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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Vater als dem einen Angeklagten eine gewisse Verantwortung zu.
    Der Fantasie aus dem Brief fügte Freud noch einen Traum über seine Tochter Mathilde hinzu. Eine Fantasievorstellung und ein Traum sind wahrlich magere Beweise für eine derartig schwerwiegende Theorie, die alle Väter zu Inzesttätern an ihren Kindern erklärte! In dem berüchtigten Traum, von dem Freud Fließ am 31. Mai 1897 erzählte, sprach er von »überzärtlichen Gefühlen« (ebd., S. 266) seiner Tochter gegenüber. Er zeigte sich angesichts des Traums jedoch nicht im Mindesten beunruhigt, sondern
sah ihn als Beweis für seine These, die Väter missbrauchten ihre Kinder.
    Fassen wir zusammen: Freud gestand also einen Wunsch ein, denn es handelte sich hier ja nicht um ein mit wissenschaftlichen Methoden erzieltes, reproduzierbares Ergebnis. Ungeachtet der epistemologischen Bedeutungslosigkeit eines solchen Wunsches behauptete Freud, keine Zweifel mehr an seiner These zu haben, und wunderte sich keinen Augenblick darüber, wie schnell er sich selbst überzeugt hatte. Denn einen Wunsch zu haben hieß in seinem Fall auch, dass er wünschte, recht zu haben.
    In Zur Ätiologie der Hysterie (1896) theoretisierte Freud ausführlich über den sexuellen Missbrauch von Kindern durch deren Väter. Er betonte, dass es sich nicht um eine Hypothese, sondern um aus der Arbeit an achtzehn Fällen, aus klinischen Untersuchungen und Patientenbeobachtungen gewonnene Erkenntnisse handele. »Ich stelle also die Behauptung [ sic ] auf, zugrunde jedes Falles von Hysterie befinden sich – durch die analytische Arbeit reproduzierbar, trotz des Dezennien umfassenden Zeitintervalls – ein oder mehrere Erlebnisse von vorzeitiger sexueller Erfahrung, die der frühesten Jugend angehören. Ich halte dies für eine wichtige Enthüllung, für die Auffindung eines caput Nili der Neuropathologie« (Bd. I, S. 439). Bemerkenswert ist, dass er »die Behauptung« aufstellte, obwohl es doch genügt hätte zu sagen, er sei zu einem Schluss gekommen. Doch der Weg dorthin ist natürlich ein anderer … Wer war es noch, der sagte, solche Fehlleistungen ließen tief in das Unbewusste dessen blicken, dem sie unterlaufen?
    Solange Freud dieser Theorie anhing, behandelte er auch seine Patienten danach. 1897 versuchte er also, die Probleme seiner Patienten mithilfe der Fantasie des inzestuösen Vaters zu lösen! Er war immer noch besessen von dem Wunsch nach Anerkennung, Ruhm und Geld. An Fließ schrieb er, seine Entdeckung werde ihm ewigen Ruhm einbringen. Da er schon zehn Jahre darauf wartete, berühmt zu werden, konnte er seine Freude kaum verhehlen.

    Die aufmerksame Lektüre der Briefe an Fließ zeigt, dass die achtzehn Fälle, auf die Freud sich berief, nur in seiner Fantasie existierten. Denn am 4. April 1897, zwei Monate, nachdem er seine Thesen Zur Ätiologie der Hysterie bei der Neurologischen Gesellschaft in Wien vorgestellt hatte, beklagte er Fließ gegenüber, keinen einzigen neuen Fall zu haben. Und schlimmer noch: Er habe keine einzige laufende Kur beenden können. Wie also wäre es ihm möglich gewesen, zugleich achtzehn Patienten zu behandeln, die noch dazu alle dasselbe Krankheitsbild – nämlich das der Hysterie – aufwiesen? Einen Monat später berichtete er erneut, er habe keine einzige Behandlung erfolgreich zu Ende führen können. Briefe vom Januar 1897 und März 1898 bestätigen seine Situation. Freud hatte also bezüglich der achtzehn Fälle gelogen: Es hat sie nie gegeben; sie waren Erfindungen zur Unterstützung einer Theorie, die allein Freuds persönlicher Psychopathologie entsprungen war.
     
    Am 3. Januar 1897 erzählte Freud Fließ die Geschichte einer Patientin: Es sei eine Frau bei ihm vorstellig geworden, die Sprachschwierigkeiten, ein Ekzem um den Mund herum und Läsionen an den Lippen aufgewiesen habe. Nachts habe sich ihr Mund mit Speichel gefüllt. Freud diagnostizierte, ihr Vater habe sie als Zwölfjährige zu einer Fellatio gezwungen, und diese verdrängte Kindheitserinnerung wirke in ihrer Psyche nach. So seien die Symptome zu erklären. »Habemus papam!« ( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 233), schrieb Freud selbstzufrieden. Hatte er Beweise? Natürlich nicht. Die Dinge hatten so zu sein, wie er sie haben wollte.
    Freud teilte der Patientin seine Interpretation gleich mit. Zunächst glaubte ihm die junge Frau, doch dann – man beachte die Formulierung – »beging sie die Torheit, den Alten selbst zur Rede zu stellen« (ebd.). Welch Dummheit,

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