Anthrax
hatte, dem er seinen Ruf als Infektionsexperte zu verdanken hatte.
»Wie wär’s, wenn du und Laurie mitkommst zu der Ausstellung?« schlug Chet vor. »Danach können wir doch noch schön zusammen essen gehen.«
Bei dem Gedanken, daß er demnächst womöglich nicht mehr in Gesellschaft von Laurie ins Museum gehen konnte, zuckte Jack zusammen. Aber verglichen damit, wie sehr er es vermissen würde, sie täglich zu sehen, war das noch gar nichts. Chet hatte keinen Schimmer, welch trübselige Folgerungen die Einladung bei ihm hervorrief.
»Ich frage sie«, entgegnete er und griff zum Telefon. Er wählte die Nummer von Clint Abelard. »Sag mir so schnell wie möglich Bescheid«, fügte Chet hinzu. »Wenn sie mitkommen will, bitte ich Colleen, zwei weitere Tickets zu besorgen. Als Mitglied des Museums dürfte sie wohl ohne Probleme noch welche bekommen.«
»Ich sehe Laurie heute abend«, erklärte Jack, während es am anderen Ende der Leitung klingelte. »Es gibt ohnehin ein paar Dinge zu besprechen, da kann ich sie fragen.«
»Hast du den toten Skinhead gesehen, den sie heute morgen obduziert hat?« fragte Chet. »Der Anblick war an Grausigkeit nicht zu überbieten. Wirklich ekelhaft, was Menschen sich gegenseitig antun können!«
Jack bat, mit dem städtischen Epidemiologen verbunden zu werden, und landete in der Warteschleife. »Leider habe ich ihn auch gesehen«, bestätigte Jack und bedeckte mit der Hand die Muschel. »Der FBI-Agent meint, die Täter seien ebenfalls Skinheads gewesen.«
»Diese Kids sind doch völlig durchgeknallt«, stellte Chet fest. »Weißt du, ob Laurie irgend etwas entdeckt hat, das die Polizei weiterbringen könnte?« wollte Jack wissen. »Keine Ahnung«, erwiderte Chet.
Schließlich nahm Dr. Abelard den Hörer ab. Jack bemühte sich um neutrale Freundlichkeit. Leider verfehlten seine einleitenden Höflichkeitsfloskeln ihre Wirkung. »Natürlich erinnere ich mich an Sie«, entgegnete Abelard trocken. »Wie könnte ich Sie wohl vergessen haben? Gott sei Dank behindert mich nicht jeden Tag ein Leichenbeschauer bei meiner Arbeit.«
Jack biß sich auf die Zunge. Als er zum ersten Mal mit Abelard zusammengestoßen war, hatte er ihm sorgfältig den Unterschied zwischen einem Leichenbeschauer und einem Gerichtsmediziner erklärt. Als Gerichtsmediziner hatte er eine Facharztausbildung zum Pathologen und eine Spezialausbildung im Bereich der forensischen Medizin absolviert. Ein Leichenbeschauer oder Coroner hingegen konnte einfach von einem bürokratischen Apparat ernannt werden; er mußte keinerlei medizinische Ausbildung »Wir Gerichtsmediziner sind immer darum bemüht, es allen recht zu machen«, erklärte Jack. »Warum rufen Sie mich an?« fragte Abelard. »Wir hatten heute morgen einen Fall von Lungenmilzbrand«, teilte Jack ihm mit. »Wir dachten, daß Sie das vielleicht interessieren könnte. Das Opfer wurde aus dem Bronx General Hospital zu uns gebracht.«
»Nur ein Fall?«
»Ja«, erwiderte Jack. »Danke«, murmelte Abelard.
»Wollen Sie denn nichts über den Ursprung der Krankheit erfahren?« fragte Jack.
»Ursprünge von Krankheiten herauszufinden ist unsere Aufgabe«, stellte Abelard kategorisch fest. »Mag ja sein«, entgegnete Jack. »Aber lassen Sie mich wenigstens der Ordnung halber erzählen, was wir herausgefunden haben.«
Er berichtete von der Corinthian Rug Company und von der kürzlich eingetroffenen Fell-und Teppichlieferung aus der Türkei, die zur Zeit in einem Lager in Queens aufbewahrt werde. Ferner führte er aus, daß Jason Papparis ein Ein-Mann-Unternehmen geleitet habe und daß er nie Felle mit zu sich nach Hause genommen habe. »Danke«, wiederholte Abelard abgestumpft. »Wie scharfsinnig Sie sind! Falls ich mal auf ein epidemiologisches Rätsel stoßen sollte, werde ich Sie um Hilfe bitten.« Jack ignorierte die sarkastische Bemerkung. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie mir ja noch verraten, was Sie in Anbetracht dieses Anthraxfalls zu tun gedenken.«
»Ich schicke einen meiner Mitarbeiter nach Queens und lasse das Lagerhaus versiegeln«, informierte Abelard ihn. »Das ist alles?« hakte Jack nach.
»Wir bekämpfen zur Zeit einen Ausbruch von Zyklosporen, da brauchen wir alle verfügbaren Arbeitskräfte«, erklärte Abelard. »Ein einzelnes Anthrax-Berufsopfer ist noch lange kein epidemiologischer Notstand – erst recht nicht, da eine Verbreitung des Erregers offenbar ausgeschlossen ist. kümmern uns um die Angelegenheit, sobald wir Zeit
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