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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, Bd. XI, S. 480). Die öffentliche Gesundheit, das allgemeine Interesse an der Medizin oder Bedenken seitens der Institutionen zählten nicht. Die Scharlatanerie sah sich weder an das bürgerliche Gesetz noch an das Strafgesetz gebunden; die Analytiker waren keinem Gericht verpflichtet, das sich in ihre Angelegenheiten mischte. Übrigens nahm Freud auch den Okkultismus von derlei Einmischungen aus ( Die Frage der Laienanalyse, Bd. XIV, S. 271). Und daran hat sich bis heute nichts geändert: Die Psychoanalytische Vereinigung verweigert sich jeder Evaluation, die von einem Außenstehenden vorgenommen wird, und lässt sich also nur von Menschen bewerten, die Richter und Angeklagte zugleich sind.
    Freud legitimierte die Selbstlegitimation und machte damit aus seiner Lehre einen geschlossenen Teufelskreis. Wer kein Psychoanalytiker mit dem Ritterschlag des Meisters war, hatte kein Recht, ein Urteil über die Psychoanalyse abzugeben. Der Meister
selbst war der höchste Richter, ein Diktator, dessen Wort Gesetz war. So konnte er verlangen, ein Psychoanalytiker müsse analysiert worden sein, um praktizieren zu dürfen, und zugleich besonders beflissene Schüler davon ausnehmen. Er konnte den Analytikern untersagen, Familienmitglieder oder ihm nahestehende Personen zu behandeln, und zugleich die eigene Tochter, deren Geliebte und die Töchter der Geliebten analysieren. Er konnte dekretieren, dass es bei der Analyse ein »Zeremoniell«, ein Ritual geben müsse (der Patient müsse sich auf die Couch legen, zur immer gleichen Stunde, und über einen gewissen Zeitraum hinweg erscheinen und möglichst von der Außenwelt isoliert sein, um nicht von ihr beeinflusst zu werden), und zugleich seinen berühmten Patienten Gustav Mahler ein paar Stunden lang während eines Spaziergangs im Park analysieren. Das Wort des Meisters war Gesetz.
    Was geschah bei einer Analyse? Der Patient wurde gewarnt, dass sie keine erfreuliche Angelegenheit war. In Wege der psychoanalytischen Therapie heißt es sogar, die Analyse müsse »in der Entbehrung« (Bd. XII, S. 189) stattfinden. Das Leiden durfte nicht zu schnell verschwinden. Freud hasste die Amerikaner und kritisierte ihre Art der Psychoanalyse in vielerlei Hinsicht, insbesondere jedoch das Bestreben, schnell zu heilen. Mehrfach schrieb der Wiener Analytiker, es ginge ihm nicht primär um die Genesung des Kranken, sondern um die eigenen Forschungen und die Weiterentwicklung seiner Lehre.
    Ein Beispiel gibt das folgende Zitat aus den Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse: »Wir haben das Recht, ja die Pflicht, die Forschung ohne Rücksicht auf einen unmittelbaren Nutzeffekt zu betreiben. Am Ende – wir wissen nicht, wo und wann – wird sich jedes Stückchen Wissen in Können umsetzen, auch in therapeutisches Können. Zeigte sich die Psychoanalyse bei allen anderen Formen nervöser und psychischer Erkrankung ebenso erfolglos wie bei den Wahnideen, so bliebe sie doch als unersetzliches Mittel der wissenschaftlichen Forschung voll gerechtfertigt.« (Bd. XI, S. 262 f)

    Wie gewöhnlich konstruierte Freud hier eine Theorie, die seine willkürlichen Behauptungen, Intuitionen und Wünsche stützen sollte – um mit Nietzsche zu sprechen, für den ein Philosoph nichts anderes tat, als den eigenen, womöglich trivialen persönlichen Problemen eine universelle Form zu verleihen. In diesem Fall war das die Notwendigkeit einer langen Analyse, bei der der Patient in der Unzufriedenheit gehalten und nicht zu schnell geheilt werden sollte. Das theoretische, ehrenwerte Argument dazu lautete, ein zu schnelles Ergebnis gleiche einem scheinbaren Sieg, hinter dem sich ein möglicher schneller Rückfall verbergen könnte. Eine tief gehende Behandlung dauere eben eine ganze Zeit.
    Weil der Krankheit des Patienten eine Enttäuschung zugrunde liege, müsse der Analytiker die Bedingungen nachbilden, unter denen sich das Trauma ereignet habe. So werde der Patient in die damalige Situation versetzt und erfahre etwas über den Ursprung seiner Erkrankung. Bei dem Austausch von Worten während der Kur solle der Patient Neues über sich erfahren und in den Tiefen seines Unbewussten nach dem Verdrängten suchen, das die Symptome hervorrufe. Denn Freuds Lehre zufolge führt das Bewusstmachen der Verdrängung zur Heilung. Ein zu schneller Erfolg könne die Symptome aufheben, ohne dass deren Ursache erfasst worden sei und man liefe Gefahr, dass die Neurose später

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