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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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die offenbar durch den Briefschlitz geworfen worden waren. Er hob sie auf und ging zum Schreibtisch.
    Auf dem Schreibtisch befanden sich eine Kladde, ein metallenes Ablagekörbchen mit Fächern für Eingangs-und Ausgangspost sowie etliche kleine Imitationen von antiken griechischen Vasen. Alles in dem Büro wirkte ordentlich und aufgeräumt. Pflichtbe-wußt legte Jack die Post in das Eingangsfach.
    Dann knipste er das Licht an, holte seine diversen Sanitärtücher hervor und tupfte sämtliche Oberflächen ab. Als er die Schreibtischplatte betupfte, fiel ihm in der Mitte der Kladde etwas Glitzerndes auf. Er beugte sich hinunter und sah dort ein winziges azurblau schillerndes Sternchen liegen. In dem nüchternen Raum wirkte es irgendwie seltsam deplaziert.
    Jack sah in den Papierkorb. Es befanden sich nur einige Papierschnipsel darin. Dann probierte er die beiden Türen. Eine führte ins Bad, wo er das Waschbecken und den Deckel der Toilette abtupfte. Die andere Tür führte auf einen Flur, über den man in das zentrale Treppenhaus des Gebäudes gelangte. Außer den wenigen im Schaufenster ausgestellten Vorlegern und Fellen befand sich in dem Büro keine weitere Ware.
    Als er mit Oberflächenproben sämtliche Reagenzgläser gefüllt hatte, ging er ins Bad, wusch sie von außen ab und stellte sie zurück in die Tasche, in der er sie befördert hatte. Schließlich wandte er sich den Aktenschränken zu. Er wollte soviel wie möglich über die zuletzt eingegangene Lieferung in Erfahrung bringen und ergründen, ob Papparis bereits einen Teil der Teppiche und Felle verkauft hatte.

Kapitel 5
    Montag, 18. Oktober, 15.45 Uhr
    Yuri musterte das Gesicht des selbstgefälligen Geschäftsmannes, der ihm konzentriert einzelne Dollarnoten in die Hand zählte. Er hatte den Mann vom entfernten La Guardia Airport zu einem piekfeinen Haus auf der East Side befördert. Während der Fahrt hatte er sich wieder einmal einen endlosen Vortrag über die Vorzüge Amerikas und dessen unleugbaren Sieg im Kalten Krieg anhören müssen. Sein Fahrgast hatte vor allem Ronald Reagan gepriesen und mehrfach betont, daß dieser quasi im Alleingang das ›Reich des Bösen‹ bezwungen habe. Ein Blick auf die Taxilizenz hatte dem Geschäftsmann sofort Yuris ethnische Herkunft verraten und ihn umgehend zu einem Monolog über die Überlegenheit der Vereinigten Staaten in allen entscheidenden Bereichen animiert: in der Wirtschaft, in der Politik und in moralischer Hinsicht.
    Während des endlosen Sermons hatte Yuri nicht ein einziges Wort von sich gegeben, obwohl er sich einen Kommentar mehrmals nur mit Mühe verkneifen konnte. Einige Bemerkungen seines Fahrgasts hatten ihn regelrecht zum Kochen gebracht, vor allem, als dieser herablassend sein Mitleid mit der russischen Bevölkerung bekundete, der, wie er glaubte, eine furchtbare Unsicherheit aufgebürdet wurde, weil sie immer wieder unfähige Staatsoberhäupter ertragen müsse. »Hier haben Sie noch ein paar Extra-Dollar für Ihre Mühe«, sagte der Mann mit einem Augenzwinkern und legte noch eine Geldnote auf den Stapel in Yuris Hand. Auf Yuris Handfläche lagen neunundzwanzig zerfledderte Ein-Dollar-Scheine. Laut Taxameter kostete die Fahrt – einschließlich der Gebühr für die Triboro-Brücke – siebenundzwanzig Dollar und fünfzig Cents.
    »Soll das mein Trinkgeld sein?« fragte Yuri mit unverhohlener Geringschätzung in der Stimme.
    »Stimmt irgend etwas nicht?« fragte der Mann zurück und richtete sich auf. Er kniff entrüstet die Augenbrauen zusammen und zog seine Aktentasche unter dem Arm hervor, als ob er befürchtete, sich damit verteidigen zu müssen. Yuri nahm die rechte Hand vom Lenkrad und hob die beiden oben liegenden Geldnoten von dem Stapel. Dann ließ er sie los, so daß sie in kurzen, sich überkreuzenden Bögen auf den Bürgersteig flatterten.
    Der Geschäftsmann wirkte nun nicht” mehr nur empört -er geriet regelrecht in Wut. Seine Wangen liefen knallrot an. »Das ist meine Spende an die amerikanische Wirtschaft«, stellte Yuri klar. Dann trat er aufs Gaspedal und brauste davon. Im Rückspiegel sah er, wie der Geschäftsmann sich bückte und das Geld aus dem Rinnstein fischte. Der Anblick verschaffte Yuri ein wenig Genugtuung. Es tröstete ihn zuzusehen, wie sich der Mann tatsächlich dazu herabließ, sich nach einem so lächerlichen Geldbetrag zu bücken. Manchmal konnte er es kaum fassen, wie würdelos sich manche Amerikaner trotz ihres protzig zur Schau gestellten Reichtums

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