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Anthologie - Das Lustbett

Anthologie - Das Lustbett

Titel: Anthologie - Das Lustbett Kostenlos Bücher Online Lesen
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Dirigentenpult. Gib doch wenigstens heute einmal zu, daß du auch dann eins-zwei-drei-vier mit dem Taktstock schlägst, wenn du das, was du hast, einmal in der Woche in deine süße Puppenfrau reinsteckst (abgesehen von den Wochen, in denen du auf Gastspielreisen bist), wenn du nicht gerade wie ein preußischer Gardeoffizier mit ihr herumziehst und versuchst, wie Erich von Stroheim in einem Film aus den dreißiger Jahren auszusehen! Und hier habt ihr die Koda; hier, in diesem Augenblick, soll es euch allen kommen, wenn ihr nicht schon vorher gemerkt habt, worauf es ankommt. Kommt endlich, ihr langweiligen Affen!
    Keine einzige Unterbrechung während des ganzen Satzes. Diesmal ist uns also der Coitus interruptus erspart geblieben. Und – was ist denn das? Meiner Treu, die klatschen ja Beifall! Mette da hinten macht ein fröhliches Gesicht, und der alte Perlemuter sitzt hinter seinem Cello und nickt bedächtig, und selbst auf von Jarakocs Bauhausfassade sitzt ein erstauntes Lächeln wie festgeklebt.
    »Herzlichen Dank, Herr Nordberg (sieh mal einer an, der kann ja richtig zivil sein, wenn er will), das ging ja ganz gut.
    Aber wollen Sie wirklich ein so schnelles Tempo einhalten? Das ist ziemlich ungewöhnlich…«
    »Andere können von mir aus gern sanft und leise mit Mozart umgehen; ich ziehe es vor, ihn so zu spielen wie eben, und ich glaube nicht, daß das der Musik Mozarts schlecht bekommt.«
    »Nein, darin mögen Sie recht haben… Vielleicht haben Sie recht.«
VIII
    Im Foyer des Hotels Toullier saßen Bob, Jack und Judith und warteten auf Harriet und mich.
    »Ihr erinnert euch wohl nicht daran, daß heute Freitag ist«, sagte Bob. »Habt ihr das Boot verpaßt?«
    »Im Gegenteil. Ich habe heute eine schwere Probe gehabt, und zwar mit von Jarakoc, den ich dazu gebracht habe, Mozart auf meine Weise zu spielen. Das muß also bedeuten, daß ich ziemlich einzigartig bin.«
    »Wir können im Auto weiterquatschen«, sagte Bob. »Geht rauf und zieht euch um und so weiter. Meine Tante wartet. Und versucht, euch ohne einen schnellen Fick umzuziehen! Wir haben keine Zeit, noch länger auf euch zu warten.«
    »Ihr habt fünf Minuten Zeit«, sagte Judith. »Nicht eine Sekunde mehr, merkt euch das!«
    Ich fand, daß die drei ein bißchen zu anmaßend wurden, und sagte deshalb der guten Ordnung halber:
    »Wessen Auto ist das eigentlich? Und was würdet ihr ohne mich anfangen? Denkt mal ein paar Minuten darüber nach.«
    »Nimm den Zug«, sagte Jack.
    Als wir eine Viertelstunde später hinunterkamen, wartete noch eine Bekannte auf uns. Keine Bekannte von Harriet, sondern von mir.
    Mette Bruunsgaard.
    »Du solltest dich was schämen«, sagte Harriet, die natürlich längst über mein Abenteuer informiert worden war und mich gehörig beschimpft hatte.
    »Ich heiße Mette, vielen Dank. Und da wir schon von Scham reden: Ich hatte einen Vorfahr mütterlicherseits, der tatsächlich Scham hieß. Peder Scham.«
    »Wer von euch hat das arrangiert?« fragte ich.
    »Ich bin der Übeltäter«, sagte Bob.
    »Das stimmt«, sagte Jack.
    »Kennst du einen gewissen Gösta Knutsson, der sich Schriftsteller nennt?« fragte ich Mette, aber sie verneinte.
    »Das schadet auch nichts«, tröstete Bob, »aber jetzt laß uns endlich losfahren, sonst ist der Schnaps unten in Orves schon warm, bevor wir da sind. Es ist am besten, wenn wir vier hinten sitzen, und Björn und Harriet vorn, vorausgesetzt natürlich, daß Björn nüchtern genug ist, um überhaupt fahren zu können. Haltet euch unterwegs die Röcke fest, Mädchen, denn dieser alte Citroen schaukelt ganz schön, und das macht scharf.«
    Wir fanden die Karre vor der Polizeiwache in der Rue Sant-Jacques. Ohne Strafzettel. Ich hatte nämlich entdeckt, daß man ungeschoren bleibt, wenn man direkt unter den Augen der Polypen falsch parkt. Frechheit siegt…
    »Halt bei Botto an, dann können wir ein paar Flaschen für unterwegs kaufen«, schlug Jack vor, als wir uns der Seine näherten. »Mir liegt etwas auf der Seele, aber das gefällt mir ganz und gar nicht. Ich möchte viel lieber auf rosaroten Wolken schweben.«
    Da hinten saßen die Mädchen bei den Männern auf dem Schoß, ich war also derjenige, der das Geld vorstrecken durfte. Ich kaufte drei Flaschen Kognak, und dann setzten wir unseren Weg nach Süden, Richtung Versailles, fort. Das Schiebedach war geöffnet, und die Frühlingswinde kühlten angenehm. Auf der Autobahn war ungewöhnlich wenig Verkehr, und außerdem war sie ebenmäßig wie

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