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Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Titel: Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Schilling-Frey
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leichter, miteinander Geschäfte zu machen, wenn man sich vertraut. Damit wird mehr investiert, was Wohlstand für alle bedeutet. Vielleicht sind auch Egoismus und Altruismus gar nicht so schwer zu vereinbaren, wie wir glauben: Denn wenn wir vertrauen, handeln wir selbstlos ohne Anspruch auf Gegenleistung. Trotzdem muss sich langfristig eine solche Opferbereitschaft auszahlen.
    Es macht keinen Sinn, Egoismus und Altruismus gegeneinander auszuspielen. Es ist klar, dass wir keine sozialen Gemeinschaften, keine Beziehungen und keine Freundschaften bilden können ohne Empathie und Altruismus. Andererseits benötigen wir auch eine Spur von Eigennutz und Egoismus, um miteinander wetteifern zu können, uns durchzusetzen, etwas zu riskieren, damit Gesellschaften und wir selbst nicht stehen bleiben. Hätten wir nur sanftmütige Gutmenschen um uns herum, würden wir uns wahrscheinlich unheimlich langweilen und uns gegenseitig kräftig auf die Nerven gehen.
    Aber es geht uns meist nicht nur darum, wie wir sind. Ob altruistisch oder egoistisch, sondern auch darum, ob wir etwas daran ändern können oder nicht. Sind böse Menschen von Geburt an einfach böse? Oder können sich Menschen auch ändern? Was ist letztendlich angeboren und was ist anerzogen? Was ist Natur, was ist Kultur?
    Wir gehen wohl davon aus, dass wir, wenn etwas anerzogen ist, wenn es Kultur ist, in gewisser Weise selbst dafür verantwortlich sind und es dann auch ändern können, wogegen wir unser evolutionäres Erbe so akzeptieren müssen, wie es ist. Aber auch das ist infrage zu stellen. Denn ist das Gehirn nicht plastisch? Was müssen wir als gegeben akzeptieren und was können wir ändern? Wie wir Moral und Kultur, Gene und Wissen zusammenbringen können, sehen wir im Folgenden.
    Moralische Gene und kulturelles Wissen
    Der Zoologe und Verhaltensforscher Frans de Waal teilte in einem Experiment Kapuzineräffchen in Zweiergruppen ein. Jeder Affe bekam vom Versuchsleiter eine Spielmarke, die sofort wieder gegen eine Belohnung eingetauscht werden konnte. Für jedes Äffchen bestand ein Durchgang aus 25 Tauschgeschäften, und es sah, was der Partner bei seinem Tausch bekam. In der Regel bekamen die Äffchen ein Stück Gurke für eine Spielmarke. Solange beide Äffchen für eine Spielmarke ein Stück Gurke bekamen, war alles in bester Ordnung.
    Jetzt wurde das Experiment dahingehend verändert, dass einer der beiden Äffchen statt der Gurke Trauben bekam, ohne mehr oder etwas anderes dafür tun zu müssen. Das Äffchen, das sich weiterhin mit Gurken begnügen und dabei zusehen musste, wie sein Kollege für die gleiche Leistung süße Weintrauben bekam, ärgerte sich sichtlich und schleuderte seine Gurke zornig von sich. Offensichtlich fühlte sich das »Gurkenäffchen« gegenüber dem »Weintraubenäffchen« benachteiligt.
    De Waal zeigt mit seinem Experiment, dass Kapuzineraffen so etwas wie einen Sinn für Gerechtigkeit besitzen. Der Verhaltensforscher leitet daraus ab, dass sich durch das Leben in der Gemeinschaft bei Tieren so etwas wie Moral entwickelt hat. Moral stellt damit ein Regelwerk bereit, das dabei hilft, miteinander auskommen und in Gruppen leben zu können. Im Laufe der Evolution hat sich damit der Drang nach Gerechtigkeit entwickelt.
    Dies würde erklären, warum Menschen unterschiedlichster Kulturen bestimmte grundlegende Lebensbereiche moralisch ähnlich bewerten. Der Ethnologe Christoph Antweiler beschreibt, dass es beispielsweise keine Kultur gibt, die Sexualität öffentlich lebt, oder dass es keine Menschen gibt, die kein Heimatgefühl haben.
    Aufgrund der Erkenntnisse, die Forscher wie Frans de Waal bei Versuchen mit Affen oder Menschenaffen gewannen, sprechen wir heute von so etwas wie moralischen Gefühlen auch bei Tieren. Das würde bedeuten, dass Moral nicht ausschließlich eine Sache der menschlichen Vernunft ist, wie es von den meisten abendländischen Philosophen behauptet wurde. Der schottische Philosoph David Hume war einer der wenigen, der schon im 18. Jahrhundert daran zweifelte. Für Hume hatte Moral vor allem etwas mit Gefühl zu tun. Der Einfluss der Gefühle und ihre natürliche Verankerung im Menschen sind für Hume ausschlaggebend für den Prozess des moralischen Urteilens.
    Zu diesen angeborenen natürlichen Fähigkeiten als Grundvoraussetzung von Moralität zählen wir heute: Empathie, Gerechtigkeitssinn und auch so etwas wie Tötungshemmung. Das sogenannte Loren- und Fußgängerbrückendilemma gibt Hinweise auf eine Art

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