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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Hysterie sei durch die Entfernung der Gebärmutter ausgelöst worden. In Die endliche und die unendliche Analyse fällte Freud dann ein endgültiges Urteil über die Tote: Sie sei »auch bis zu ihrem Lebensende nicht mehr normal« geworden (Bd. XVI, S. 66). Nebenbei bemerkt hatte sie sich inzwischen zur Psychoanalytikerin ausbilden lassen, was Freuds unglaubliches Talent beweist. Und noch ein letztes Detail: In der fast 1600 Seiten umfassenden Freud-Biographie von Ernest Jones fällt der Name Emma Eckstein kein einziges Mal.
     
    Einer von Freuds berühmtesten Patienten, der Wolfsmann, brachte ihm eines Tages einen Satz aus Nietzsches Jenseits von Gut und Böse nahe: »›Das habe ich gethan‹ sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht gethan haben – sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – giebt das Gedächtnis nach.« ( Viertes Hauptstück, Sprüche und Zwischenspiele, Nr. 68) Diese Worte liefern die Erklärung für alle diagnostischen Fehler Freuds. Selbst wenn ihm seine Erinnerung vielleicht sagte, dass er schwere Fehler hinsichtlich Diagnose, Prognose und Therapie begangen hatte, so ließ doch sein Stolz ihn immer in dem Glauben, etwas Derartiges sei unmöglich. In Freuds Denken wurde aus Nietzsches Idee die Ichspaltung und die Verleugnung. In Die Ichspaltung im Abwehrvorgang von 1938 legte Freud dar, dass es bei einem Konflikt zwischen Trieb und Realität zu einer Verleugnung der Realität käme, sofern die Gefahr nicht erkannt und vom Gefühl der Angst begleitet werde. Die Betreffenden verleugneten
die Realität, um dieser Angst und der schmerzlichen Erinnerung zu entgehen.
    Und was war schon geschehen? Ein junger Arzt namens Sigmund Freud hatte eine Meningitis mit einer Neurose verwechselt? Damals passierte das doch den Kollegen genauso! Ein Freund war an Kokaininjektionen gestorben? Freud hatte ihm doch die orale Einnahme und nicht etwa Injektionen verordnet – der schriftliche Beweis des Gegenteils wurde verleugnet. Ein junges Mädchen, das Freud zur Hysterikerin erklärte, starb an einem unentdeckten Tumor? Das lag an der Dreistigkeit der Eltern, und hysterisch war das Mädchen sehr wohl gewesen, hervorgerufen von dem letztlich tödlichen Krebs. Eine Frau namens Mathilde starb an einer falschen Medikation, die ihr Freud verordnet hatte? Aber damals wusste doch niemand um die Gefährlichkeit der Substanz. Eine Patientin, bei der Freud Hysterie diagnostiziert hatte, musste schrecklich leiden? Sie war eben unbewusst in ihn verliebt und zeigte Symptome einer Übertragung. Und als man in ihrer Nase einen halben Meter Gaze fand, den Fließ dort vergessen hatte? Blieb die Diagnose unverändert.
    Freud negierte also den Körper in all seiner Komplexität. Er wusste zwar, wie wichtig das Körperliche ist, und bekannte, dass alles in der Physiologie, nämlich dem Keimplasma, seinen Ursprung habe. Er sprach sogar vom Nervensystem, verortete die Aktivitäten der Psyche im Gehirn und benutzte zur Beschreibung des psychischen Apparats nur deshalb Metaphern, weil er über die biologischen Mechanismen, wie er selbst zugab, kaum etwas wusste.
    Freud wusste um die Bedeutung des Körpers und versuchte doch, ihn zu umgehen. Er agierte performativ und kümmerte sich nicht um die Wirklichkeit. Es ging ihm nicht um eine materielle Wahrheit, sondern um die Überlegenheit seiner universellen Konzepte, die einer Sublimierung entsprangen, mit der er sich nur allzu gut hätte auskennen müssen. Wie durch Zauberhand verschwand der Körper aus Freuds Denken. Er war zu komplex, zu
präsent, zu schwer, zu beunruhigend, zu uninteressant für einen Konquistadoren auf der Suche nach der Neuen Welt. Natürlich hat die Psyche biologische Grundlagen, das betonte Freud immer wieder. Doch was nützte diese traurige Wahrheit, die keine Aussichten auf Ruhm und Eroberungen bot? Die Fiktion eröffnete ganz andere Möglichkeiten. Freud kehrte also der mühsamen Laborarbeit den Rücken und konzentrierte sich ganz auf seinen Diwan, der ihm Ruhm und Ehre bringen sollte.

Teil 4
THAUMATURGIE
    Die wundersame Couch

I.
Sigmund im Wunderland
    »Die entscheidenden Regeln der Logik
haben im Unbewußten keine Geltung, man kann
sagen, es ist das Reich der Unlogik.«
    Sigmund Freud, Abriß der Psychoanalyse
(Bd. XVII, S. 91)
     
     
    Freud verleugnete alles Körperliche, verweigerte sich der Realität und schuf sich seine eigene Welt, die er mit besonderen Vollmachten ausstattete. Der Psychoanalytiker widmete sich, alles Greifbare ablehnend,

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