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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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diesen Begriff verwendet er – hat er analysiert, um zu dieser Gewissheit zu gelangen, die nicht etwa als Hypothese im Konjunktiv verfasst ist, sondern uns im Indikativ als universelle Wahrheit präsentiert wird?
    Es genügte dem Sohn, dass der Vater alt war, ihn als Nichtsnutz demütigte, sich nicht heldenhaft gegen eine antisemitische Beleidigung wehrte und ihm narzisstische Kränkungen in Gestalt
eines kleines Bruders und einer kleinen Schwester zufügte. Dafür strafte er ihn, indem er sich vorstellte, wie ihn die eigene Frau mit dem jungen hübschen Stiefsohn betrog, und indem er eine für die gesamte Menschheit gültige Theorie über einen »Familienroman« aufstellte, die sich zu einem der Tragpfeiler der Psychoanalyse entwickelte.
    In Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit« ist das Phänomen des Extrapolierens anhand der Theorie vom Lieblingssohn schön zu sehen. Auch sie entstand aus einem persönlichen Erlebnis. In der Traumdeutung findet sich dazu die These: Das von seiner Mutter bevorzugte Kind entwickele ein immenses Selbstvertrauen, welches es zu großen späteren Leistungen befähige. Und so weiter. Auch wenn Freuds Vater nicht mehr war als ein Kastrator, der seinem Sohn das Scheitern prophezeite, dachte und sagte die Mutter stets das Gegenteil.
    Alles begann mit der Geburt und dem ersten Orakel: Als Freud zur Welt kam, hatte er einen dichten, schwarzen Haarschopf, was als schicksalhafter Hinweis auf späteren Ruhm gedeutet wurde. Die Anekdote war Freud so wichtig, dass er sie in seinem großen wissenschaftlichen Werk namens Die Traumdeutung unsterblich machte. Man hatte Freud oft erzählt, wie »eine alte Bäuerin der über den Erstgeborenen glücklichen Mutter prophezeit[e], daß sie der Welt einen großen Mann geschenkt habe.« ( Traummaterial und Traumquellen, Bd. II/III, S. 198) Und einige Zeilen später fragte sich der Autor: »Sollte meine Größensehnsucht aus dieser Quelle stammen?« (ebd.) Er bleibt die Antwort schuldig, aber er gibt sein starkes Bedürfnis nach Größe immerhin offen zu. Für unsere Psychographie ist das sehr nützlich.
    In der Kindheit ereignete sich das zweite Orakel: Mit elf oder zwölf Jahren besuchte Freud mit seinen Eltern ein Café im Prater. Dort ging ein Mann von Tisch zu Tisch, der gegen ein paar Münzen kleine Verse dichtete. Dem Jungen sagte er, dieser könne einmal Minister werden. »An den Eindruck dieser zweiten Prophezeiung kann ich mich noch sehr wohl erinnern.« (ebd.) Tatsächlich
hatte Freud eine Weile überlegt, Jura zu studieren und eine politische Karriere einzuschlagen. Als Erwachsener träumte er dann einmal, er wäre Minister.
    Seine Mutter Amalia erzählte ihm immer wieder von den beiden Prophezeiungen. Sie gab sich nicht damit zufrieden, ihren Sohn zum achten Weltwunder zu erklären, sondern wollte es ihm von frühester Jugend an beweisen. Nach der Pleite des Vaters, der nicht gut mit Geld umgehen konnte, zog die siebenköpfige Familie von Freiberg nach Wien in eine Dreizimmerwohnung mit Büro. Die Mutter erlaubte ihrem Sohn, allein im Büro zu wohnen, während sich die sechs Übrigen die restlichen Zimmer teilen mussten. Je zwei Kinder teilten sich also ein Zimmer; die Eltern bewohnten gemeinsam den dritten Raum. Sigismund hatte somit als Einziger einen privaten Rückzugsraum ohne Eltern, Brüder oder Schwestern.
    Mit acht Jahren begann Freuds kleine Schwester mit dem Klavierspiel. Freud protestierte: Der Lärm störe ihn und halte ihn vom Lernen ab – und lernen musste er wohl, wenn er ein berühmter Mann werden wollte. Die Mutter reagierte sofort und machte dem Klavierunterricht ein Ende. Von nun an durfte niemand mehr ein Instrument lernen. Als Familienvater reproduzierte Freud später selbst dieses Diktum: In der Berggasse 19 wurde keine Musik gemacht! Freud mochte die Musik ohnehin nicht. Sie war die Domäne seiner Mutter; andere sollten an ihr keine Freude haben.
    Was also blieb Freud anderes, als seine Lebenspraxis in Theorie zu verwandeln, die eigene Erfahrung in eine universelle Lehre umzuformen und in Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit« als unumstößliche Fakten zu präsentieren? War er doch das Lieblingskind und zum Eroberer (oder Konquistador?) bestimmt. Die Gewissheit, als Kind geliebt worden zu sein, führte beim Erwachsenen zu der Überzeugung, künftig Erfolg zu haben, und tatsächlich gründete der unausweichliche Erfolg in genau dieser Sicherheit.

    Auch Freuds subjektives Gefühl bei der

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