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Antiheld (German Edition)

Antiheld (German Edition)

Titel: Antiheld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stiff Chainey
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nicke mechanisch. Er legt seine Hand auf meine Schulter. Durch den Stoff meiner Jacke hindurch spüre ich eisige Kälte. Mit der freien Hand zeigt er in eine bestimmte Richtung, mein Blick folgt seinem Finger. Eine kleine Hütte keine hundert Meter entfernt. Ich habe diese Hütte noch nie zuvor gesehen. Wortlos stapfen wir durch den Schlamm.
    In der Hütte ist es dunkel, Bücher liegen in hohen Stapeln auf dem Boden. Die Luft ist stickig und heiß. Ich kann kaum atmen. Der Mann deutet auf einen kleinen Stuhl, auf den ich mich setze. Sein Gesicht ist immer noch verborgen. Ich habe das Gefühl, dass er mich beobachtet. Das Prasseln des Regens auf dem schmalen Dach klingt wie einschlagende Geschosse. Alles versinkt in öder, grauer Dunkelheit. Und dann hört es plötzlich auf.
    Sonnenstrahlen dringen durch die Ritzen in den Wänden und stechen durch die Luft wie Messer. Ich starre auf das Schauspiel, dann stehe ich auf und öffne die Tür. Mir wird schwarz vor Augen.
    Als ich erwache, treibe ich auf offenem Wasser, es trägt mich, ohne eigene Anstrengung. Lange Zeit treibe ich dahin, bis die Oberfläche des Wassers zu vibrieren beginnt. Ein Strudel erfasst mich und zieht mich langsam nach unten. Das Wasser wird dicht wie Gelee, doch ich kann atmen. Unter der Oberfläche ist es warm und dunkel. Dann bin ich wieder in der Hütte. Vor meinen Füßen liegt ein lebloser Körper, das Gesicht zur Seite gedreht. Der kalte Mann steht neben mir und holt ein chirurgisches Instrument aus seiner Manteltasche. Er setzt es der Leiche auf wie eine Brille. Kleine Widerhaken ziehen die Lider auseinander, Klingen schneiden dünne Scheiben von den Augäpfeln. Schließlich setzt er sich das Instrument selbst auf und verharrt einige Zeit. Dann bedeutet er mir mit einer Handbewegung, dass ich es im gleichtun soll. Ich nehme das seltsame Instrument entgegen und blicke durch den Mechanismus. Ich sehe eine Person, die in einem dunklen Strudel verschwindet. Ich setze das Instrument ab. Der kalte Mann ist verschwunden. Ich betrachte die Leiche, beuge mich hinab und berühre den Körper. Danach verlasse ich die Hütte. Draußen ist alles weiß, wie ein Blatt Papier.
    Als ich mich umdrehe, ist auch die Hütte verschwunden.

Der Tag, an dem Radley Metzger erwachsen wurde
    Mit dem Opernglas von meinem Alten kann ich alles genau beobachtet. Von dem Baum, auf dem ich sitze, kann ich bis in die Küche sehen. Ich warte, bis es dunkel ist. Der Pflegedienst bleibt etwas länger als eine Stunde.
    In dieser Zeit macht sich Hillemann etwas zu essen: Rühreier mit Speck. Dazu schneidet er eine Tomate auf und belegt ein Brot mit Käse. Die zweite Flasche Bier trinkt er nur halb und stellt sie offen zurück in den Kühlschrank. Er bekommt nicht mit, dass die Tupperdose mit den Rouladen leer ist.
    Der Pfleger verabschiedet sich und die beiden halten noch Small Talk. Nachdem er sich endgültig verpisst hat, stellt Hillemann das Glas und den Teller in die Spüle und macht in der Küche das Licht aus.
    Showtime.
    Ich klettere vom Baum und schlage mir ein paar Blätter von der Jeans. Das Haus liegt grau und einsam vor mir, das Licht aus der Küche fällt als Keil auf den Asphalt. Ich spüre ein leichtes Zittern in meiner Hand. Nachdem ich geklingelt habe, dauert es einige Zeit, doch schließlich öffnet er die Tür und lugt aus einem kleinen Spalt.
    «Andor?» Sie klingt erstaunt, diese Stimme, und sofort weicht er zurück. Er ist alarmiert! Der Prügelknabe ist da, Verwirrung, Angst, der Türspalt wird noch etwas schmaler als zuvor. Das Gesicht dahinter bestenfalls zu erahnen. Es war zu erwarten. Akt zwei der grausamen Komödie kann beginnen.
    Ich ziehe nicht zu theatralisch die Brauen nach oben und nehme eine öffnende Körperhaltung ein. «Wenn es Ihnen nicht recht ist, Herr Hillemann, gehe ich sofort wieder!», sage ich mit Nachdruck und mache eine lange Pause, in der ich einatme und danach jede Silbe betone. «Ich möch-te kei-nen Är-ger ma-chen!»
    Hillemann sieht mich skeptisch an, zumindest nehme ich das an. Es ist immer noch nicht sehr viel von ihm zu sehen.
    «Ich kann dir wirklich nicht mehr helfen, falls du deswegen gekommen bist!», dringt sein dünnes Stimmchen aus dem Türspalt.
    Das alles könnte groteske Ausmaße annehmen, denke ich und senke schuldbewusst den Blick. «Nein, nein!», sage ich mit leicht, aber nicht zu erregter Stimme und versuche, für einen kurzen Moment abwesend zu wirken, so als würde ich mich im tiefen Loch der

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