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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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er arbeiten. Fast im gleichen Augenblick bekam er einen Fahrgast. In der nächsten Stunde hatte er kontinuierlich kurze Fahrten zwischen dem oberen und dem unteren Manhattan und kreuz und quer durch die Stadt. Seine Fahrgäste setzten ihm nicht allzusehr zu, der dichte Verkehr dafür aber um so mehr. Er war aufgewühlt und mit anderen Dingen beschäftigt, seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    Mehrmals hätte er um ein Haar einen Unfall verursacht, und als es an der Ecke Third Avenue/55th Street beinahe kräftig gekracht hätte, beschloß er, es gut sein zu lassen. Er ließ seinen Fahrgast aussteigen, schaltete das Off-Duty-Schild an und machte sich auf den Nachhauseweg nach Brighton Beach. Es war erst kurz nach fünf. So früh hatte er zum letzten Mal vor sechs Monaten Feierabend gemacht, als ihn die Grippe erwischte. Heute lagen die Dinge etwas anders, er brauchte dringend einen Schluck Wodka, und sein Flachmann war leider leer.
    Während der Fahrt über die verstopfte Brooklyn Bridge, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, grübelte er über sein Zusammentreffen mit Jack Stapleton nach. Er verstand einfach nicht, wieso der Mann offenbar aufwendige Ermittlungen anstellte. Vor allem machte er sich Sorgen, daß Stapleton auf Überreste des Briefes vom ACME-Reinigungsdienst gestoßen sein konnte. Möglicherweise war ihm sogar das komplette Kuvert in die Hände gefallen. Yuri hatte natürlich keine Ahnung von dessen Verbleib. Eigentlich war er davon ausgegangen, daß er im Müll landen würde wie alle Werbebriefe. Doch seit nun dieser Stapleton auf der Bildfläche erschienen war, war er sich da nicht mehr so sicher. Südlich vom Prospect Park hielt er an einem Getränkemarkt und kaufte sich einen halben Liter Wodka. Als er etwas später auf dem Ocean Parkway vor einer roten Ampel warten mußte, holte er die in eine braune Papiertüte eingewickelte Flasche hervor und genehmigte sich ein paar Schlucke. Im Nu fühlte er sich erheblich ruhiger.
    Als er Brighton Beach erreichte, wo sämtliche Hinweisschilder in der ihm vertrauten kyrillischen Schrift abgefaßt waren, ließ seine Anspannung deutlich nach. Die Schriftzeichen erweckten in ihm nostalgische Gefühle. Er kam sich plötzlich vor, als sei er bereits in seiner russischen Heimat. Je ruhiger er wurde, desto besser konnte er nachdenken. Der erste Gedanke, der ihm kam, war, den Stichtag für Operation Wolverine vielleicht besser vorzuverlegen. Er nickte sich selbst zu und bog in seine Straße ein. Wenn er den Termin vorverlegte, war er tendenziell auf der sicheren Seite. Nicht, daß er sich Sorgen machte, entlarvt zu werden; er wollte einfach nur vermeiden, daß jemand Verdacht schöpfte. Um ihre volle Wirksamkeit zu entfalten, mußte eine Biowaffe ohne jede Warnung zum Einsatz gebracht werden. Allerdings mußte er, wenn er den Termin wirklich vorverlegen wollte, noch zwei große Probleme bewältigen. Zum einen hatte er das Botulinustoxin noch nicht getestet, von dessen Toxizität er jedoch im Grund fast überzeugter war als von der Pathogenität des Anthraxpulvers. Die andere Schwierigkeit lag in der Produktion. Er wollte mindestens vier oder fünf Pfund von dem Anthraxpulver und etwa ein Viertelpfund von dem kristallisierten Botulinustoxin herstellen. Welches Mittel er für seinen Anschlag im Central Park und welches Curt für das Jacob Javits Federal Building verwendete, war ihm egal; sicherlich würden beide Giftstoffe am Ende gleichermaßen wirken. Die Produktion des Anthraxpulvers verlief problemlos; er hatte sein Soll schon fast erreicht. Mit dem Botulinustoxin sah das etwas anders aus. Er hatte Probleme mit den Clostridium-botulinum-Kulturen. Sie gediehen einfach nicht so, wie er es gehofft und erwartet hatte.
    Er näherte sich seinem Haus. Es befand sich in einem Labyrinth kleinerer Gebäude, die in den zwanziger Jahren als Sommerhäuser errichtet worden waren. Sie bestanden allesamt aus Holz und hatten winzige Gärten mit eingezäunten Rasenflächen in Briefmarkengröße. Yuris Haus war eines der größeren, und im Gegensatz zu den meisten anderen verfügte es über eine freistehende Doppelgarage. Er hatte das Haus von einem Mann gemietet, der nach Florida gezogen war, sein Standbein in Brooklyn aber nicht hatte aufgeben wollten.
    Das Garagentor quietschte, als Yuri es hochzog. Während alle anderen Garagen der Umgebung bis unter die Decken mit allem möglichen Ramsch, nur nicht mit Autos, vollgestopft waren, stand Yuris Garage fast leer. Der Boden war mit

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