Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert
wieder auftrete. Freud war eben ein sorgfältiger Mensch.
Man könnte aber auch annehmen, dass diese honorige und aus deontologischer Sicht verführerische Theorie trivialere Gründe hat – vor allem finanzielle. Denn mit dieser Grundidee band der Psychoanalytiker seine Kunden lange an sich und sicherte so sein Einkommen. Auf diese Weise kamen finanzielle Sicherheit und Lehre wunderbar zusammen. Je länger die Patienten behandelt wurden, umso erfolgreicher war natürlich die Therapie, aber umso besser war es auch für die Finanzen von Freud und seiner Familie.
Das Geld hatte in Freuds Theorie seinen eigenen Platz: Der
Patient musste regelmäßig in bar zahlen, und zwar eine Summe, die er auch wirklich spürte, denn es handelte sich auch um eine symbolische Summe. In Zur Einleitung der Behandlung meißelte Freud diesen Aspekt in Stein: »Der Analytiker stellt nicht in Abrede, daß Geld in erster Linie als Mittel zur Selbsterhaltung und Machtgewinn zu betrachten ist, aber er behauptet, daß mächtige sexuelle Faktoren an der Schätzung des Geldes mitbeteiligt sind. Er kann sich dann darauf berufen, daß Geldangelegenheiten von den Kulturmenschen in ganz ähnlicher Weise behandelt werden wie sexuelle Dinge, mit derselben Zwiespältigkeit, Prüderie, Heuchelei.« (Bd. VIII, S. 464)
Freud behandelte die Frage nach dem Geld ohne falsche Scheu. Er verlangte die Bezahlung zu festen, nahe beieinanderliegenden Terminen, beispielsweise monatlich, und bemühte er sich erst gar nicht darum, als Philanthrop zu erscheinen: »Man erhöht, wie bekannt, die Schätzung der Behandlung beim Patienten nicht, wenn man sie sehr wohlfeil gibt.« (ebd.) Er hatte wirklich nichts zu verschenken.
Weiter klagte er: »Der Analytiker wird für seinen Anspruch auf Bezahlung noch geltend machen, daß er bei schwerer Arbeit nie so viel erwerben kann wie andere medizinische Spezialisten. […] Aus denselben Gründen wird er es auch ablehnen dürfen, ohne Honorar zu behandeln, und auch zugunsten der Kollegen oder ihrer Angehörigen keine Ausnahme machen. Die letzte Forderung scheint gegen die ärztliche Kollegialität zu verstoßen; man halte sich aber vor, daß eine Gratisbehandlung für den Psychoanalytiker weit mehr bedeutet als für jeden anderen, nämlich die Entziehung eines ansehnlichen Bruchteiles seiner für den Erwerb verfügbaren Arbeitszeit (eines Achtels, Siebentels u. dgl.) auf die Dauer von vielen Monaten. Eine gleichzeitige zweite Gratisbehandlung raubt ihm bereits ein Viertel oder Drittel seiner Erwerbsfähigkeit, was der Wirkung eines schweren traumatischen Unfalls gleichzusetzen wäre.« (ebd., S. 465) Freuds Lehre besagt, dass eine Gratisbehandlung den Widerstand des Patienten erhöht
und die Heilung verzögert oder verhindert. In anderen Worten: Wer zahlt, wird gesund. Und noch besser: Wer viel zahlt, wird schneller gesund.
Dies war auch der Grund, weshalb Freud keine armen Leute behandeln wollte. Einmal mehr benutzte er seine Theorie zur Rechtfertigung persönlicher Ansichten und Überzeugungen. In diesem speziellen Fall lautet die Formel zur Rechtfertigung der persönlichen Vorteilnahme Krankheitsgewinn. Denn manche Patienten könnten durch die Analyse nicht geheilt werden, was nicht am Psychoanalytiker oder der Psychoanalyse liege, sondern an ihnen selbst. Manche Patienten blieben krank, weil es ihnen mehr nütze, krank zu sein und zu leiden, als wieder gesund zu werden.
In Wege der psychoanalytischen Therapie lernen wir über Freuds Berufsstand: »Außerdem sind wir durch die Bedingungen unserer Existenz auf die wohlhabenden Oberschichten der Gesellschaft eingeschränkt« (Bd. XII, S. 192) – er konnte sich also gar nicht um alle Welt kümmern. Vielmehr solle sich der Staat der trinkenden Männer, frustrierten Frauen oder neurotischen Kinder annehmen. Doch: »Wir werden wahrscheinlich die Erfahrung machen, daß der Arme noch weniger zum Verzicht auf seine Neurose bereit ist als der Reiche, weil das schwere Leben, das auf ihn wartet, ihn nicht lockt, und das Kranksein ihm einen Anspruch auf mehr soziale Hilfe bedeutet.« (ebd., S. 193)
Freud machte aus seiner Position keinen Hehl: Er akzeptierte die Möglichkeit einer Zwei-Klassen-Medizin, nämlich eine für das eigene, zahlungskräftige Klientel und eine »Psychotherapie fürs Volk« (ebd., S. 193 f) für die Empfänger staatlicher Hilfe, für die er einen menschenverachtenden Plan entwickelte: Man könnte ihnen etwas Geld und »hypnotische Beeinflussung« (ebd.,
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