Antiheld - Thriller (German Edition)
die Fragen Andrews störten.
Jedenfalls zeigte er Geduld, mit seinem etwas sonderbaren Ge sprächspartner.
»Das ist eine gute Frage.« Seine Augen wandten sich der Zim merdecke zu. Trotz der mittlerweile kühlen Jahreszeit schwirrten immer noch einige Stubenfliegen um die Deckenbeleuchtung her um.
»Ich glaube kaum, dass ich wegen des Geldes willen, diesen Weg eingeschlagen habe.«
Nein, das bezweifelte auch Andrew. Dafür schien Keller in keinster Weise die Art Typ zu sein.
Nachdenklich schürzte dieser die Lippen. »Ich denke mal, ich wurde Lehrer, um Kindern helfen zu können. Ich wollte ihnen helfen, um sie auf ihr späteres Leben vorzubereiten.« Er ließ sei nen Kopf in dieser Position verharren, wobei er das Gesicht in die Richtung Andrews wandte.
»Was ist mit Ihnen? Warum wurden Sie Lehrer?«
Andrew, der um ehrlich zu sein, mit dieser Gegenfrage am al lerwenigsten gerechnet hatte, starrte durch seine Brille auf ein weiteres von vielen leeren Blättern.
Warum wurdest du Lehrer, Andrew? Was hast du dir damals davon erhofft? Ruhm, Anerkennung?
Liebe?
Abermals folgte ein Lachen, wobei es keinesfalls von Witz geprägt war.
»Ich weiß es nicht mehr.« Während Kellers Lachen allmählich schwand, wurde das von Andrew nur noch breiter. »Traurig, was!?«
Keller öffnete bereits den Mund, um etwas erwidern zu können, doch unterbrach ihn hierbei die Klingel, die zur nächsten Stunde wies.
»Was denn? Schon vorüber?«, murmelte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr. »Dann muss ich mich jetzt beeilen.«
Keller stellte seine Tasche auf dem Tisch ab, um seine restlichen Sachen einzupacken. »Entschuldigen Sie, Andrew, aber sind diese Kinder unberechenbar. Eine Minute ohne Aufsicht und die Hölle bricht aus.«
Er stand, wobei er es dennoch vermied zu gehen. Stattdessen fühlte er noch einmal seine Hintertaschen ab, auf der Suche nach seinem Schlüsselbund.
»Dort auf dem Pult«, erklärte Andrew mit einem Fingerdeut in die Richtung.
»Ah!« Keller nahm die Schlüssel entgegen, griff zu seinem Mantel und der Tasche. Als er bereits in der Tür stand, drehte er sich noch einmal um. Ein letzter Gruß in Form eines Winks folgte. »Wir sehen uns. Hat mich sehr gefreut!«
»Ebenso«, meinte Andrew, was ihn selbst verwunderte. Das einzige angenehme Erlebnis, dass er in dieser verdammten Schule verbuchen konnte.
Trotzdem graute es ihm bereits vor der nächsten Stunde. Ge schichte. An sich kein Problem, würde die Stunde nicht ausge rechnet in der Klasse von Chad Kingsley stattfinden. Seit dem Fund der toten Ratte, konnte er ihm entgehen.
Andrews Finger umfassten verkrampft die Seiten der Tischkante, bei dem Versuch aufzustehen.
Komm schon! Nur noch 30 Jahre. Dann kannst du dies alles hinter dir lassen. Das schaffst du Andrew! Du schaffst es!
So sprach er noch eine Weile seinem Gewissen entgegen, bis seine Arme kraftlos den Dienst versagten und er zurück auf seinen Stuhl sank.
*
»Ich habe dem Pisser eine geknallt, dass er bis zur gegenüberlie genden Straßenseite flog. So eine Lusche!«
Chad Kingsley saß auf dem Lehrerpult. Zu seiner rechten Seite standen zwei seiner männlichen Anhänger. Zu seiner linken hörte ihm ein Mädchen zu, das mehr Interesse dem Kaugummi in seinem Mund, als der Story von Kingsley zu schenken schien.
»Und was ist dann passiert?«, wollte einer der beiden Anhänger wissen. Der Rest der Klasse streunte derweil auf den Gängen her um oder hielt in ihrer Bank ein Nickerchen.
»Was wohl?«, entgegnete Kingsley herrisch. »Hat angefangen wie ein Baby zu heulen. Hätte nur noch gefehlt, dass er sich in die Hose scheißt.« Er selbst kommentierte seinen Vortrag mit einem grunzenden Lachen. Zögernd stiegen seine beiden Kumpel mit ein, während das Mädchen keine ernsthafte Begeisterung zeigte.
»Was is' los, Süße!?« Er schwang einen Arm um ihre Schulter, doch entzog sie sich dieser Berührung gleich wieder.
»Du sollst damit aufhören, mich Süße zu nennen. Ich hasse das!«
Mit geschlossenen Augen bearbeitete sie weiter ihren Kaugummi. Somit blieb ihr zumindest die von Wut verzerrte Visage Kingsleys erspart.
»Du bist meine Freundin, also kann ich dich auch nennen, wie ich will.« Er packte sie grob am Oberarm, was ihr für eine Schre ckenssekunde Panik bescherte, doch fing sie sich relativ schnell. Sie wollte bereits zum Schlag ausholen, doch war ihr Gegenüber schneller. Hastig umfasste er ihr Handgelenk, um sie an sich heran zu ziehen.
Das Mädchen selbst
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