Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
tun haben muss. Aber davon später mehr.
Die Vision der ewigen Wiederkehr führt Nietzsche auf den Höhepunkt seines Schaffens. Wie im Rausch schreibt er 1883 den ersten und zweiten Teil seines literarischen Kunstwerks Also sprach Zarathustra . Zarathustra ist der »Übermensch«, der den Tod Gottes überwunden hat und damit alle teleologische Sinngebung des Lebens. Der Mensch, der jenseits von Sinn und Unsinn zu leben vermag. Damit überwindet er nicht nur Gott, sondern auch das Nichts, das nach dem Tod Gottes zwangsläufig entsteht. Dieser Mensch hat den Mut, sich für die Erde ohne illusionäre Hinterwelten zu entscheiden und begnügt sich mit dem Glück des Daseins.
1888 sieht die Zimmerwirtin Nietzsche nackt tanzen. 1889 umarmt er ein Droschkenpferd, um es vor den Schlägen des Kutschers zu schützen. Nietzsche wird in eine Nervenklinik eingeliefert, zuerst in Basel, dann in Jena. 1890 nimmt Nietzsches Mutter ihr »Fritzchen« in Naumburg auf, um ihn dort zu pflegen. 1897 stirbt die Mutter, Friedrich wird von der Schwester in die Villa Silberblick nach Weimar geschafft, wo er am 25. August 1900 stirbt.
Der große Denker Friedrich Nietzsche ist einer der am häufigsten zitierten und interpretierten Philosophen und Literaten aller Zeiten. Seine Gedanken zündeten wie ein Feuerwerk, er hat gedichtet wie ein Besessener, er hat gelitten wie ein Tier und er führte sich auf wie ein Wahnsinniger. Aber seine Genialität ist keine Ausgeburt des Wahnsinns. Auch wenn das manchmal so hingestellt wird.
Aufgrund einer Syphiliserkrankung litt Nietzsche am Ende seines Lebens an den Folgen einer Hirnhautentzündung. Diese Krankheit hat ihn zeitweilig verwirrt, aber seine gigantischen Denkexperimente waren genial und konsequent. Wahrscheinlich ist für Nietzsche der glückliche Mensch der Mensch, der auch in schweren und schicksalhaften Zeiten sein Leben optimistisch und lebensbejahend führt. In guten Zeiten ist das keine Kunst. Darum zeigt sich erst in schlechten Zeiten, ob ein Mensch glücklich ist oder eben nicht. Doch nicht nur die Situation, in der sich der Mensch gerade befindet, auch Zeit und der Augenblick an sich sind für Nietzsche zentral. Schauen wir uns das genauer an.
Augenblicklich glücklich!
In Also sprach Zarathustra schreibt Friedrich Nietzsche: »O Glück! O Glück! Willst du wohl singen, o meine Seele? Du liegst im Grase. Aber das ist die heimliche feierliche Stunde, wo kein Hirt seine Flöte bläst.« 30
Dies ist ein Augenblick der vollkommenen Stille für Nietzsches Zarathustra. Nichts mehr soll sich bewegen. Es geht nur noch darum, das mittägliche Glück zu genießen. Es ist ein Gefühl der Ruhe, der Schwermut und der Fülle, das der Mittag Zarathustra bringt. Der Mensch findet zu sich selbst, indem er sich ganz auf den großen und lebendigen Organismus der Natur einlässt. In diesem, fast heiligen Moment gibt es keinen Hirt, der seine Flöte bläst. Was so viel heißt wie, dass es nichts und niemanden gibt, der einem sagt, wo’s langgeht, oder gar, was zu tun ist. Dieses Jetzt, dieser Augenblick, ist für Nietzsche kein Augenblick in einer linearen Zeit. Denn diese lineare Zeitvorstellung ist vor allem geprägt durch das Zeitalter der Moderne. In der Moderne, in Zeiten der Industrialisierung geht es vor allem um einen untrüglichen Fortschrittsglauben, um Standards und Normen. Und es war gerade die Zeit, die standardisiert wurde. Als zeitliche Norm, gemäß dem Takt der Maschinen, wurde der Takt des Menschen bestimmt. Damit werden Menschen daran gehindert, ihre Zeit für sich zu haben oder wenigstens, entsprechend eigener Bedürfnisse, einzuteilen. Von diesem modernen Orientierungsprimat der Zeit will Nietzsche den Menschen befreien. Dabei geht es aber nicht nur um die äußere, sondern auch um die innere menschliche Befreiung.
Denn in einer linearen Zeit ist der Mensch ein Gefangener seiner eigenen Tradition. Wie der Vater, so der Sohn. Damit legt die Vergangenheit fest, was die Zukunft bringen soll. Nicht eigene Wünsche stehen im Vordergrund, sondern es geht darum, die Erwartungen der Tradition und der Familie zu erfüllen. Die lineare Vorstellung von Zeit zeigt sich für Nietzsche beim Menschen der platonisch-christlichen Tradition. Denn Menschen der platonisch-christlichen Tradition werten das als gut oder böse, was irgendwann einmal so festgelegt wurde. Ungefragt übernehmen sie Werte und bewerten entsprechend, ohne dies jemals zu hinterfragen. Die dadurch etablierte Moral als
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