Anschlag auf die Achterbahn
fragte Tim
anstelle einer Begrüßung.
Kommissar Glockner musterte das
Vierergespann über seine Lesebrille hinweg. »Ich kenne doch meine Pappenheimer.
Ihr würdet nie tatenlos zusehen, wenn einer eurer Kameraden ohne eigenes Zutun
in Schwierigkeiten geraten ist. Warum sollte es sich im Fall eures Mitschülers
Stefan Rüter anders verhalten?«
»Papi, dann glaubst du also
auch, dass Stefan unschuldig ist?«, freute sich Gaby.
»Nun ja...« Er nahm seine
Brille ab und rieb sich die Nase. »Natürlich sind die Beweise für Stefans
mögliche Täterschaft nicht von der Hand zu weisen. Und dann gibt es da auch ein
mögliches Motiv, weshalb er die Tat begangen haben könnte. Aber mein Instinkt
und meine langjährige Berufserfahrung sagen mir, dass er nicht der Täter ist.«
»Ein Motiv...«, dachte Karl
laut nach. »Was für einen Nutzen könnte denn Stefan daraus ziehen, dass die
Gondel des Breakdancers in die Luft fliegt? Immerhin gehört dieses Fahrgeschäft
doch seinem Vater.«
»Vielleicht keinen Nutzen,
Karl. Aber auch Wut oder Eifersucht können Motive für ein Verbrechen sein. Sieh
mal: Als wir gestern Stefan hier verhörten, räumte er ein, dass er mit seinem
Vater auf Kriegsfuß steht, seit der mit dieser Rita Möller liiert ist. Die kann
er auf den Tod nicht ausstehen«, erklärte Gabys Vater den Stand der Dinge.
»Aber wenn tatsächlich er das
Attentat verübt haben sollte, würde er Ihnen das alles doch nicht so frei von
der Leber weg erzählen. Er würde sich damit doch nur selbst ans Messer liefern,
oder?«, gab Tim zu bedenken. »Er hat übrigens auch uns gegenüber diesbezüglich
kein Blatt vor den Mund genommen und uns gestern noch die ganze Geschichte
erzählt.«
»Außerdem wirkte Stefan gestern
Nachmittag vor dem Attentat ganz ausgeglichen und entspannt«, ergänzte Karl.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so cool wäre, den Ahnungslosen zu
spielen.«
»Karl hat recht. Und ich glaube
auch nicht, dass er mich so seelenruhig in die Gondel hätte steigen lassen,
wenn er gewusst hätte, dass dies mein sicherer Tod gewesen wäre. Nein, so
abgebrüht ist Stefan nicht.« Gabys Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken an
das gestrige Erlebnis. So viel war klar: Stefan war es auf keinen Fall! Aber
wer dann? Ihr schossen die verrücktesten Gedanken durch den Kopf. Hatte es jemand
gar auf sie abgesehen, irgendein Verbrecher vielleicht, der sich an ihrem Vater
rächen wollte? Wie hätte der Attentäter aber dann vorausahnen können, dass sie
mit dem Breakdancer fahren würde? Sie verwarf den Gedanken so schnell, wie er
gekommen war, und schaute ihren Vater Rat suchend an.
Kommissar Glockner stand auf,
ging um den Schreibtisch herum und nahm seine Tochter in den Arm. »Mach dich
nicht verrückt, Gaby. Auch ich glaube nicht an Stefans Schuld«, tröstete er
sie. »Aufgrund seiner Fingerabdrücke, die die Kollegen von der Spurensicherung
bei den Resten des Zündsatzes vorfanden, sahen wir uns nun mal gezwungen, die
Untersuchungshaft anzuordnen.«
»Und nun sitzt er in einer
Zelle, Papi, und büßt für ein Verbrechen, das mit hundertprozentiger Sicherheit
jemand anders begangen hat. Und diese andere Person ist immer noch auf freiem
Fuß. Das ist doch grausam!«, regte sich Gaby über die Ungerechtigkeit auf.
»Na ja, schön ist das natürlich
nicht. Aber ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass euer Freund gut
behandelt wird. Ich bin auch zuversichtlich, dass sein Gastspiel in diesen
heiligen Hallen hier nur von kurzer Dauer sein wird.« Der Kommissar versuchte,
seine Tochter zu beruhigen.
»Aber kriegt er denn auch genug
zu essen?«, hakte Klößchen besorgt nach.
»Mein Gott, Willi!« Kommissar
Glockner musste über Klößchens Frage lachen. »Wo denkst du hin? Selbst du
würdest bei der hiesigen Verköstigung pappsatt werden. Natürlich ist so ein
Gefängnis kein Wellnessklub, aber Stefan ist in jeglicher Hinsicht ausreichend
versorgt. Und es wird ihm an nichts fehlen.«
Bei seinen letzten Worten
begann das Telefon zu klingeln. »Moment mal eben!«, bat er TKKG um Ruhe und hob
ab. Auf sein fragendes »Ja« hin begann eine Männerstimme am anderen Ende der
Leitung wie ein Wasserfall auf Kommissar Glockner einzureden. Der hörte
geduldig zu und gab dabei höchstens ein paar knappe Kommentare wie »Das ist ja
prima!«, »Wann?«, »Herrlich!«, »Fabelhaft!«, »Vielen Dank! Ja, bis später!« von
sich. Dann legte er auf und strahlte seine Gäste zufrieden an: »Ich habe eine
gute
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