Anständig essen
sind bio, das ganze Obst und Gemüse und Brot zum Beispiel. Einige Kekse sind ohne Bio-Zertifikat und haben hebräische Schriftzeichen auf der Packung. Dass sie für Veganer interessant sind, hängt mit den jüdischen Speisegesetzen zusammen. Die Kaschrut verbietet den gleichzeitigen Verzehr von Speisen, die Milchprodukte enthalten, und Speisen, die Fleischprodukte enthalten. Als »parwe« werden Lebensmittel bezeichnet, die weder Fleisch noch Milchprodukte enthalten. Für einen Juden, der ein Glas Wein zu seiner Milchspeise trinken und gleichzeitig die Speisegesetze einhalten will, ist es wichtig zu wissen, ob der Wein womöglich mit Gelatine geklärt worden ist. Und für einen Veganer ist das eben auch wichtig. Die meisten Weine, auch aus den Bio-Läden, sind genau deswegen nämlich nicht vegan. Außer den koscheren Doppeldecker-Keksen kaufe ich auch noch Schokolinsen, zwei Wiener Schnitzel aus Weizeneiweiß, Nudeln, dies und das und ein Buch über die vegane Ernährung von Katzen. Jiminy legt noch Blaubeer-Sojajoghurt und einen Brotaufstrich aus Rote Beete in den Korb und lässt sich ein veganes Brot geben. Ich frage den Verkäufer, ob Brot nicht meistens sowieso vegan ist. An den Plastikkästen, aus denen man sich in Supermärkten die Brötchen mit zu kurz angebundenen Zangen herausnehmen kann, stehen doch immer die Zutatenlisten. Und wenn es sich nicht gerade um Milchbrötchen, Buttercroissants oder Müslibrötchen handelt, sind die alle vegan.
»Ja, aber da kannst du dich nicht drauf verlassen. Es werden nicht immer alle Zutaten angegeben. Außerdem weißt du dann ja nicht, ob die Bleche, auf denen die Brötchen gebacken wurden, mit Butter eingefettet worden sind. Das ist nämlich meistens so.«
Mein Einkauf ist nicht ganz billig, noch einen Tick teurer als in den Bio-Läden. Es sind mal wieder die Süßigkeiten schuld. Allein die 300-Gramm-Packung Schokolinsen, die in ihrer violetten, dunkelgrünen und braunen Färbung wie eine Grufti-Version von Smarties aussehen, kostet schon 3,85 Euro. Dazu die koscheren Kekse für 2,69 Euro die Rolle, und der 500-Gramm-Blaubeer-Joghurt ist auch schon mit 1,89 Euro dabei. Außerdem habe ich mir noch einen veganen Gürtel für 18,95 Euro gekauft. Er ist schlicht und schwarz mit einer rechteckigen Silberschnalle. Das Material ist etwas leichter und etwas dehnbarer, aber sonst kommt er ziemlich genauso wie ein Ledergürtel daher, sogar auf der Rückseite, und es ist absolut nichts gegen ihn einzuwenden. Auch vegane Schuhe sehen lange nicht so übel aus, wie ich befürchtet habe. Die Exemplare hier ähneln stark der Schuhmarke Camper. Mir sind die meisten zu rund und knuffig, aber schließlich finde ich doch noch einen flotten schwarzen Halbstiefel namens Chelsea, der in meiner Größe allerdings nicht vorrätig ist und erst aus England bestellt werden muss.
Auf der Rückfahrt blättert Jiminy in den Prospekten der Tierrechtsorganisationen.
»Angeln geht jetzt natürlich nicht mehr«, sagt sie nach einer Weile geknickt. Angeln war immer das Größte für Jiminy. Sie war wie ein Otter, und es tut mir schrecklich leid, dass ein Otter nun nicht mehr dem Fischfang nachgehen kann. Immerhin ist so ein Fisch ja in Freiheitaufgewachsen und verdankt seine Existenz möglicherweise sogar den Besatzmaßnahmen des örtlichen Anglervereins. Jiminy war ein Feind unter vielen, ein Feind, der Angst und Schmerzen bereitet hat, aber doch nicht mehr als die anderen. Die ganzen blöden Reiher hier im Naturschutzgebiet dürfen jeden Tag massenhaft Fische aufspießen, und Jiminy, die sowieso nur zweimal im Jahr etwas fängt, darf es von nun an als Einzige nicht. Bloß, weil ich ihr die Hölle heißgemacht habe. Ich habe ihr einen Teil ihrer Lebensfreude genommen, und jetzt liegt es nicht mehr in meiner Hand, ihn ihr zurückzugeben. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich das wollen würde. Denn wie ich es auch drehe und wende – für den Fisch ist Angeln echt scheiße.
Jiminy seufzt schwer und nimmt das Faltblatt vom Antitierbenutzungshof in die Hand.
»Lies mal vor«, sag ich.
Jiminy liest. Abgesehen vom Namen scheint der Antitierbenutzungshof eine prima Sache zu sein. Hier leben gerettete Tiere, ohne fortan irgendeinen Zweck erfüllen zu müssen.
»Wir treten für eine vegane Lebensweise und ein antispeziesistisches Denken ein«, liest Jiminy. »Es sollen nicht nur einige wenige Tiere vor der Ausbeutung bewahrt werden, sondern menschliche Gewalt gegen Tiere soll insgesamt gestoppt
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