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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Wie lange genießen Sie Reichtum und Ansehen? Lange genug, um es jetzt einmal einer anderen zu überlassen. Außerdem haben Sie sich das selber zuzuschreiben. Einen Mann wie Robert betrügt man nicht, dem lügt man nichts vor, und wenn man es tut, muß man bereit sein, die Konsequenzen zu ziehen, und das werden Sie jetzt tun.«
    »Nein, niemals! Eher... eher bringe ich mich um.«
    Irene schlug die Beine übereinander.
    »Bitte«, sagte sie. »Aber es müßte bald geschehen, denn ich möchte nicht mehr allzu lange warten.«
    Monika sprang auf, wollte sich auf Irene stürzen, aber das Mädchen wich ihr geschickt aus.
    »Nicht so«, sagte Irene. »Damit erreichen Sie gar nichts. Und nun überlegen Sie doch mal in Ruhe. Schließlich wäre Wolfgang Rothe doch froh, Sie zu kriegen, oder? Sie hätten also sofort wieder ein Dach überm Kopf. Und ich würde Robert dazu veranlassen, mit Geld nicht kleinlich zu sein.«
    Halb ohnmächtig sank Monika wieder auf einen Stuhl.
    »Was wollen Sie eigentlich? Unser Angebot ist doch fair, oder? Wenn wir alles veröffentlichen, dann müssen Sie Ried ohnedies verlassen, dann ist für Sie genauso alles zu Ende. Eigentlich noch schlimmer, denn dann können Sie nicht einmal mehr die ehrbare Frau spielen. Wenn Sie aber unseren Rat befolgen, wird sich alles in kultivierter und ruhiger Form abspielen.«
    »Wer ist wir?« fragte Monika.
    Irene zog das Armband aus ihrer Handtasche und warf es vor Monika auf den Tisch.
    »Dämmert Ihnen jetzt ein Licht?«
    Monikas Hände griffen danach, ihre Finger drehten es hin und her. »Woher haben Sie das?«
    »Woher wohl? Sie kennen doch Tino, oder?«
    Monika versuchte, in ihre Gedanken Ordnung zu bringen. Von Tino Moreno, dem Reporter? Wie war das nur damals gewesen, auf der CINQUECENTO? Giulio hatte ihre Koffer ins Meer versenkt, mit dem ganzen Schmuck, wie er gesagt hatte. Und da war nun dieses Armband?
    Langsam hob sie den Kopf, schaute Irene an. »Von Giulio?«
    »Was ist schon ein Name? Spielt doch keine Rolle mehr. Wir haben Sie in der Hand. Überlassen Sie mir Ihren Platz, und Sie werden sehen, nach einiger Zeit werden Sie endlich mal wieder gut schlafen können.«
    Gut schlafen, dachte Monika, sie hat recht, sie weiß nicht, wie recht sie hat. Ich habe schon eine Ewigkeit nicht mehr geschlafen, ich möchte nur einmal noch in meinem Leben wieder richtig schlafen...
    Plötzlich aber fuhr sie zusammen.
    »Und die Kinder? Was soll aus den Kindern werden, aus meinen Kindern?«
    Irene zündete sich eine Zigarette an, ehe sie sagte: »Die bleiben natürlich in Ried. Ich mag sie gern, und sie mich auch, das war Ihnen ja, schon von Anfang an ein Dorn im Auge. Wenn es Sie beruhigt, verspreche ich Ihnen, daß ich mein Kind nicht besser behandeln werde als Ihre. Übrigens — nein, bitte nicht wieder eine Szene — , übrigens würden die Kinder im Falle einer Scheidung ohnedies Robert zugesprochen werden.«
    Wortlos wankte Monika zur Tür.

    *

    Was in der nächsten Stunde mit Monika geschah, wußte sie später selber nicht mehr. Jedenfalls kam sie zu sich, weil ihre Hände schmerzten. Krampfhaft hielten ihre Hände das Armband umklammert.
    Sie versuchte, sich Irenes Gesicht vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Sie gab sich Mühe, sich der letzten Worte zu erinnern, sie waren wie fortgeblasen. Sie wußte nur, daß sie fliehen mußte. Daß sie...
    Über den See her kam Wetterleuchten, es würde ein Gewitter geben. Monika warf sich einen Regenmantel über, verließ leise das Haus, setzte sich in ihren Wagen und fuhr los. Nur weg von hier.
    Als die Lichter von Herrsching in Sicht kamen, stoppte sie. Wohin wollte sie eigentlich fahren? Irgendwohin?
    Nein, zu Robert. Sie wollte zu ihm fahren, ihm alles sagen, jede Lüge gestehen. Er wird... nein, er wird mich nicht begreifen, er kann mich nicht begreifen... er würde mir zuhören, unbewegt und selber tödlich getroffen, und dann würde er wortlos auf die Tür deuten... eine Ehebrecherin... kein Recht mehr auf meine Kinder... und Irene... Oh! Irene war ein anständiges Mädchen, das nicht log... jedes Wort würde er ihr glauben... Sie war ja so lieb zu den Kindern... die waren bei ihr in bester Obhut... geh doch zu dem Kerl, bei dem du dich damals aufgehalten hast, als ich dachte, du würdest nicht mehr leben... welch ekelhaftes Theater...
    Was blieb nun noch übrig?
    Von wo aus kann man nachts telefonieren? Nach München... Man kennt mich überall, ich kann nicht in ein Lokal gehen und von dort aus mit Wolfgang

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