Na denn prost!« sagte Irene und führte das Glas an ihre rotgeschminkten Lippen.
    Monika beugte sich vor, blitzschnell und für Irene völlig unerwartet. Mit einer hastigen Bewegung riß sie Irene das Glas aus der Hand und hielt es krampfhaft umklammert.
    »Nicht!«
    Sie schrie es, aber es war nur ein heiserer, unverständlicher Ton.
    Argwöhnisch und verwundert, aber immer noch ahnungslos schaute Irene in das leichenblasse Gesicht ihrer Rivalin.
    »Was... was soll das...«
    »Gift«, sagte Monika. »Ich wollte...«
    Plötzlich brach sie zusammen, ein Weinkrampf schüttelte sie, Stöhnen und abgerissene Worte....
    »Gift... ich wollte...«
    Allmählich fing Irene an zu begreifen. Im ersten Schrecken starrte sie auf das Glas, aber dann fing ihr Hirn wieder an zu arbeiten, präzise und unerbittlich.
    Besseres hätte sie sich überhaupt nicht wünschen können, nun hatte sich diese Frau selber aus Roberts Leben ausgeschaltet, und zwar völlig...
    Vorsichtig nahm sie das Glas, schloß es im Bücherschrank ein und steckte den Schlüssel in die Tasche ihrer grauen Flanellhosen.
    »Und jetzt?« fragte sie.
    Monika gab keine Antwort.
    »Soll ich jetzt die Polizei rufen?«
    »Ja«, sagte Monika. »Bitte...«
    Irene lachte, hart und böse.
    »Könnte Ihnen so passen. Nichts dergleichen. Sie verschwinden jetzt, augenblicklich, und ich werde Robert anrufen. Ich denke, Sie selber werden keine Lust haben, ihm hier noch mal zu begegnen. Los, verschwinden Sie!«
    Monika stand auf, wankte zur Tür, schlüpfte in ihren Sommermantel und verließ das Haus.
    Irene rief die Klinik an und erfuhr, daß Dr. Berckheim schon vor längerer Zeit fortgefahren sei. Wohin? Das wisse man leider nicht.
    Ärgerlich, dachte Irene, ich hätte ihm eine so schöne Szene vorgespielt, ihn um Hilfe gerufen, ihm das Glas gegeben... zu ärgerlich.
    Sie stieg die Treppe hinauf, besichtigte Monikas Zimmer, suchte den Brief an Robert, fand ihn aber nicht.
    Sie hörte unten im Hof das Auto, schaute hinunter und sah Robert aussteigen.
    Rasch lief sie hinunter, ihm entgegen.
    »Herr Doktor! Herr Doktor! Welches Glück, daß Sie gerade jetzt kommen, es ist etwas Fürchterliches passiert, Ihre Frau wollte mich...«
    Er schaute sie so an, daß sie erschrocken schwieg.
    »Wo ist meine Frau?« fragte er.
    »Ich... ich weiß nicht. Sie wollte mich vergiften! Stellen Sie sich das vor! Gift in meinem Glas, ich habe es gerade noch im letzten Augenblick gemerkt, und dann ist sie davongerannt, geflohen vermutlich. Wir müssen...«
    Auf Roberts Stirn schwollen dicke Adern. Leise, fast tonlos sagte er:
    »Was haben Sie mit meiner Frau gemacht? Was haben Sie getan, Sie Bestie, daß Monika so verzweifelt ist? Wo ist sie?«
    In dieser Sekunde erkannte Irene, wer in Wirklichkeit diese Partie verspielt hatte. Mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht mit dieser Reaktion des Arztes.
    Er packte sie an den Handgelenken.
    »Wo ist sie? Was haben Sie ihr getan?«
    Irene versuchte zu retten, was vielleicht noch zu retten war.
    Mit beleidigtem Ton sagte sie: »Aber Herr Doktor! Ich habe aus Rücksicht auf Sie die Polizei nicht angerufen und...«
    Robert preßte ihre Handgelenke zusammen, daß sie vor Schmerz aufstöhnte.
    »Sie«, keuchte er mit wutverzerrtem Gesicht. »Sie! Nur Ihrem Zustand verdanken Sie es, daß ich Sie nicht schlage! Wann ist meine Frau fort?«
    »Gerade erst«, stammelte Irene. »Vor wenigen Minuten.«
    Er ließ ihre Handgelenke los. Seine Augen funkelten vor Wut.
    »Ich werde sie finden«, sagte er leise. »Und wenn ich mit ihr zurückkomme, und Sie noch hier antreffe, dann gibt es ein Unglück.«
    Er ließ sie stehen und lief zum See hinunter. Er ahnte, wo er Monika finden würde...

    *

    Um den Weg zum Bootshaus und zum Steg

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