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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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sein,
Pocket. Ich weiß nicht genau, warum ich überhaupt hierher
gekommen bin…«
    Er lächelte mit erstaunlicher Weisheit und erwiderte:
»Ihr braucht mir nichts zu erklären, Sir. In diesen
bewegten Zeiten bin ich sicher, für Sir Josiah sprechen zu
können, wenn ich sage, daß Ihr in diesem Haus ein Heim
habt. Genauso wie die Phaeton eines war.«
    Ich spürte, wie ich errötete. »Weißt du,
Pocket, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen…
Danke.«
    Ich traute mich kaum, noch etwas zu sagen, und wandte mich wieder
dem Tee zu.
    Das Haus selbst war erstaunlich klein und schmutzig. Sein
Hauptmerkmal war ein großer, nach Süden gehender
Wintergarten, der von Traveller in ein weitläufiges Laboratorium
umgewandelt worden war. Außerdem gab es noch eine Scheune
für größere Geräte und Fahrzeuge. Die
Gebäude wurden von einigen Morgen Land umgeben. Nichts wuchs auf
diesen brachliegenden Feldern, und an einigen Stellen konnte man
stark versengte Narben sehen, wo Raketentriebwerkstests, Starts
– und sogar Explosionen – erfolgt waren.
    Der Wintergarten war großzügig eingerichtet, mit einem
Gitter aus filigranem, weiß gestrichenem Schmiedeeisen, das dem
Platz einen Hauch Leichtigkeit verlieh; verschiedene Werkzeuge und
Maschinen wirkten in diesem sanften Licht wie exotische Pflanzen. Das
Laboratorium erinnerte irgendwie an eine Mühle; eine an der
Decke aufgehängte dampfbetriebene Maschine trieb über
Lederriemen diverse Werkzeugmaschinen an, und überall standen
Drehbänke, Bohrmaschinen, eine Metallpresse, Hobel- und
Fräsmaschinen, Acetylen-Schweißgeräte und
Werkbänke mit Schraubstöcken. Die Produkte dieser Werkzeuge
lagen überall verstreut, wobei mir einige aus meiner Zeit auf
der Phaeton bekannt vorkamen. So deutete Pocket zum Beispiel
auf eine im schwachen Licht der Herbstsonne schimmernde
Raketendüse, deren Öffnung wie der Kelch einer unwirklichen
Blume nach oben gerichtet war.
    »Und was ist mit der Phaeton selbst?« fragte ich
Pocket.
    »Es hat uns höllisch viel Zeit gekostet, das alte
Mädchen vom Feld dieses Farmers in Kent nach Hause zu bringen.
Stellt Euch vor, wir mußten sie mit einem Dampfkran
fortschaffen; und die ganze Zeit beschwerte sich dieser Bauer Lubbock
über die Furchen, die wir durch seine wertvollen Felder
zogen.«
    Ich lachte. »Ihr könnt dem armen Kerl keinen Vorwurf
machen. Er hat uns schließlich nicht darum gebeten, auf diese
unorthodoxe Art bei ihm hereinzuschneien.«
    »Und was das alte Mädchen betrifft, so sagt Sir Josiah,
daß sie es bemerkenswert gut überstanden hat, wenn man die
Torturen bedenkt, der wir sie ausgesetzt hatten: eine Belastung,
für die sie natürlich nicht ausgelegt war.«
    »War denn einer von uns für solche Belastungen
ausgelegt?« fragte ich mit Nachdruck.
    »Insgesamt sind nur erstaunlich geringe Schäden
aufgetreten. Ein eingeknicktes Landebein, eine eingedrückte
Düse, ein paar Schrammen und Brandspuren, eine überlastete
Luftpumpe oder zwei – ich möchte sagen, hauptsächlich
wegen Eurer Bemühungen vor Ort, Sir.«
    Dann verließen wir den Wintergarten, gingen in die frische
Luft hinaus und hielten nun zum zweitenmal auf die Vorderseite des
Hauses zu.
    »Sie könnte also wieder fliegen?« fragte ich.
    »Sie könnte wohl, wird aber nicht, glaube ich, Sir. Sir
Josiah hat sie wieder aufgetankt, um die Funktion der Motoren zu
überprüfen, und er hat viel Zeit damit verbracht, sie
instandzusetzen, aber ich glaube, er ist der Ansicht, daß sie
ihre Schuldigkeit getan hat. Er hat einige Ideen für eine zweite Phaeton, schöner und noch leistungsfähiger als die
erste; ich vermute, daß er das Original in ein Denkmal
umwandeln will.«
    »Das sollte er auch«, meinte ich.
    Pocket blieb jetzt stehen und blickte geradeaus. »Nun«,
fuhr er leiser fort, »man kann nur hoffen, daß er diese
Ideen auch in die Praxis umsetzen kann.«
    Irritiert durch seinen Ton, wandte ich mich um und folgte seinem
Blick. An der Haustür erkannte ich die vertraute Gestalt von
Traveller, der seinen Zylinderhut so schief und trotzig wie immer ins
Gesicht gezogen hatte. Wie ich sah, verabschiedete er gerade seinen
ersten Besucher. Dieser Mann, der jetzt in die Kutsche stieg, war ein
kräftig gebauter Gentleman von ungefähr sechzig Jahren mit
seltsam bekannten Merkmalen; ich betrachtete das
zurückgekämmte graue Haar, die buschigen weißen
Koteletten, die ausdruckslosen Augen, die streng heruntergezogenen
Mundwinkel in einem Mondgesicht…
    »Gütiger Gott«,

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