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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Einfluss von Kokain einen verdrängten Wunsch: nämlich die Welt aus ihren materiellen Gegebenheiten heraus zu verstehen.
    Und doch verdrängte er seine gesamte Karriere hindurch diesen Wunsch zugunsten einer anderen Welt, in der Träume, Wünsche und Fantasien regierten. Vielleicht überwand er mithilfe des Kokains für einen Moment seine Zurückhaltung. Das Manuskript ohne Titel, das er an den Freund schickte und das erst nach langer Zeit im Briefwechsel entdeckt wurde, hat eine wahre Odyssee hinter sich: Fließ’ Witwe hatte es nach dem Tod ihres Mannes
einem Buchhändler verkauft. Später hatte es ihre Freundin Marie Bonaparte wiedererlangt, die Freud gebeten hatte, es verschwinden zu lassen – er selbst hatte Fließ’ Briefe ja zerstört. Bonaparte kaufte es dennoch, deponierte es nach dem Einzug der Nazis in Wien bei der Rothschild-Bank, von wo aus es vor den Nazis in Sicherheit gebracht wurde und nach Dänemark gelangte. In einem wasserdichten Umschlag reiste es über den Ärmelkanal. 1950 erschien der Text schließlich in London unter dem Titel Entwurf einer Psychologie und sechs Jahre später in Paris. Er ist im gleichen Tenor gehalten, von dem auch Jenseits des Lustprinzips geprägt ist – ein Text, in dem der Körper wieder eine Rolle spielt, wenngleich er in einem Meer aus Konzeptionalisierungen zu ertrinken droht. Und doch herrscht auf diesem Meer klarere Sicht als in vielen anderen Schriften Freuds, durch die der Nebel wabert.

II.
Auf der Jagd nach den perversen Vätern
    »Leider ist mein eigener Vater
einer von den Perversen gewesen.«
    Sigmund Freud, Brief an Wilhelm Fließ, 8. Februar 1897
( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 245)
     
     
    Freud hatte sich also im Dickicht der Therapien verirrt – aber auch im Gewirr der sexuellen Ätiologie der Neurosen. In der Verführungstheorie zeigt er sich überzeugt davon, dass Väter ihre Kinder missbrauchen und so die allen Neurosen zugrunde liegenden Traumata auslösen. Später machte er einen Rückzieher, was sich als nicht ganz leicht erwies, da er seinen Fehler nicht eingestehen wollte. Allein in dieser einen Frage ging Freud also sehr lange fehl und schadete dabei vielen Familien und ohnehin schon fragilen Persönlichkeiten.
    Weil er selbst inzestuöse Neigungen hatte, vermutete er den Inzest überall. So entwickelte er die Theorie vom traumatischen Ursprung der Psychopathologien im Missbrauch der Kinder durch ihre Erzeuger. Der Drang, den Vater zum Monster zu erklären und diese private These auf alle Patienten anzuwenden, führte Freud auf den gefährlichen Weg der Verallgemeinerung. Mit der sogenannten Verführungstheorie scheiterte er – nicht zum ersten Mal – auf dem Gebiet der Psychotherapie.
    Freud behauptete also, am Beginn jeder Pathologie stehe der sexuelle Missbrauch des kleinen Kindes durch den Vater. Beweise hatte er keine. Er stellte die Behauptung als Tatsache dar, als Wort aus dem Evangelium. Freuds Vorgehen war ganz und gar unwissenschaftlich. Forscher stellen eine These auf und versuchen,
sie mittels zahlreicher Experimente zu beweisen. Er dagegen glaubte an etwas und erklärte es umgehend zu einer Wahrheit, die er durch alle Mitmenschen bestätigt sah. So hielt er es mit allen seinen Vermutungen.
    Die Entstehungsgeschichte der furchterregenden Verführungstheorie findet sich in einem Brief an Fließ vom 8. Februar 1897, dessen Thema die sexuelle Ätiologie der Neurosen ist. Sechzehn Wochen zuvor, am 23. Oktober 1896, war Freuds Vater gestorben, und Freud hätte sich nun, da sein Erzeuger seiner Beziehung zur Mutter endlich nicht mehr im Weg stand, entspannen können, doch die Sache ließ ihn nicht los. Er musste auch noch den Kadaver schänden und den verwesenden Körper des Vaters blindwütig zerstören.
    In besagtem Brief ist zu lesen: »Leider ist mein eigener Vater einer von den Perversen gewesen und hat die Hysterie meines Bruders (dessen Zustände sämtlich Identifizierung sind) und einiger jüngerer Schwestern verschuldet. Die Häufigkeit dieses Verhältnisses macht mich oft bedenklich.« ( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 245) Die Bösartigkeit dieser Verunglimpfung ist erschreckend. Ohne jeden Beweis erklärte Freud den Vater zum Vergewaltiger eines seiner Söhne und mehrerer seiner Töchter. Seltsam, dass die Mutter angesichts der vielen Opfer von Jakob Freuds perverser Sexualität nichts bemerkt oder geschwiegen haben soll. Freud äußert sich zwar nicht dazu, doch auch seiner Mutter käme in diesem Prozess gegen den

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