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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einen Besuch ab. Erstens: Jeder Einwand von einem nicht analysierten Individuum ist null und nichtig. Zweitens: Jede Ablehnung der Analyse weist die betreffende Person als Neurotiker aus, weshalb ihre Äußerungen bedeutungslos sind. Drittens: Jede Kritik an der Psychoanalyse ist eine Kritik an Freud, der Jude war, womit sie stets im Verdacht des Antisemitismus steht. Viertens: Jede Kritik von Dritten, die nicht dem Duo Analytiker/Analysierter angehören, ist unbegründet. Fünftens: Das Scheitern einer Psychoanalyse ist stets dem Patienten anzulasten, niemals aber dem Analytiker. Sechstens: Wenn alles zur Rechtfertigung der Disziplin getan wurde, muss man der Tatsache ins Auge schauen, dass der Psychoanalytiker bisweilen noch nicht Psychoanalytiker genug ist. Sehen wir uns die einzelnen Aspekte genauer an:
     
    Erster Sophismus: Jeder Einwand von einem nicht analysierten Individuum ist null und nichtig. Wer sich über die Psychoanalyse, die Werke, die Lehre, Freuds zentrale Thesen und deren Gültigkeit oder die klinischen Ergebnisse äußern will, muss selbst analysiert worden sein. So steht es in einem früheren Vorwort zu Abriß der Psychoanalyse. Demnach sei, wer die Funktionsweise der Psychoanalyse nicht am eigenen Leib erfahren habe, zu keinerlei Urteil befugt. Unabhängigkeit ist also nur jenen vorbehalten, die von Freuds System abhängig sind.
    Diese ideologische Barrikade funktioniert so, als würde ein Christ jedem die Kritik am Christentum untersagen, der nicht mit dem Katechismus vertraut ist, nicht getauft ist und nicht die
Kommunion empfängt. Oder als würden die Atheisten nur jene Kritiker zulassen, die im Priesterseminar waren, einen Doktor in Theologie abgelegt und ihren weltlichen Gütern entsagt haben, die keusch und fromm sind. Der kategorische Imperativ jeder in sich geschlossenen – man könnte auch sagen: tyrannischen, diktatorischen oder totalitären – Gesellschaft lautet, dass Indoktrination die Voraussetzung jeder Kritik ist.
    Die Geschichte der Psychoanalyse zeigt, dass Freud Analysierten und Analytikern das Recht auf Kritik zwar schriftlich zugestand, sie aber dann doch nicht zuließ. Die Ausgrenzungen, Verbote und Zurückweisungen, denen von Freud als Abweichler eingestufte Psychoanalytiker ausgesetzt waren, sind Legion: In einem Brief an Ludwig Binswanger vom 17. Dezember 1915 sagte Freud, er habe »alle unverläßlichen Bestandteile abgestoßen.« (Freud/Binswanger, Briefwechsel, S. 152) Einen beachtlichen Teil seines Lebens widmete Freud der Unterwerfung seiner Schüler; er begünstigte die Eifrigsten und vernichtete – auf manchmal brutale Weise – alte Freunde, die wegen mangelnden Diensteifers zu Feinden geworden waren.
     
    Zweiter Sophismus: Jede Ablehnung der Analyse weist die betreffende Person als Neurotiker aus, weshalb ihre Äußerungen bedeutungslos sind. Für den Wiener Doktor war die Ablehnung der Psychoanalyse gleichbedeutend mit der Ablehnung seiner selbst und schadete der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung der Disziplin. Wer nicht wissen will, was auf der Couch entdeckt werden könnte, beweist, dass es etwas zu entdecken und mithin guten Grund gäbe, sich in Freuds Praxis zu begeben. Der Widerstand spricht also für eine Verdrängung, welche wiederum Anzeichen der Neurose ist.
    Lesen wir Freuds Argumentation in Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung: »Wenn es richtig war, daß die von mir aufgedeckten Zusammenhänge dem Bewußtsein der Kranken durch innere affektive Widerstände ferngehalten werden, so
mußten sich diese Widerstände auch bei den Gesunden einstellen, sobald man ihnen das Verdrängte durch Mitteilung von außen zuführte. Daß diese letzteren die affektiv gebotene Ablehnung durch intellektuelle Begründung zu motivieren verstanden, war nicht verwunderlich. Es ereignete sich bei den Kranken ebenso häufig, und die ins Feld geführten Argumente […] waren die nämlichen und nicht gerade scharfsinnig.« (Bd. X, S. 62) In anderen Worten: Auch die Argumente der Gesunden sind Argumente von Kranken.
    Niemand möchte etwas über sein kindliches Sexualleben, seine inzestuösen Beziehungen zur Mutter oder sein Bedürfnis, den Vater zu töten, wissen. Keiner will erfahren, dass sein Unbewusstes phylogenetisch Szenen der kopulierenden Eltern, des die eigenen Kinder missbrauchenden Erzeugers oder des Vatermords enthält. Niemand will hören, dass er in frühester Kindheit masturbiert habe und es danach zu einer »Aufl ehnung gegen die verbietende

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