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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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Charlotte.«
    »Was?«
    »Bobby Lee«, sagte er. Und er seufzte.
    Ich konnte ihn nur anstarren.
    »Sie ist so… so tüchtig und selbstsicher. Natürlich hat sie keine höhere Erziehung genossen. Ihr System hier ist so ungerecht gegenüber Leuten ohne finanzielle Mittel. Aber sie ist von Haus aus intelligent und verfügt über eine erdhafte Wahrnehmung, wie man das bei Kulturhyänen wie Charlotte nie finden würde.«
    Ich nippte an meinem Kaffee.
    »Und es ist unglaublich, wie sie die Kleinen unterstützt -Bill, Nora und Glenn.«
    »Wen?«
    »Die behinderten Drillinge. Und jetzt auch noch ihre schwachsinnige Mutter. Bobbys Lebensgeschichte ist die Quintessenz des attraktiven Gesichts des Feminismus. Sie ist so draufgängerisch und schnell und stark.«
    »Und phantasievoll.«
    »Und sie hat natürlich einen wunderbaren Körper und diese wunderschönen schokoladenbraunen Augen.«
    »Hat sie?«
    »O ja«, sagte er. »Ich bin ein Poet. Ich bemerke solche Dinge.«
    »Klingt, als hätten Sie sich wieder mal verliebt, Poet.«
    »Albert«, sagte er, »das stimmt.«
    »Und glauben Sie, die Dame erwidert Ihre Gefühle?«
    »Ich glaube«, sagte er und sah mir direkt in die Augen, »daß sie mich nicht mehr für ganz so bescheuert hält wie am Anfang.«
    War das Selbsterkenntnis? Ausnahmsweise war ich mal beeindruckt.
    »Hm«, sagte ich. »Na, dann viel Glück.«
    Norman kam mit meinem Hamburger und dem Chili. Er sagte: »Ist das beides für Sie, Albie, oder kriegt Ihr Freund auch was?«
    Ich erhob mich und sagte: »Norman Tubbs. Quentin Quayle. Ihr zwei solltet euch kennenlernen. Ich glaube, ihr habt viel gemeinsam.«
    Der Poet sagte: »Guten Tag.«
    Norman sagte: »Sie sind nicht zufällig mit S. Quentin Quail von der Bonafide Oil Company verwandt?«
    »Mögen Sie die Marx Brothers?« fragte der Poet.
    »Absolut.«
    »Ich auch.«
    »Moment mal«, sagte ich. »Würde mir wohl jemand mal erklären, was hier läuft?«
    Abschätzig sagte Norman: »S. Quentin Quail ist die Rolle, die Groucho in Go West gespielt hat.« An Poet gewandt, meinte er dann: »Warum kommen Sie nicht rüber an die Theke. Albie ist wahrscheinlich fast soweit, sich das Essen selber schneiden zu können.«
    Und ohne ein weiteres Wort ließen sie mich sitzen - wie vom Donner gerührt und mit offenem Mund.
     
     

59
    Nach dem Essen machte ich einen unbemerkten Abgang durchs Haus in mein Büro. Die neugefundenen verwandten Seelen hätten sich wahrscheinlich ohnehin nicht darum geschert, aber ich wollte keine Risiken eingehen.
    Obwohl ich den Luxus eines vollen Magens genoß, war ich doch nervös, als ich die Tür zu meiner Wohnung aufschloß. Ich ließ sie weit aufschwingen, bevor ich ins Schlafzimmer trat. Aber es war niemand da, und es gab auch keine offensichtlichen Anzeichen für einen noch nicht lange zurückliegenden Besuch.
    Ich kam mir töricht vor, aber ich hatte schließlich auch ein paar höllische Tage hinter mir. Nichts schien mich mehr wirklich überraschen zu können außer einem Mangel an Überraschungen. Die Bemerkung war nicht sinnvoll genug, um poetisch zu sein. Daher stufte ich sie als philosophisch ein.
    Es war nicht mal Post da. Es waren jedoch Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter. Aber bevor ich sie mir anhörte, duschte ich, zog mir frische Kleider an, wurde ein neuer Mensch und brachte es fertig, mehrere Sekunden hintereinander nicht an Bombenleger zu denken.
    *
    Es gab insgesamt fünf Nachrichten.
    Die erste Nachricht des Tages kam von Bobby Lee. Sie bat mich, anzurufen und ihrem Anrufbeantworter zu sagen, er solle sie wecken.
    Die nächsten drei Nachrichten kamen unglaublicherweise von potentiellen neuen Klienten.
    Zu guter Letzt sprach Frank in drängendem Tonfall von der Notwendigkeit weiterer achthundert Dollar.
    Nichts auf dem Anrufbeantworter war wichtiger als mein Besuch bei Miller. Trotzdem zögerte ich. Mir stand noch nicht klar vor Augen, was ich zu Miller sagen wollte.
    Ich entdeckte, daß ich meiner Meinung nach nicht ausgerechnet jetzt zur Polizei eilen sollte. Und der Grund für den Aufschub war das Bild meines kleinen Freundes Krank.
    Es gab weder in philosophischer noch in poetischer Hinsicht eine Rechtfertigung für das, was Kathryn Morgason getan hatte. Aber in einer Welt, die so barbarisch und grausam war wie diese, wo das Leiden, das anderen aus persönlicher Gewinnsucht zugefügt wird, unermeßlich ist, fand ich nicht, daß Kathryn Morgason genug getan hatte, um zu verdienen, daß man den Schlüssel

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