Anständig essen
Laktose-Intoleranz wie Blähungen, Durchfall, Erbrechen, Akne, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Depressionen usw. klingen nicht unbedingt lebensbedrohend. Man darf aber nicht vergessen, dass die Umweltbedingungen vor ein paar Tausend Jahren wesentlich härter waren und andauernde schwere Durchfälle den Dünndarm schädigen und zur verminderten Nahrungsaufnahme führen können. Ein übles Handicap, wenn Nahrungsmittel knapp sind.
Wie auch immer, heute trinken die Deutschen laut dem Presse Online Service der deutschen Milchindustrie jedenfalls um die 130 Liter Milch pro Jahr und Kopf oder löffeln sie als Joghurt und Pudding. Die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel findet, dass wir noch viel mehr Milch trinken sollten, am besten jeden Tag einen ganzen Liter. Besonders Kinder bräuchten das Knochen bildende Kalzium. Um Gottes willen, rufen da die Milchgegner. Sind die Bälger nicht fett genug? Bei europäischen und amerikanischen Kindern wurden alarmierend hohe Blutwerte gemessen, die direkt mit dem Überkonsum gesättigter Fettsäuren zusammenhängen, wie sie zum Beispiel in der Milch vorhanden sind. Schon 1984 antwortete Sir Douglas Black, seinerzeit Präsident der British Medical Association, auf die Frage nach der besten Vorbeugung gegen Herzkrankheiten: »Milch ist der größte Killer. Es ist Unsinn, den Kindern in Schulen Milch zu geben.«
Die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel sagt hingegen, es sei bewiesen, dass ein ausreichender Milchkonsum Herzinfarkt und Übergewicht vorbeuge. Diese Behauptung kommt nun allerdings auch mir ganz schön gewagt vor, insbesondere, da die Bundesforschungsanstalt ja einen ganzen Liter täglich empfiehlt. Selbst ein Liter fettarme (1,5 %) Milch hat schon 600 Kilokalorien. Wo soll man die wieder einsparen? Beim Gemüse? 1 Kilo Spinat hat 230 Kilokalorien. Einfach jeden Tag 2,6 Kilo Spinat weniger essen?
Aber nicht nur dem Übergewicht, auch der Osteoporose beugt Milchkonsum vor. Da sind sich Bundesforschungsanstalt, Schulmedizin und Milchindustrie einig. An dieser Stelle frage ich mich: Wenn Milch für eine gesunde Ernährung so unverzichtbar ist – wie 88 Prozent der Deutschen einer Emnid-Umfrage zufolge glauben –, was machen dann bloß die 75 % der Weltbevölkerung, die keine Milch vertragen und sie folglich auch nicht zu sich nehmen? Die Japaner zum Beispiel, die zu 94 % mit Laktoseintoleranz geschlagen sind. Keine Milch, kein Kalzium – denen müssten ja nun gleich reihenweise die Knochen brechen. Schrecklich, ganz Japan im Rollstuhl!
So ist es denn doch nicht. Der Durchschnittsjapaner ist zwar etwas kleiner als der Nordeuropäer, und während der Fußballweltmeisterschaft bangte das Land der aufgehenden Sonne sehr, als seine Mannschaft im dritten Vorrundenspiel gegen die hünenhaften Dänen antreten musste. Schlussendlich fegte das Laktose-intolerante Japan aber die großen Milchtrinker (Laktosetoleranz in Dänemark: 95 %) mit 3:1 Toren vom Platz, und niemand brach sich dabei ein Bein. Allein die Tatsache, dass wir bis vor 9000 Jahren alle bestens ohne Milch ausgekommen sind, und dass es drei Viertel der Weltbevölkerung immer noch tun, legt den Verdacht nahe, dass Milch einüberflüssiges Produkt sein könnte. Osteoporose kommt in Japan erstaunlicherweise viel seltener vor als in Deutschland. Überhaupt gibt es in den Ländern, in denen wenig bis gar keine Milch getrunken wird, deutlich weniger Zivilisationskrankheiten. Dr. Campbell, der die Beziehung zwischen dem Verzehr von tierischen Produkten und Krankheiten wie den verschiedenen Krebserkrankungen, Diabetes, Fettleibigkeit, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und degenerativen Gehirnkrankheiten untersuchte, behauptet sogar: Je höher der Konsum von Milchprodukten, desto höher das Risiko, an Osteoporose zu erkranken. Auch Kath Clements (die Autorin von »Vegan«) hält die Behauptung aus der Milchwerbung, das Kalzium der Milch schütze vor Osteoporose, für irreführend. Kalzium sei im Körper sowieso in großen Mengen vorhanden, sagt sie. Es steckt in grünem Blattgemüse, in Getreide, Nüssen und Tofu. Einen Kalziummangel gebe es praktisch gar nicht. Der Hauptgrund für Probleme bei der Knochenbildung sei vielmehr ein Mangel an Vitamin D. Ohne Vitamin D kann das Kalzium nämlich nicht vom Körper aufgenommen werden. Ein Dr. Winfried Beck stellte in einem Artikel in der »Medical Tribune« die These auf, dass die kombinierte Aufnahme von Kalzium und Eiweiß, wie sie
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